Beinahe hätte der letzte Sturm diese Brücke für immer vernichtet. Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es, an einem schönen Samstagmorgen hierher zu kommen. Bald soll das letzte Stück des Pont del Petroli, die abgetrennte Aussichtsplattform am Ende der Brücke, nämlich abgerissen werden. Zu groß sind die Schäden, zu hoch die Kosten der Wiederinstandsetzung. Ein ganzer Abschnitt der Brücke, der bis vor kurzem noch die Plattform mit dem Land verbunden hatte, ist während des Sturms Gloria ins Meer gestürzt. Nun ist das Betreten verboten. Während die Jogger am Strand vorbeilaufen und die Angler geduldig darauf warten, dass ein Fisch anbeißt, verabschiede ich mich still und leise von diesem Anblick. Ich weiß nicht, ob man nur die Plattform einreissen muss oder ob ich die Brücke in dieser Form nochmal wiedersehe.

Angler Badalona Pont de Petroli Barcelona  Badalona Pont de Petroli Barcelona plattform

Badalona Pont de Petroli Barcelona

El Pont del Petroli ist eigentlich keine architektonische Schönheit. Er ist weder besonders alt noch besonders originell. Ende des neunzehnten Jahrhunderts hat man hier zum ersten Mal eine der Küste vorgelagerte Brücke gebaut, um den großen Öltankern das Entladen zu erleichtern. In Badalona befanden sich damals einige der wichtigsten und größten industriellen Betriebe Barcelonas. Die ursprüngliche Brücke gibt es längst nicht mehr. Die, um die es hier geht, wurde in den sechziger Jahren von der staatlichen Erdölfirma CAMPSA gebaut. Bis in die neunziger Jahre nutzte man die Betonbrücke noch als Entladestation. Danach stand die Brücke mehr der weniger nur rum.

Badalona Pont de Petroli blick

Als man 2001 ankündigte, die ungenutzte Brücke abreißen zu wollen, meldeten sich die Taucher und Umweltschützer zu Wort. An den tragenden Säulen hatten sich kleine Unterwasser-Biotope entwickelt. Zahlreiche Fische und andere Meeresbewohner hatten sich dort niedergelassen. Die zwei Jahre andauernde Rettungsaktion war erfolgreich. Die Stadt Barcelona kaufte die Brücke und funktionierte sie nach aufwendigen Restaurationsarbeiten zu einem hübschen Spazierweg um.

Nachdem schon vor ein paar Jahren ein heftiger Sturm an der Brücke gezerrt hatte, scheint Gloria dem Pont del Petroli nun leider den Rest gegeben zu haben. Ungefähr 15 Meter der Konstruktion hat das Meer geschluckt. Die Plattform am Ende ist nun nicht mehr mit dem Ufer verbunden und das Betreten der Brücke verboten. Die komplette Renovierung wäre leider viel zu aufwendig und zu teuer.

Badalona Pont de Petroli kaputt zerstoert Barcelona

Noch bevor man die ersten Schritte auf den Steg machen kann, steht man vor einer besonderen Skulptur. Ein sehr menschlich aussehender Affe betrachtet scheinbar gedankenverloren eine Flasche in seiner Hand (Wenn er über 50 Jahre alt wäre, könnte man meinen, er sei weitsichtig und lese nur das Etikett). In Barcelona weiß jeder sofort, um welchen Affen es hier geht. Der „mono“ erinnert nämlich an die Blütezeit der Fabrik, die hier am Ufer steht. Der Anís del Mono, den Du immer noch in allen Bars und Cafés der Stadt trinken kannst, wird schon seit vielen Jahrzehnten in diesen schönen alten Hallen hergestellt. Heute gehört der Anis längst genauso zu Barcelona wie Gaudí, nur eben als Schnaps, bzw. als Likör. Auch wenn der Anislikör längst kein Familienbetrieb ist, sondern schon vor Jahren dem Osborne-Imperium einverleibt wurde, kommen die wunderschön geriffelten Flaschen nach wie vor hier aus Badalona.

Badalona Anis del Mono Gesicht

badalona anis del mono sitzend

Aber wie kam nun der Affe zum Anislikör? Ende des neunzehnten Jahrhunderts war die Blütezeit des Modernisme in Barcelona. Die Familie Bosch pflegte regen Handel mit den Kolonien, dem heutigen Amerika. Auf einem der Handelsschiffe war ein Affe aus Übersee irgendwie mit nach Barcelona gekommen. Von da an war dieser Affe so etwas wie ein Maskottchen, ein Haustier der Firma. Das im modernistischen Stil errichtete Fabrikgebäude wurde vor einigen Jahren sogar zum Kulturerbe erklärt.

  Badalona Anis del Mono fabrik

Der kluge Herr Bosch war schon zur letzten Jahrhundertwende sehr modern, was die Reklame und seine Marketingstrategie betraf. Einige seiner Werbeplakate wurden von modernistischen Künstlern wie Ramon Casas gefertigt. Den Maler Juan Gris hat das Etikett mit dem Anis-Affe sogar zu einem seiner Werke inspiriert, nämlich „Anís del Mono“.

Im Bahnhof von Badalona liess er von Stararchitekt Puig i Cadafalch eine Verkaufsstelle entwerfen, fast sowas wie eine Anislikör-Trinkhalle im Bahnhof. Die Trinkhalle im Bahnhof gibt es zwar nicht mehr, aber die modernistische Fabrik steht immerhin noch.

Mit der Wahl des Primaten als Logo mischte Herr Bosch sich auch gleich in die polemischen Diskussionen um die gerade erst erschienenen Theorien eines gewissen Charles Darwin ein. Während alle sehr kontrovers über dessen Abstammungstheorie diskutierten, sorgte der Affe auf dem Etikett des Anís del Mono für noch mehr Zündstoff.

Likör Badalona Anis del Mono

Badalona Anis del Mono Flasche

Viele Spanier geben gern einen Schuss Anís del Mono in ihren Kaffee. Wenn Du das auch probieren willst musst du einfach nur einen „carajillo de anís“ (oder auf Katalanisch „un cigaló d‘anis“) bestellen. Je nachdem ob Du es lieber süßlich oder doch eher trocken magst, kannst Du zwischen dem roten (dolç) und dem grünen (sec) Etikett wählen.

Infos Anís del Mono und Pont del Petroli

El Pont del Petroli liegt nur wenige Gehminuten vom Bahnhof in Badalona, direkt an der Strandpromenade.

GPS Koordinaten: 41°26’25.2″N 2°14’57.7″E /  41.440321, 2.249361

In dem kleinen Museum in Badalona kannst Du Dich sogar zu Führungen anmelden und die alten Fabrikhallen besichtigen. Darum werde ich mich wohl demnächst mal kümmern 🙂

Museu Badalona
D. Pl. Assamblea de Catalunya,1
08911 Badalona
Website: www.museudebadalona.cat

Website des Likörs: Anis del Mono