Vielleicht lag es am Wetter. Oder vielleicht an meinen viel zu hoch geschraubten Erwartungen. Ein wenig enttäuscht war ich schon von unserem Tauchgang.
Nachdem mich die Unterwasserwelt auf Martinique schier umgehauen hatte und ich auch von den Leuten dort richtig hin und weg war, hatte ich in der Réserve Cousteau irgendwie mehr erwartet. Ich wollte verzückt und verzaubert werden, wie eine Unterwasserprinzessin. Natürlich war das hier keine kalte Dusche. Es war schon ein echt schöner Tauchgang und sowohl Nicolas an der Rezeption als auch unser Tauchguide Sandro waren super nett. Aber ich erzähle besser von Anfang an.
Das Tauchcenter liegt sehr hübsch auf einem Felsen hinter dem Strand von Malendure. Dieser benachbarte Strand ist leider ziemlich voll mit Glasbodenbooten und Horden von Touristen. Ich hoffe und bete nur, dass nicht Tausende tollpatschiger Touristen die Korallenriffe des Naturparks aus Versehen zertrampeln. Doch sobald wir mit dem Boot ein wenig raus fahren, bin ich beruhigt. Keine Ahnung, wo die Menschen alle sind, aber hier sind sie nicht. Es ist ein angenehm ruhiger Tauchgang und wir sind auch nur mit insgesamt zehn Tauchern unterwegs.
Der marine Naturpark ist nach dem Meeresforscher Jacques Yves Cousteau benannt. Der Franzose mit der roten Wollmütze hat hier Teile seiner Unterwasserfilme gedreht (der größte Teil von „Schweigende Welt“ und „Welt ohne Sonne“ wurde allerdings im Roten Meer gefilmt).
Während Cousteau in den fünfziger Jahren mit seiner Mannschaft ein neues Forschungs-U-Boot testete, entdeckten sie eher durch Zufall die fantastische und sehr empfindliche Unterwasserwelt vor den Îlets Pigeon. Sofort setzte Cousteau höchstpersönlich alle Hebel in Bewegung, um das Gebiet unter Naturschutz zu stellen. 1.000 Hektar Meeresboden umfasst das geschützte Gebiet im Osten Guadeloupes, am Fuße der grünen Vulkaninsel. Auch wenn hier nicht mehr gefischt und keine Muscheln gesucht werden dürfen, hat es ein Weile gedauert, den offiziellen Status des Naturschutzgebiets zu erlangen. Erst seit 2009 können sich die Tiere und Pflanzen hier in Sicherheit fühlen.
Leider hilft aber auch ein solcher Status nicht gegen Hurrikans. Als Maria letzten Herbst durch die Karibik fegte, traf der Sturm genau hier auf Guadeloupe. Die westliche Seite der Insel ist bis jetzt noch sichtbar mehr von Maria getroffen worden, als die östliche Seite. An Land hat die Natur längst begonnen, ihre grünen Pflaster über die abgebrochenen Stämme der Bäume ranken zu lassen. Doch unterhalb der Wasseroberfläche wurden Gräser und Pflanzen einfach aus dem Boden ausgerissen oder komplett vom Sand begraben. Da diese Wasserpflanzen den Schildkröten als Nahrungsgrundlage dienen, haben sich die Tiere aus der Gegend zurückgezogen und suchen ihr Futter anderswo. Doch langsam kommt das Grün bereits wieder durch und die Meeresbewohner kehren zum Fressen in die Réserve Cousteau zurück. Mit ein bisschen Geduld, ist alles bald wieder so bunt und lebendig wie vorher.
Und in der Tat führt uns Sandro in ein paar nette Ecken. Vierundfünfzig Minuten lang sind wir unterwegs. Wegen des heftigen Windes und des schlechten Wetters der letzten Tage ist die Sicht nicht so optimal, wie sie wohl normalerweise ist. Aber wir sehen auch im leicht getrübten Wasser locker an die zehn bis fünfzehn Meter weit. Eine schlecht gelaunte Muräne schlängelt sich vor uns zwischen den Felsen. Kleine, bunte Demoiselles (Korallenbarsche), rote, braune und gefleckte Zackenbarsche, Papageienfische und Meerbarben schwimmen mit uns um die Wette. Sogar ein Feuerfisch (lionfish) hat sich hierher verirrt. Die leben sonst eigentlich gar nicht in der Karibik, sondern eher im Roten Meer oder im Indopazifik. Ein Immigrant-Fisch sozusagen.
