In Palafrugell führt ein alter Wanderweg an der Küste entlang, der Camí de Ronda. Der Küstenpfad erstreckt sich von Bucht zu Bucht über die gesamte Costa Brava. In Lloret bin ich vor ein paar Monaten schon ein Stück auf diesem unglaublich schönen Weg gelaufen. Damals sogar mit Nordic Walking Stöcken. Heute laufe ich ganz ohne Stock. Marta und ich machen einen Verdauungsspaziergang, nachdem wir uns gerade in Llafranc ein Garoinada Menu* gegönnt haben. Da wir am Vormittag schon einen kleinen Bootsausflug mit Seeigelverkostung hatten, tut ein wenig Bewegung jetzt total gut. Sogar das Wetter spielt mit. Es ist zwar frisch aber die Sonne scheint wenigstens.
Warm eingemummelt spazieren wir also von Llafranc bis zum Botanischen Garten am Cap Roig. Dort auf der Burg findet jeden Sommer ein Musikfestival statt. Letzten August war ich auch dort. Echt schön.
Ganz gemütlich schlendern wir also von Bucht zu Bucht. Jetzt im Winter sind die kleinen Strände menschenleer und wir sind fast allein unterwegs. Kleine weiße Häuser, bunte Türen und ein paar vereinzelt am Strand liegende Boote … In Palafrugell gibt es zum Glück keine Hochhäuser. Hier sieht alles noch klein, niedlich und ein bisschen nach Dorf aus.
Calella de Palafrugell im Sommer
Immer weiter schlängelt sich der Weg, mal am Strand, mal an kleinen Wäldern, die fast bis ans Ufer reichen, vorbei. Die Küste ist felsig und wild. Karge, steile Abhänge wechseln sich mit üppigem Grün ab. Während wir beim Gehen die Aussicht genießen, erzählt Marta mir die Geschichte der Ameiseninseln.
In Palafrugell, genauer gesagt in Calella de Palafrugell, ragen nämlich direkt vor der Küste einige winzig kleine Inseln aus dem Wasser: die islas formigues, auf Deutsch die Ameiseninseln. Früher kamen viele Fischer hierher, um Fische und andere Meerestiere zu fangen. Aber es gab auch ein paar schlimme Seeschlachten und sogar Piratenüberfälle.
Die Geschichte der Schlacht bei den Ameiseninseln geht so:
der kleine Felsenhaufen ganz hinten:
die Ameiseninseln, die Islas formigues
Im Jahre 1285 griffen französische Truppen Katalonien an. Da die vormarschierenden Truppen von See her versorgt wurden, beschloss der katalanische König Pere II die französische Flotte anzugreifen, um so die Versorgungslinien des Feindes zu durchbrechen. Ein Teil der katalanischen Flotte musste erst aus Sizilien, das damals zu Katalonien gehörte, herbeigerufen werden. Mit einem Trick gelang es dem listigen Admiral Roger de Lluria die übermächtige Flotte der Franzosen direkt vor der Küste Palafrugells, nämlich genau bei den Ameiseninseln, zu schlagen. Nach der Niederlage auf See musste sich auch das französische Heer bald zurückziehen. Eine wichtige Schlacht war gewonnen und die Gefahr war glücklich gebannt. Jedenfalls vorerst, aber das ist wieder eine andere Geschichte. …
Und dann gab es eben auch noch die Piraten. Die gesamte katalanische Küste befand sich über Jahrhunderte hinweg zwischen zwei Fronten: dem katholischen Königreich Spanien auf der einen Seite und den arabischen Kalifaten, zu denen zeitweise auch die balearischen Inseln Mallorca, Menorca und Ibiza gehörten, auf der anderen Seite. Über die Wasserstraßen vor der katalanischen Küste lief ein großer Teil des Seehandels ab. Das lockte natürlich auch Piraten an. Immer wieder kam es zu Überfällen. Für Piraten, Korsaren und Freibeuter war die Gegend ein lohnendes Beutegebiet.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts fand bei den Ameiseninseln dann noch eine Schlacht statt. Dieses Mal zwischen Piraten und einem Schiff aus Mataró. Über diese Geschichte gibt es sogar ein Buch, das ich gern mal lesen würde. Die Verletzten dieser Schlacht wurden jedenfalls auf die Festungen von Moli de Vent in Palamos und Llafranc verteilt. Was weiter mit den Gefangenen und Verletzten geschehen ist, weiß ich leider nicht. Aber seit dieser Zeit stritten sich die beiden Gemeinden um die “Herrschaft” über die sechzehn kleinen Felsbrocken vor der Küste. Erst 2008 entschied die Generalitat, dass die Ameiseninseln je zur Hälfte zu Palamos und zu Palafrugell gehören sollten. Ein wahrlich salomonisches Urteil.
