Emsig summen die Bienen zwischen den lila und gelben Blüten umher. Viele Tausende dieser fleißigen kleinen Tierchen leben auf dem Dach. Von ihnen stammt der Honig, den ich vor ein paar Minuten auf mein Frühstücksbrötchen geschmiert habe. Doch diese Bienen wohnen nicht irgendwo im Wald, sondern mitten in der Altstadt von Weimar, auf dem Dach des Hotel Dorint!
Sechs Bienenvölker sind es, die hier fleißig summen und sammeln, um jedes Jahr an die 45 kg Honig für das Hotel zu produzieren! Während ich vom Dach des Hotels wieder nach unten gehe, knarren die Holzdielen der alten Treppe unter meinen Füßen. Einerseits ist das Hotel mit seinen zwanzig Jahren zwar noch relativ neu, aber gleichzeitig liegt überall etwas Altes, sehr Gemütliches, mit einem Hauch von Biedermeier in der Luft.
Christian, den ich gestern Abend kennengelernt habe, hat mir von den vielen liebenswerten Schrulligkeiten Weimars erzählt. Von seinen Wiedersprüchen und all den kleinen Besonderheiten, die aus Weimar eine Stadt machen, an die man sich erinnert. In dieses gutbürgerliche, klassische Ambiente, das die Büsten von Goethe, Schiller, Lessing oder Bach an jeder Ecke verbreiten, mischt sich immer noch etwas Anderes, etwas Freches und Neugieriges.
Nachdem ich Christian gerade mal zehn Minuten kenne, hänge ich bereits an seinen Lippen und wir sind schnell in spannende Geschichten abgetaucht. Der ehemalige Bauhaus Student arbeitet heute unter anderem als Stadtführer in Weimar – und ich wette, er ist einer der besten. Während wir bei einem Gläschen Wein im ACC Café sitzen, erfahre ich alles über das Bauhaus, seine große Leidenschaft. Denn dass er dafür brennt, ist unübersehbar. Schnell springt der Funke über und bald bin auch ich Feuer und Flamme für diesen Haufen verrückter Künstler.
Und so zeigt Christian mir bei einem Glas Wein seine Stadt und spaziert mit mir im Geiste durch die Geschichte Weimars.
Die wunderschöne Ruine im Park an der Ilm war einmal das Atelier des Künstlers Johannes Itten, der an der Bauhaus Universität den Vorkurs lehrte. Im Tempelherrenhaus, das man ihm als Atelier zugeteilt hatte, unterrichtete er seine Schüler nicht nur in Maltechniken. In Mönchskutten gehüllt fanden hier auch Meditations- und Atemübungen statt und natürlich wurden auch mal rauschende Feste gefeiert. Das Gebäude, das ursprünglich einmal als Orangerie gebaut worden war, hatte immer schon als Veranstaltungsort für Konzerte und festliche Empfänge gedient. Bei einem Luftangriff im Zweiten Weltkrieg wurde das Tempelherrenhaus leider fast vollständig zerstört. Stehen blieb nur ein Teil des nachträglich angebauten Turms, der angeblich von Goethe selbst entworfen worden sein soll.
Vielleicht liegt es auch an dem schummrigen Licht, das sich heute nur schwerfällig seinen Weg durch den nebelverhangenen Park an der Ilm bricht. Doch die Ruine ist auch in ihrem zerfallenden Zustand einfach bezaubernd. Für mich ist das Tempelherrenhaus, beziehungsweise, das was davon übrig geblieben ist, einer der schönsten Plätze in ganz Weimar.
Im Park an der Ilm zieht Goethes Gartenhaus die Besucher an. Direkt darüber, heute ein wenig von Bäumen verdeckt, befindet sich das Haus am Horn. Das Musterhaus der Bauhaus Universität war Mitte des letzten Jahrhunderts besonders den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Der strahlend weiße Kubus, der direkt über dem perfekten Häuschen des deutschen Klassikers thronte, war in ihren Augen entartete Kunst und sollte weg. Das hat zum Glück nicht geklappt und gerade wird dieses erste Bauhaus Werk saniert, denn 2019 wird es genau einhundert Jahre her sein, dass Walter Gropius in Weimar die Bauhaus Universität gründete.
