Durch eines der prachtvollen Portale betreten wir den mittelalterlichen kleinen Ort. Montblanc hieß jedoch nicht immer Montblanc und lag ursprünglich nicht einmal hier am Fuße des Hügels. Einen „mont blanc“ einen weißen Berg, suche ich vergeblich. Der Name Montblanc bedeutet nämlich trockener Hügel, erklärt mir Natalia, unsere nette Stadtführerin aus dem Touristenbüro.

 stadtmauer

Als Ramon Berenguer II, Graf von Barcelona diesen Landstrich von der Mauren erobert hatte, gründete er 1076 Duesaigües, benannt nach der Stelle, an der zwei kleinere Flüsse Anguera und Francolí zusammenliefen. Mit der Schenkung von Ländereien und der Gründung von Siedlungen festigten die Grafen von Barcelona jahrhundertelang neu gewonnenes Land. Um den Bauern die Ansiedlung der grenznahen Gebiete „schmackhafter“ zu machen, verlieh der Graf Ramon Berenguer IV im zwölften Jahrhundert dem kleinen Dorf dann großzügige Steuer- und Abgabenfreiheit. Von nun an nannte man die Siedlung Vilasalva (vila salvada d’impostos).

Stadtmauer

 stadtmauer

Ein paar Jahre später siedelte sein Sohn Alfons I., Graf von Barcelona und König von Aragón, den kleinen Ort wegen der andauernden Überschwemmungen schließlich um. 1163 zogen die Einwohner mit Kind und Kegel an eine höher gelegene Stelle, einen kargen Hügel, auf dem schon Iberer und die Römer gelebt haben sollen. Heute sind dort jedoch nur noch Ruinen übrig. Seit der kleine Ort nun an diesem kargen Hügel lag, nannte man ihn jetzt Montblanc.

Rund zweihundert Jahre später folgte dann auch der Bau der mächtigen Stadtmauer unter Pere el Ceremoniós. Montblanc war so gut befestigt, weil es eine günstig gelegene und ziemlich wohlhabende Siedlung war. Der Handel gedieh prächtig und wichtige Ratssitzungen der Corts Catalanes (ein früher Vorgänger der späteren Parlamente oder Landtage) fanden hier statt. Über eine alte Steinbrücke führte der Cami Real mitten hinein, bis auf dem großen Marktplatz.

Montblanc

altstadt montblanc

Montblanc hatte ein eigenes Gefängnis, ein Judenviertel und ein Krankenhaus außerhalb der Stadtmauern. So ein wichtiger Ort hätte auch eine bedeutende Kirche verdient. Die Esglesia Santa Maria ist in der Tat beeindruckend und scheint für den kleinen Ort ziemlich groß geraten zu sein. Aber als man den Bau der Santa Maria im Mittelalter plante, war Montblanc eine bedeutende Stadt. Eine Kathedrale wäre wohl durchaus angemessen gewesen. Doch von diesem Wunsch blieb nur der Spitzname der Kirche, die Kathedrale der Berge, la catedral de la muntanya.

Dank reicher Spendengelder von König und Adeligen hatte man im vierzehnten Jahrhundert mit dem Bau im gotischen Stil begonnen. Doch in den folgenden Jahren kamen schlechten Ernte, die Pest wütete und so musste die Fertigstellung der Kirche immer wieder verschoben werden. Letztendlich blieb sie unvollendet. Erst im 16. Jahrhundert wurde die Santa Maria schließlich geweiht. Die Fassade ist natürlich nicht gotisch, sondern wurde im Renaixentista-Stil fertiggestellt.

esglesia santa maria montblanc

kreuz montblanc

kirche montblanc

Von Natalia erfahre ich auch, warum hier ich hier überall Sant Jordi Darstellungen begegne. Sogar einer der Türme ist nach dem legendären Drachentöter benannt. Was offenbar jeder Katalane weiß, aber mir völlig neu war, ist, dass die Legende des Drachentöters sich hier in Montblanc zugetragen haben soll. Das behauptete jedenfalls Joan Amades, ein Ethnologe und Folklorist, der in der ersten Hälfte des letzten  Jahrhunderts  katalanischen Bräuchen und Traditionen nachspürte, in seinem Buch Costumari Català.

sant jordi

sant jordi turm

sant jordi Montblanc

Natürlich feiern die Einwohner die Legende des Drachentöters jedes Jahr mit einem gebührenden Fest. Zur Setmana Medieval schlüpft Montblanc in die Zeit des Mittelalters zurück. Ritter und Drachen tanzen durch die Gassen und auch die Prinzessin wird natürlich gerettet. Überhaupt feiern sie hier ziemlich gern. Ein anderes Fest, von dem Natalia berichtet, werde ich mir ganz sicher auch noch einmal ansehen, nämlich das Safranfest. Safran ist ein fester Bestandteil der mediterranen Küche, aber noch nie habe ich gesehen, wie diese rot-goldenen Fäden geerntet werden.

Montblanc feiert den Safran sogar gleich zweimal im Jahr. Im Frühjahr feiert man die Aussaat und im Herbst dann die Ernte. Dabei gibt es kleine Workshops, in denen man lernen kann, wie die kostbaren Fäden des Krokus gewonnen werden. Safran stammt eigentlich aus Afghanistan, Iran, Kaschmir, Marokko oder der Türkei. Aber auch in Europa wird Safran angebaut,  und da ist Spanien das Hauptanbaugebiet dieser zarten Blume. Das Hauptanbaugebiet Spaniens liegt in La Mancha. Der Safran dort ist sogar noch eine spezielle Variante mit geschützter Herkunftsbezeichnung Azafrán de la Mancha.

Horchata Montblanc

Ein kleiner Geheimtipp für Feinschmecker: In der Pastisseria Viñas gibt es nicht nur leckere Mandelspezialitäten, sondern auch kühle Orxata. Die machen sie hier allerdings nicht nur aus Erdmandeln, den traditionellen xufes, sondern auch aus Haselnüssen und Mandeln. Nach der Phylloxera Krise, die sämtliche Weinberge vernichtet hatte, war man in der Gegend von hier bis Reus ziemlich erfolgreich dazu übergegangen, Mandeln und Haselnüsse anzubauen.

mandeln

INFOS MONTBLANC

Kirche Santa Maria

Die Safranaktivitäten finden übrigens hier statt: aromis.cat Und leckere Süßigkeiten für Naschkatzen gibt es hier:

Pastisseria Confiteria Viñas
Carrer Major, 47
43400 Montblanc

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aussicht montblanc