Bei meinem letzten Besuch in Calella de Palafrugell habe ich wieder einen Spaziergang an der Küste entlang gemacht. Der Weg führt von Bucht zu Bucht, von Strand zu Strand und ist Teil des Cami de Ronda. Kleine Fischerboote, die bunten Türen der alten Fischerhütten und die felsige Küste – am liebsten würde ich das alles mit meiner Kamera einsaugen und festhalten. Hier könnte ich echt alt werden. Wenn ich das passende Kleingeld hätte, würde ich mir auf der Stelle eines der netten Häuser am Strand kaufen. Obwohl vielleicht doch nicht, dann würde ich nämlich gar nicht mehr reisen wollen. Manchmal ist es auch alles ganz gut so, wie es ist.

am strand calella palafrugell

boote calella palafrugell

früh morgens in calella palafrugell
calella-de-palafrugell

Wie immer komme ich auf meinem Spazierweg auch am Strand von Canadell vorbei. Hier steht eine Statue, die aussieht aus wie ein liebenswerter Opa mit Baskenmütze. Eigentlich ist sie aber den Fischern von Calella gewidmet: Sie heißt „La Gent del Mar“, die Leute des Meeres. So hat sie Rodolfo Candelaria, ein amerikanisch-mexikanischer Künstler, der sich schon vor vielen Jahren hier niedergelassen hat, jedenfalls genannt. Den würde ich echt gern mal kennenlernen.

la gent del mar statue calella palafrugell

Palafrugell dächer

Anfangs habe ich nicht so genau verstanden, wieso diese Buchten, die doch einzelne, kleine Orte zu sein scheinen, zu Palafrugell gehören, das doch weiter im Hinterland liegt. Mittlerweile habe ich aber die Geschichte der Dörfer herausgefunden: Eigentlich gab es hier in den Buchten vor ein paar Jahrhunderten nämlich noch gar keine Siedlungen. Das liegt daran, dass damals die gesamte Küste der Costa Brava ziemlich unter den Angriffen der Piraten litt, die wild und grausam die Dörfer plünderten. Besonders betroffen waren die Orte, die direkt am Meer lagen. Städte wie Tossa oder Roses zum Beispiel bauten dicke Festungsmauern zu ihrem Schutz. In Palafrugell zogen es die Leute vor, ein paar Kilometer weiter ins Landesinnere zu ziehen und Sicherheit hinter den Mauern der Stadt zu suchen.

Das Meer war nur zum Fischen und Arbeiten da. So etwas wie „Urlaub machen“ oder „am Strand liegen“ wurde ja erst viel später erfunden. Jedenfalls stammen die ersten Fischerhütten in Calella, Tamariu und Llafranc aus der Zeit nach den Piratenüberfällen: Als im achtzehnten Jahrhundert die Küste immer sicherer wurde und keine Angriffe mehr vom Meer her drohten, siedelten sich mehr und mehr Fischer in den kleinen Buchten an. Für sie war es natürlich viel praktischer, direkt am Wasser zu leben, wenn man sowieso hier arbeitete.

Leuchtturm san sebastia Palafrugell

Leuchturm Palafrugell Faro San sebastia

Und dann gibt es in Palafrugell auch noch einen Leuchtturm. Der Far de San Sebastià liegt etwas versteckt, auf dem kleinen Berg Sant Sebastià de la Guarda, der die beiden Buchten Llafranc und Tamariu trennt. Zu Fuß geht man ungefähr 45 Minuten auf den Hügel. Es gibt aber auch eine kleine Straße, auf der man mit dem Auto fahren kann. Oben angekommen hat man einen superschönen Blick auf das Meer und die Calas! Ein alter Festungsturm, der früher als Wachturm gegen mögliche Angriffe der Piraten ganz wichtig war, dient heute als Aussichtsturm.

faro ameiseninseln-calella de palafrugell

faro-calella-de-palafrugell

Hinter dem Turm haben Archäologen vor ein paar Jahren die Überreste einer iberischen Siedlung gefunden. Ganz oben, auf dem höchsten Punkt des Hügels, haben schon Iberer gewohnt, bevor die Römer ihre Straßen und Ortschaften errichteten. Die Lage ist auch ja strategisch perfekt.

aussicht vom Leuchtturm palafrugell

aussichts turm palafrugell

ausgrabungen palafrugell

aussichtsturm beim faro Palafrugell

cafe llafranc

Bevor es wieder nach Hause geht, trinke ich unten in der Bucht von Llafranc noch einen Café. Dass ich in die Costa Brava verliebt bin und regelmäßig wieder ins Schwärmen komme, ist ja längst kein Geheimnis mehr. Ich habe hier schon so viele wunderschöne Ecken entdeckt, dass ich mich gar nicht mehr für einen einzigen „Lieblingsplatz“ entscheiden kann. Wenn man mich dennoch vor die Wahl stellen würde, dann wäre Palafrugell mit seinen kleinen Buchten ganz oben auf der Liste.