Also verabredet war ich ja, mit dem Dudelsack. Genau genommen sogar mit zwei Dudelsäcken. Nur hat das Treffen leider nie stattgefunden. Widere Wetterumstände haben mein Debut im Dudelsackspielen verhindert. Jedenfalls will ich glauben, dass es am Wetter lag. Die alternative Erklärung wäre, die Dudelsäcke haben mich versetzt. Da glaube ich doch lieber an die Empfindlichkeit der Instrumente und die Unverträglichkeit des Dudelsackspielens mit strömendem Regen. Ist ja auch viel logischer.

Dudelsack Edinburgh

Eigentlich fängt die Geschichte damit an, dass ich es mir in den Kopf gesetzt hatte, während der paar Tage in Edinburgh einen Dudelsackspieler aufzustöbern, um mehr über dieses faszinierende Instrument zu erfahren. Mit etwas Glück könnte ich ja vielleicht selbst eine erste Lektion im Dudelsackblasen erleben.

Manche Leute finden den Klang nervig, ich finde ihn wundervoll. Ich finde Bagpipes einfach klasse, besonders wenn der Spieler auch noch traditionellen Kilt trägt. Vielleicht gucke ich einfach zu viele schräge Filme, aber ich könnte stundenlang zuhören und zugucken, wie jemand diesem Stoffsack, aus dem ich weiß nicht wie viele Röhren herausragen, und in dem ich mich garantiert verheddern würde, überhaupt Töne entlockt. Und das dann auch noch melodisch!

Schon von zuhause habe ich via E-Mail diverse Anläufe gestartet, um vor Ort einen echten Dudelsackspieler zu treffen. Leider sind alle meine Versuche im Sande verlaufen :-(.

Aber so schnell gebe ich nicht auf. Auf der berühmten Royal Mile stehen eigentlich immer irgendwo Musiker herum. Bei den ganzen Festivals im Augst sollte es ja wohl keine Schwierigkeit sein, dort einen Bagpiper zu finden. Aber manchmal ist es einfach wie verhext. Die Tage vergehen, kein Dudelsack zu hören oder zu sehen. Am vierten Tag endlich höre ich gleich zwei Bläser/Spieler – sie stehen gegenüber des Gladstone’s Land und musizieren. Ich stelle mich zu der kleinen Menschentraube dazu, gucke und lausche.

Dudelsack Edinburgh

Beinahe sterbe ich fast vor Aufregung. Einerseits scheint das jetzt meine Chance zu sein, andererseits bin ich viel, viel zu schüchtern, um die zwei Musiker anzusprechen. Ahh!!! Jetzt oder nie. Schließlich überwinde ich mich. Wild entschlossen gehe ich schnellen Schrittes auf die beiden zu, als sie eine kleine Pause einlegen. Mein Herz klopft bis zum Hals. Ich muss mich beeilen, bevor mich mein Anfall von plötzlichem Mut wieder verlässt. Schon stehe ich vor ihnen und sie gucken mich fragend an.

Es muss ihnen wohl komisch vorkommen, dass jemand ohne Geldstück in der Hand auf sie zuschreitet und ihnen direkt ins Gesicht statt auf den Beutel am Boden sieht (Meinen kleinen Obulus habe ich schon vorhin entrichtet). Egal. Jetzt bloss nicht Nachdenken. Ich setze mein freundlichstes Lächeln auf, stelle mich kurz vor und erkläre dann, dass ich Dudelsäcke total spannend finde und gerne etwas darüber schreiben würde. Ob sie denn heute oder morgen eventuell Zeit hätten, für ein kurzes Treffen?
Etwas überrascht schauen sie sich an.

– Jamie und Angus stellen sich meine beiden Helden vor. Vielleicht habe ich sie doch überrumpelt? Oh Gott, was denken die jetzt bloss von mir. Total blöde Idee, einfach die Leute anzuquatschen. Ich nun wieder – typisch. Tausend Gedanken brodeln gleichzeitig in einem Affenzahn in meinem Hirn hin und her.

-Nee, können wir gern machen. Kein Problem. Brauchest du uns in voller Montur? fragt Jamie. Dem Himmel sei Dank. Mein Herz schlägt wieder, nach dem kurzen Aussetzer. Mann, dieses auf und ab macht mich echt fertig.

-Oh, das wäre natürlich schön, antworte ich. Es ginge aber auch ohne. Hauptsache der Dudelsack ist dabei.

-Also morgen sind wir wieder hier. Zwischen eins und fünf spielen wir ungefähr hier, auf der Royal Mile. Zwischendurch machen wir sicher die ein oder andere Pause, dann können wir uns in Ruhe unterhalten. -Prima! Danke, bis morgen dann. 

Ich habe ein Date! … dachte ich jedenfalls.

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Als ich am nächsten Morgen aus dem Fenster schaue, regnet es. Und nicht gerade wenig. Alle halbe Stunde stürzt ein neuer Schauer frisches Nass herab. Schottland eben, da kann das schon mal passieren. Aber die Frage ist, ob meine Dudelsäcke bei so einem Wetter zur Arbeit kommen? Wie blöd, dass ich Jamie und Angus nicht nach ihrer Telefonnummer gefragt habe. Meine Laune passt sich dem Wetter und der Farbe des Himmels an, gräulich.

Edinburgh Regen

Ein kurzer Ausflug nach Leith am Vormittag. Auch da gießt es wie aus Kübeln.

Edinburgh Leith

Pub Edinburgh

Ich mache so dies und das und versuche dabei möglichst nicht nass zu werden. Kurz vor drei bin ich wieder auf der Royal Mile. Einige Musiker, Tänzer und Komiker stehen trotz schlechten Wetters hier. Schließlich ist ja Fringe, Festival Time in Edinburgh! Da lässt man sich von ein bisschen Wasser nicht die Stimmung vermiesen.

Edinburgh fringe in the rain

Ich schöpfe neue Hoffnung. Royal Mile hoch, Royal Mile runter. Immer wieder neue Regenschauer, die mich zusammen mit vielen anderen Leuten in die engen Closes flüchten lassen. Dafür sind diese kleinen Gassen echt gut. Schön praktisch. Ich habe zwar auch einen Schirm gekauft, aber wohl am falschen Ende gespart. Das Ding ist sofort kaputt und kann höchstens noch zu dekorativen Zwecken verwendet werden.

Schließlich ist es fünf Uhr durch – weit und breit kein Dudelsack. Nicht nur Jamie und Angus sind nicht da, überhaupt kein einziger Dudelsack ist heute zu sehen. Ich gebe auf. Dabei hätte ich so gern eine Geschichte daüber geschrieben.

Trauriges Ende: Mein Dudelsack-Date ist ins Wasser gefallen. Aber keine Geschichte ist manchmal auch eine Geschichte.

Regenwetter Edinburgh

edinburgh schottland
Nützliche Infos: Heute leider keine. Vielleicht kann ich von meinem nächsten Schottland Trip dann jede Menge Infos und Links  über Dudelsäcke mitbringen.