Gar nicht weit vom Park an der Ilm, in dem ich mich fast schon auf den Spuren Goethes wähne und mich nicht einmal wundern würde, wenn er hier tatsächlich um die Ecke käme, stehe ich bald wieder in einer Grünanlage.
Der Historische Friedhof in Weimar ist die letzte Ruhestätte bedeutender deutscher Dichter und Denker. Ich suche nicht nach den Gräbern Schillers und Goethes, sondern spaziere einfach nur durch diese stille grüne Welt. Es gefällt mir, wie das Licht hier auf die alten Holzbänke und die steinernen Kreuze fällt. Ich lese ein paar der alten Inschriften und bestaune die gen Himmel betenden Engel auf den Grabstätten. Wunderschön warm leuchtet auch die russisch orthodoxe Kirche in dem satten Grün des Friedhofs. Diese kleine Kirche wurde im neunzehnten Jahrhundert extra für Maria Pawlowna, die aus Russland stammende Großfürstin von Sachsen-Weimar, errichtet.
Noch viel weiter zurück in der Zeit geht es im Museum für Vor- und Frühgeschichte. Das Museum wird von den meisten Touristen, die Weimar besuchen kommen, offenbar übersehen. Bis auf einen Vater mit seiner kleinen Tochter, bin ich allein in den Hallen unterwegs. Die Gegend des heutigen Thüringen war vor langer Zeit eine Sumpflandschaft. Doch irgendwann im Laufe der Völkerwanderungen liessen sich auch hier Menschen nieder. Sie lebten friedlich, trieben Handel mit benachbarten Völkern und waren unglaublich gute Reiter. Sogar die Hunnen sollen von ihren Fähigkeiten begeistert gewesen sein.
Steinzeit – Museum
Weil diese Menschen Odin und Thor verehrten, nannte man sie auch die Söhne des Thor, Thoringi. Daraus wurde später die Bezeichnung Thüringen. Der Name Weimar stammt übrigens vom Althochdeutschen wih-mer und bedeutete so etwas wie „die heilige Stätte am See“.
Doch im sechsten Jahrhundert kamen die Franken, eroberten das Land und verbreiteten ihre neue Religion, das Christentum. Eine dunkle Zeit brach an. Das Mittelalter war geprägt von Seuchen und Elend. Pest, Inquisition und Hexenjagd quälten die Lebenden. Erst mit Martin Luther und seiner Reform der christlichen Kirche kam wieder Licht ins Dunkel.
Die eigentliche Begründerin des klassischen Weimars, so wie es die Welt kennt, war Großfürstin Anna Amalia. Eine sehr gebildete Frau, verwandt mit der mächtigen Habsburger Kaiserin Maria Theresia, die Anna Amalia vermutlich auch dabei unterstützte, die Herrschaft des Fürstentums zu übernehmen, bis der kleine Carl August volljährig sei. Als kluge Regentin holte Anna Amalia einflussreiche Philosophen wie Wieland als Erzieher des jungen Herzogs an den Hof. Der wiederum lockte Goethe nach Weimar. Gemeinsam mit dem jungen Carl August feierte Goethe zunächst ausgiebig und fröhlich, und lenkte dann später als Ministerialrat und Direktor des Theaters die Geschicke der kleinen Stadt. Bald kamen auch Herder und andere Philosophen nach Weimar. Auch Schiller lässt sich in dem kleinen Ort nieder, der sich längst den Ruf eines Weltdorfs erworben hat.
… und diese beiden großen Dichter wachen auch an der Wand des Hotelzimmers direkt über mir, als ich am Abend dann müde und den Kopf voller neuer Geschichten, endlich ins Bettchen falle.
