Romantische Landschaften:
Die Gegend des Empordà ist eine besonders schöne Region im Hinterland der Costa Brava. Viele katalanische Schriftsteller, wie Josep Pla, Joan Maragall oder Josep Mª Sagarra, zog es hierher. Sie rühmten die „lyrische Geographie“ der Gegend, waren von Bergen und Buchten fasziniert, und die Landschaft inspirierte sie zu zahlreichen Werken. Als zu Beginn des letzten Jahrhunderts die Industrialisierung auch in Katalonien boomte, war die Costa Brava weit abgelegen von der immer größer werdenden Metropole Barcelona. Kein Wunder, dass manche dieser kleinen Dörfer eine Art Zuflucht für die großstadtmüden Künstler waren. Bald entstand der Mythos des Empordà, ein romantisches Schwärmen für die landschaftliche Schönheit, die sich nicht nur auf die Fischerdörfer an der Küste beschränkte, sondern auch die kleinen, mittelalterlichen Ortschaften im Hinterland meinte.
Madremanya ist ein solches mittelalterliches Dorf. Rund fünfundzwanzig Kilometer von den Stränden des Mittelmeers entfernt, befindet es sich bereits abseits der Touristenrouten. Nur wenige ausländische Besucher verirren sich hierher. Während immer Sommer ganze Busladungen an Feriengästen durch Pals oder Peratallada geschleust werden, bleibt es in Madremanya ruhig. Dabei ist es hier mindestens genauso schön. Aber es ist auch gut, dass dieser kleine Ort eher in der zweiten Reihe liegt, denn so hat er sich ein echtes Dorfleben bewahren können.
Als Lina und ich in dem verschlafenen Nest ankommen, ist es schon spät am Abend und sehr dunkel. Zu dunkel, um noch durch das Dorf zu spazieren. Wir fallen einfach nur müde in unsere wohligen Bettchen und holen den Spaziergang gleich früh am nächsten Morgen nach.
Bei Tageslicht stellt sich schnell raus, dass Madremanya einem Peratallada in Nichts nachsteht. Ich finde es sogar noch viel schöner, weil es einfach echter ist. Direkt neben unserem charmanten Hotel befindet sich ein Bauernhof. Jedenfalls steht ein Traktor auf dem Hof. Der Bauer schläft wohl noch, oder vielleicht ist er auch im Stall. Jedenfalls ist bei meinem morgendlichen Rundgang um sieben Uhr in der Frühe noch keine Menschenseele zu sehen. Und trotzdem wirkt Madremanya lebendig, und gar nicht ausgestorben, wie so mancher Ort im Hinterland, der nur noch an den Wochenenden bewohnt wird. Wahrscheinlich liegt es an den Kleinigkeiten, die zeigen, dass hier keine Urlauber, sondern ganz normale Menschen wohnen und ihren Alltag leben. Frisch zum Trocknen aufgehängte Wäsche, Plakate mit Informationen für die Dorfbewohner, Fußmatten vor dem Hauseingang und Autos. Wobei es mir echt ein Rätsel ist, wie die Autos, selbst wenn es alles kleine PKWs sind, sich durch diese engen Straßen bewegen können. Eigentlich geht das gar nicht! Aber sie stehen da. Merkwürdig.
Can Bassa
Unser kleines Hotel ist ein umgebautes Bauernhaus. Im Gegensatz zu vielen „Casas rurales“, die normalerweise eher einfach und eben rustikal eingerichtet sind, geht es hier fast schon luxuriös zu. Man merkt einfach, wie liebevoll jedes kleinste Detail durchdacht ist.
Pere, der Besitzer, und seine aus Frankreich kommende Frau, haben das damals leer stehende, alte Bauernhaus vor Jahren gekauft und in aufwendiger Handarbeit restauriert und nach ihren Vorstellungen umgebaut. So befinden sich in den ehemaligen Ställen heute die Zimmer für die Gäste. Die Familie selbst lebt im oberen Teil der Anlage – und ist jederzeit für die Gäste erreichbar.
Es ist wirklich wunderschön geworden. “Ein Liebesnest”, meint Lina. Da hat sie irgendwie recht. Romantischer geht es wohl kaum. Nur die Sonne, würde sie denn heute scheinen, könnte unserem Aufenthalt noch schöner machen. Denn bei Regen ist mir weder danach, mich auf einen der Terrassenstühle zu legen, noch ist mir danach eine Runde in dem kleinen Pool zu schwimmen. Schade für uns heute, aber bei besserem Wetter muss das echt nett sein.
Auch in den Zimmern finde ich überall diese liebevollen, kleinen Details. Alle Möbel sind irgendwie aus etwas Altem umgebaut. Insgesamt gibt es drei Zimmer und fünf Apartmentwohnungen. Wir wohnen in einem Zimmer mit dem Namen „Lavendel“ – und ein Strauss getrockneter Lavendel steht auch in unserem Badezimmer.
Zum Frühstücken gehen wir in das kleine “Wohnzimmer” neben der Rezeption. Alles ist familiär und persönlich gehalten. Für den Abend gibt es sogar ein Regal mit verschiedenen Weinen, von denen man sich gern ein Fläschchen mit aufs Zimmer nehmen kann, wie uns Pere erklärt. Man muss einfach nur in eine Liste eintragen, was man sich genommen hat, damit das hinterher verrechnet wird. Hier vertraut man seinen Gästen! Ein schönes Gefühl!
Nützliche Infos Madremanya
Der Name des Orts, Madremanya leitet sich wahrscheinlich vom Lateinischen Mater Magna (große Mutter) ab. So nannten die alten Römer die Göttin Cibeles ( griech. Kybele). Die Gebäude im Dorfkern stammen aus dem dreizehnten bis vierzehnten Jahrhundert
Hotel Can Bassa
Avda.Gavarres, 10
17462 Madremanya
Website: www.canbassa.com
Hinweis: Vielen Dank an das Patronat de Turisme de Girona für die Unterstützung bei dieser Recherche.
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