Sieben Stufen führen hinab ins aigua viva. Lebendig musste das Wasser der Mikwe sein, damit die Frauen, die hier ihren Körper eintauchten, auch geistig gereinigt werden konnten.

Mikwe Besalú

Angenehm frisch ist es, als wir den dunklen Gang hinab steigen. Unter der Erde führt am Ende eines schmalen Ganges schließlich eine Treppe hinab zur Mikwe. Das Wasser im Becken wird von dem wenigen Licht, das durch ein fensterartigen Spalt in das kühle Gewölbe fällt, bläulich gefärbt. Wie verzaubert sieht dieser kleine unterirdische Raum aus, den die jüdischen Frauen aufsuchten, um sich hier der rituellen Reinigung zu unterziehen.

Mikwe Besalú

Dieses Eintauchen in bewegtes Wasser war für die jüdischen Frauen ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubens. Eine jüdische Gemeinschaft konnte zur Not ohne Synagoge oder sogar ohne Rabbiner existieren, aber ohne Mikwe konnte keine jüdische Gemeinde leben.

Mikwe Besalú

1964 erst wurde die Mikwe in Besalú entdeckt, als ein Fabrikbesitzer Umbauarbeiten in seiner Keller vornehmen wollte. Dabei stiess er zunächst auf die gut erhaltene Gewölbedecke. Bei den Ausgrabungen fand man dann die Mikwe. Auf dem Gelände direkt neben dem Bad befand sich einst die Synagoge Besalús. Grundsätzlich mussten die Synagogen im Mittelalter stets kleiner als die katholischen Kirchen und von außen eher unauffällig sein. Man fand hier einen Eingang durch den die Männer den Gebetssaal der Synagoge betraten und einen anderen Eingang über den die Frauen auf eine höher gelegene Galerie gelangen konnten. Den Frauen war der Zutritt zum Gebetssaal nicht gestattet, aber von der Galerie aus konnten sie die Männer sehen, ohne selbst gesehen zu werden.

el call Besalú

Das jüdische Viertel, der Call Besalús, erstreckte sich lediglich über zwei Straßen. Doch jüdische Einwohner lebten auch in anderen Teilen des kleinen Ortes. Ein besonders prachtvolles Haus steht sogar in unmittelbarer Nähe der Kirche Sant Pere und dem Hospital de Sant Julià. Neben der Eingangstür ist noch heute die Einkerbung der Mesusa, die von den jüdischen Bewohnern des Hauses zeugt, gut zu erkennen.

Besalú

kirche Besalú

Im elften Jahrhundert zählte die jüdische Gemeinde Besalus neben Barcelona und Girona zu den bedeutendsten in Katalonien. Rund 20% der rund 1.000 Einwohner waren damals jüdischen Glaubens. Unter diesen rund 200 Juden gab es Schneider, Lehrer, Geldwechsler und zwanzig Ärzte! Man geht heute davon aus, dass sich neben der normalen jüdischen Schule im Hof der Synagoge, wo die Kinder lesen und schreiben lernten, eine höhere Schule befand. Mit 12 Jahren galten die Kinder im Mittelalter schon als Erwachsene und konnten die escola superior besuchen. Diese Schule vermittelte neben Hebräisch und Kabbala Studien vor allem medizinisches Wissen. Die Ärzte aus Besalú zählten zu den renommiertesten Medizinern des Mittelalters. Einer von ihnen wurde von Pere el Ceremoniós gar zum Hofarzt berufen.

synagoge Mikwe Besalú

synagoge
synagoge

Die Frauen suchten vor der Hochzeit, kurz vor und nach der Geburt eines Kindes oder beim Einsetzen der Regelblutung die Mikwe auf. In der Synagoge führten die Rabbiner Buch darüber, wer wann die Mikwe besuchte. Vor dem Betreten der Mikwe mussten die Frauen sich reinigen und die Haare kämmen. Nichts Fremdes durfte mehr an ihrem Körper befinden, kein Schmuck, keine Kleidung. Nur dann konnte das Wasser seine reinigende Wirkung auf den Geist entfalten. Sobald sie hüfthoch im Wasser standen, tauchen sie dreimal unter. Dann galt sie als gereinigt.

Mikwe Besalú

Doch das friedliche Zusammenleben der Religionen fand ein Ende. Beim Ausbruch der Pest starben immer mehr Einwohner Besalús. Da die Juden durch ihre regelmäßigen Bäder zunächst weniger angesteckt wurden, verbreitete sich die Pest in der jüdischen Gemeinde deutlich später und langsamer als im Rest der Bevölkerung. Die mittelalterlichen Christen begannen, die Juden für alles verantwortlich zu machen und behaupteten, sie wollen die Christen vergiften. Viele Juden konvertierten oder verließen die Stadt. Ende des 14. Jahrhunderts setzte der Niedergang des jüdischen Lebens in Besalú ein. Als 1492 Menschen jüdischen Glaubens aus ganz Spanien vertrieben wurden, hatten die jüdischen Einwohner die Stadt längst verlassen.

brücke Besalú

 Besalú

Infos zur Mikwe Besalú

Als man die Mikwe in Besalú 1964 fand, war dies der erste Fund eines jüdischen Bades auf der Iberischen Halbinsel. Bis heute ist die aus dem 12. Jahrhundert stammende Mikwe eines der wenigen mittelalterlichen jüdischen Bäder Europas. In Girona fand man Reste einer Mikwe, in Montpellier, Speyer und einigen deutschen Städten sind noch unterirdische jüdische Bäder erhalten geblieben.

Sinagoga de Besalú
Baixada de la Mikweh
17850 Besalú / Girona

Die Mikwe kann man im Rahmen von geführten Besichtigungen besuchen, die die Oficina de Tourisme regelmäßig organisiert.

Preis: 2,50 Euro , Kinder bis 12 Jahre gratis

Besalú