Nützliche Infos zum Nachreisen – Weimar :
Nette Cafés und Restaurants in Weimar:
Bei meinen Spaziergängen durch Weimar habe ich ein paar sehr nette gemütliche Cafés entdeckt. Leider war ich an einem Montag unterwegs, da hatten viele Läden, die bestimmt auch total schön sind, geschlossen!
Fama Café & Bücher
Windischenstraße 22
99423 Weimar
Das Fama hätte ich zuerst fast übersehen, denn es befindet sich nicht in einem der schönen Altbauten. Doch drinnen ist dieses winzige Café genau das, was ich so mag: knuddelig gemütlich, mit vielen Büchern an der Wand und leckeren hausgemachten Kuchen in der Vitrine.
ACC Café Restaurant
Burgplatz 1
99423 Weimar
Website: acc-cafe.de
Im ACC habe ich Christan Eckert, den genialen Stadtführer getroffen, den ich sofort ins Herz geschlossen habe. Außer Café-Restaurant ist das ACC vor allem eine alternative Galerie, mit spannenden Ausstellungen, Vorträgen und Veranstaltungen.
Gretchens
Seifengasse 8
99423 Weimar
Website: gretchens
In der süßen, verwinkelten Seifengasse versteckt sich Gretchens Café-Restaurant. Eigentlich total ruhig und gemütlich zum Lesen oder Ausruhen. Nur in der Mittagszeit füllt sich das Gretchens mit zahlreichen einheimischen Gästen, die das leckere Mittagessen hier offenbar zu schätzen wissen. Ein kleines Hotel gehört auch noch irgendwie dazu.
Was machen in Weimar?
Christan Eckert findest Du auf seiner Website www.stadtfuehrungenweimar.de, wo Du auch Stadtspaziergänge mit ihm buchen kannst.
Museum für Vor- und Frühgeschichte
Humboldtstraße 11
99423 Weimar
Website: alt-thueringen.de/museum
Eintritt: 3,50 Euro
Es gibt Knöpfe zu drücken, Filme zu sehen, lebensgroße Figuren zu bestaunen und es riecht nach Heu und nach Feuer. Liebevoll gemacht.
Weimar Haus
Schillerstraße 16
99423 Weimar
website
Eintritt 7,50 Euro
Ein neues, modernes Museum, das Dich interaktiv und vollautomatisch durch die Geschichte der Stadt führt. Sehr niedlich und leicht zu verstehen.
Goethes Gartenhaus
Park an der Ilm
99425 Weimar
Eintritt 6,50 Euro
Den Audioguide gibt es direkt dazu. Das kleine Häuschen ist zwar sicher interessant und auch viel besucht, aber ich fand andere Sachen in Weimar wesentlich spannender. Vielleicht lohnt sich da eher der Besuch des Museums und Wohnhauses an der Frauenplan, in das Goethe später zog, als es ihm im Gartenhäuschen während der Wintermonate zu kalt wurde.
Anna Amalia Bibliothek
Platz der Demokratie 1
99423 Weimar
Besonders der Rokokosaal muss wunderschön sein. Ich habe mich leider abschrecken lassen, weil ich irgendwo gelesen hatte, man müsse unbedingt vorher reservieren und den Besuch der Bibliothek verpasst. Die liebe Janett von Teilzeitreisender meint, einfach versuchen! Manchmal kommst Du auch ohne Warteschlangen rein!
Unterkunft in Weimar:
Hotel Dorint
Beethovenplatz 1/2
99423 Weimar
Website: hotel-dorint
Gut geschlafen habe ich im Hotel Dorint, direkt am Park an der Ilm gelegen. Von meinem Fenster aus konnte ich direkt in den grünen Park sehen. Zu Fuß sind es vom Hotel aus nur wenige Minuten bis ins Zentrum, zur Bauhaus-Universität oder zum Historischen Friedhof. Mein Tipp: Zum leckeren Frühstück unbedingt den Honig probieren!
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von Thüringen entdecken eingeladen wurde. Die hier dargestellten Ansichten sind davon unbeeinflusst und geben wie immer ausschließlich meine persönliche Meinung wieder.
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