Die Gräfin Ermessenda von Carcassonne (975/ 978 – 1058) war eine der einflußreichsten und mächtigsten Frauen in der Geschichte Kataloniens. Wie Guifré el Pelós, der Urvater der Katalanen, stammte sie aus Carcassonne. Als Frau und Mitregentin von Ramon Borrell, später dann auch als Gräfin von Girona, war sie über viele Jahrzehnte die Herrscherin der katalanischen Ländereien, die gerade dabei waren sich zu einem geeinten Reich zu entwickeln. Ermessenda regierte nicht nur mit starker Hand, sie pflegte auch sehr enge und gute Beziehungen zur Kirche. Sie gründete zahlreiche Klöster und war eng mit dem Abt Oliba aus Ripoll befreundet.
Ramon Borrell hatte die Klugheit seiner Frau erkannt und genutzt indem er sie zu seiner offiziellen Mitregentin ernannte. Als er 1017 starb, war Ermessenda in ihren besten Jahren. Sie war jung, hübsch und ehrgeizig und übernahm ganz selbstverständlich die Regierungsgeschäfte für den gemeinsamen noch minderjährigen Sohn Berenguer Ramon. Der junge Mann war allerdings ein wenig verweichlicht und konnte sich auch in späteren Jahren nie wirklich gegen seine erfahrene und kluge Mutter durchsetzen. Man sagt ihm nach, er sei nicht besonders charakterstark gewesen, was immer das in diesen Zeiten auch bedeutet haben mag.
Im Alter von nur 29 Jahren starb Berenguer Ramon und wieder übernahm Ermessenda die Geschäfte. Dieses Mal regierte sie an der Seite ihres noch minderjährigen Enkels Ramon Berenguer I. Als sich der junge Graf von Barcelona nach zwei gescheiterten Ehen in die sehr verführerische Almodis de la Marca verguckte, hing jedoch der Haussegen mehr als schief. Almodis war kein unbeschriebenes Blatt. Sie hatte, wie Ramon Berenguer I selbst auch, bereits zwei Ehen hinter sich und von ihren Männern auch bereits mehrere Kinder. Der junge Graf war jedoch so verliebt, dass er die schöne Almodis entführte und heiratete, noch während sie eigentlich mit ihrem zweiten Gatten vermählt war.
Das alles passte der frommen Oma Ermessenda gar nicht in den Kram. Es gab Ärger, und zwar richtig. Ermessenda ließ ihre Beziehungen zu Klöstern und Bischöfen spielen, bis der Papst das junge Paar exkommunizierte. Der Ausschluss aus der Kirche war im Mittelalter keine leichte Sache, und erst recht nicht für einen Herrscher. Erst nach einer langjähriger Familienfehde und sogar einigen kämpferischen Auseinandersetzungen vertrugen sich die mittlerweile achtzigjährige Ermessenda und ihr ebenso dickköpfiger Enkel. Emma zog sich ins Kloster zurück, wo sie am 1. März 1058 starb.
Ermessendas Sarkophag wird in der Kathedrale von Girona aufbewahrt. Diese große, bedeutende Dame Kataloniens hat gleich zwei Särge, einen reich dekorierten und einen schlichten, romanischen Sarkophag. Als man den reich verzierten äußeren Sarkophag aus irgendeinem Grund öffnen musste, fand man darin den einfachen, älteren Schrein. Er ist mit sieben roten Streifen auf goldenem Hintergrund dekoriert und gilt damit als älteste Darstellung dessen, was heute die katalanische Flagge ausmacht, nämlich die roten Streifen auf goldenem Grund. Auf die Anzahl von fünf Streifen, wie sie die Flagge heute zeigt, hat man sich wohl erst in neuerer Zeit geeinigt.
Mehr Informationen:
Wikipedia: Ermessenda_de_Carcassona
Eine Katalanische Fernsehserie über Ermessenda findest Du auf youtube unter : TV3 Ermessenda de Carcassona
Fortsetzung folgt.
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