Das leicht aufgewühlte Wasser erinnert mich irgendwie an unseren Tauchgang auf Bastimentos. Da hatte es tagelang nur aus Eimern geschüttet, und als wir dann endlich tauchen konnten, war natürlich nichts mit kristallklarem blauen Wasser. Wir mussten auf dem Meeresboden gründeln, um uns nicht zu verlieren.
Hier in der Réserve Cousteau ist es zum Glück längst nicht so schlimm. Außer den vielen Fischen entdecken wir jede Menge Korallen, Gorgonien, Schwämme und Anemonen. Viele der riesigen Steinkorallen sehen wie überdimensionale, bunte Gehirne aus, die den Meeresboden bevölkern. Die Franzosen nennen sie deswegen auch Neptuns Gehirn (cerveau de Neptune). Dazwischen schwimmen immer wieder kleine blaue Dories, die lustigen Paletten-Doktorfische, hin und her.
Nach fast einer Stunde tauchen wir langsam wieder auf. Sandro hat uns netterweise so geführt, dass wir keinen extra Safty-Stop mehr machen müssen. Um nicht drei Minuten auf fünf Metern verharren zu müssen, sind wir schon seit einer Weile langsam, den ansteigenden Meeresboden entlang getaucht und dadurch immer höher gestiegen.
Auf dem Boot wartet anstelle von Ananas und Bananen, wie auf den meisten Tauchbooten üblich, hier in Guadeloupe ein Planteur auf uns! Wie kann es auch anders sein! Aber natürlich ist es ein ganz leichter, für Taucher, mit viel Fruchtsaft und nur einem kleinen Schuss Rum.
Infos Réserve Cousteau
Infos über die Réserve Cousteau gibt es auf der Website des Nationalparks Guadeloupe
PDF zu den Ilets Pigeon
Mehr über den Meeresforscher Cousteau erfahrt Ihr auf dieser Website
Einen ausführlichen Fischführer für die Karibik habe ich hier entdeckt: Fischführer_Karibik
Tauchcenter:
Les Heures Saines
Rocher de Malendure
Pigeon 97125
Guadeloupe
Website: http://www.heures-saines.gp/
Preis für einen Tauchgang ( inkl. Material): 45 Euro
Trotz des eigentlich recht schönen Tauchgangs kommt irgendwie keine richtige Euphorie auf. Während der kurzen Bootsfahrt und auch zurück im Tauchcenter, wenn man eigentlich noch zusammensitzt, einen Kaffee trinkt und das Erlebte noch einmal gemeinsam begeistert durchgeht, wird hier sofort alles eingeräumt und Mittagspause gemacht. Natürlich ist es wichtig, das Material sofort zu waschen und alles aufzuräumen. Aber das machen andere Tauchcenter ja auch.
Hier kommt irgendwie überhaupt kein Kontakt zustande. Liegt es an uns? Freundlich und professionell werden wir und die anderen Tauchgäste aufs Boot und wieder an Land verfrachtet. Die Tauchguides und Lehrer bleiben unter sich. Mittagspause. In wenigen Minuten sind alle verschwunden.
Der Schatz und ich stehen noch kurz dumm rum, ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt. Vermutlich liegt es daran, dass hier einfach mengenmäßig so viele Menschen sind. Schade! Denn ich mag das gemütliche Beisammensein mit anderen Tauchern eigentlich total. Nur zehn Minuten noch kurz quatschen, einen Kaffee trinken, wie wir das aus Thailand, Panama, Mauritius, Spanien oder sonst wo kennen. Manchmal kann man dabei ja auch ein paar gute Tipps von erfahrenen Tauchern kriegen, wie ich meine Tarierung verbessern kann oder wie Michi noch bessere Fotos hinkriegt.
Dabei war Sandro echt nett, und luxuriöserweise schrauben sie einem sogar das Material zusammen, sodass man wirklich gar nichts machen muss. – aber dennoch. Ich hätte lieber selbst geschraubt und dafür nach dem Tauchgang noch einen Kaffee gekriegt und ein paar Geschichten über die Réserve Cousteau erfahren. Ja, ich bin ein Tourist, aber einfach so, Dienstleistung erbracht, bezahlen und weg, finde ich schade. Uns kam es nach Massenabfertigung vor, wie leider an vielen anderen Stellen der Insel auch. Natürlich gibt es auch ein paar wunderschöne, einsame Ecken auf Guadeloupe, aber die findet man eben nicht da, wo viele Touristen sind.
Woran es auch immer gelegen haben mag, am aufgewühlten Meer oder an den vielen Menschen im Tauchcenter – das Tauchen auf Martinique hat mir zehn Mal besser gefallen.
Hinterlasse einen Kommentar