Passend zu der Piratengeschichte kommen wir an einem alten Turm vorbei. Marta meint, solche torre de moros gäbe es überall an der Küste. Von diesen einfachen Türmen aus konnte man das Meer beobachten und die Bevölkerung rechtzeitig vor Piratenangriffen warnen.
Je näher wir Cap Roig kommen, umso öfter geht der Weg ein Stück bergauf. Bei den vielen Klippen kann die Strecke ja auch nicht immer ebenerdig sein. Aber zum Glück gibt es für “bergauf” Treppen. Da muss man sich nicht ganz so anstrengen. Trotzdem komme ich nach der dritten, ziemlich langen Treppe ganz gut aus der Puste. Als wir endlich oben ankommen, ist mir richtig warm. Die Seeigel habe ich mittlerweile auch verdaut. Und langsam wird es auch dunkel …
Im botanischen Garten Cap Roig
Nützliche Infos:
Mehr Infos über diesen Abschnitt des Cami de Ronda findet Ihr auf der Website Palafrugell: visitpalafrugell.cat
Hinweis: Vielen Dank an Marta, von Turisme Palafrugell, die mit mir an der Küste entlang gewandert ist!
Ich bin Mitte Februar alleine zu einer 3tägigen Tour auf dem Camina de Ronda aufgebrochen. Ein Traum! Trotz nicht so tollen Wetters. Aber selbst bei Wind und bedecktem Himmel, konnte diese traumhafte Küstenlandschaft mit ihrer rauen Schönheit begeistern.
Gestartet bin ich in St. Feliu de Guixols und die ersten Kilometer ist es noch recht touristisch (wobei im Winter fast alles geschlossen hat!) mit schönen, kurzen Abschnitten mittendrin. Ab Platja d’Aro wurde es dann mit jedem Kilometer einsamer, wilder und schöner! Zum Teil wandert man direkt am Meer entlang, manchmal auf schmalen Pfaden, teilweise durch waldige Abschnitte aber immer mit Blick aufs Meer.
Als ich am zweiten Tag dann auch noch Sonne hatte – entgegen der Wettervorhersage – war ich restlos angetan. Eine wunderschöne, abwechslungsreiche Küstenlandschaft, die mich begeistert hat. Ich weiß nicht, wie voll es dort ab dem Frühjahr ist. Im Februar war es meistens einsam und gerade deswegen besonders.
Ich begegnete in der Mitte des zweiten Tages einem wanderenden Einheimischen und einer Französin mit Hund. Wir sind bestimmt eine Stunde zusammen gewandert und der Spanier hat uns die schöne Bucht „Platja del Crit“ gezeigt, die mir sonst verborgen geblieben wäre.
Am dritten Tag startete ich außerhalb von Llafranc bei Sant Sebastia, einem Leuchtturm und den daneben liegenden Überresten einer iberischen Ansiedlung. Dort oben war es ziemlich neblig und so einsam, dass es fast schon etwas Mystisches hatte. Wirklich ein besonderes Erlebnis für Ruhesuchende, die dem Trubel und Alltagsstress für ein paar Tage entkommen möchten. Entschleunigung garantiert! Dazu würde ich aber auf alle Fälle die Nebensaison wählen.
Die Verständigung hat mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Englisch irgendwie geklappt. Die Einheimischen waren stets sehr freundlich und hilfsbereit. Wenngleich eine Frau alleine mit großem Rucksack bisweilen ungläubiges Erstaunen hervorgerufen hat 😉 Ich war nur mit Karte unterwegs, würde aber ein GPS Track empfehlen. Ein paar Mal war ich ratlos, wo der Weg weiterging und mit Händen und Füßen nach der Richtung fragen ist echt eine Herausforderung, vor allem wenn man nur selten jemanden sieht ;-).
Liebe Dorothea,
super lieben Dank für den ausführlichen Kommentar! Freut mich total, dass Dir der Wanderweg gefallen hat! Und Danke auch für Deine tollen Tipps!
liebe Grüße