Im Morgengrauen des 19. Juli 1936 besetzten Teile des Militärs die Telefonzentrale in Barcelona. Bereits zwei Tage zuvor hatten ein paar Generäle in anderen Teilen Spaniens versucht, die Regierung zu stürzen. Es war ein Putschversuch der ultrakonservativen Militärs, die die gewählte Regierung der Zweiten Republik in einem Staatsstreich abschaffen wollten. Wie kam es dazu? Was war geschehen?

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Laura ist Geschichtswissenschaftlerin und führt die Besucher heute auf einer etwas anderen Route durch die Altstadt von Barcelona. Bei der Ruta de la Guerra Civil geht es darum, das Alltagsleben der Menschen in Barcelona während des Spanischen Bürgerkriegs zu zeigen. Wie erlebten die Einwohner diese für sie so einschneidende Zeit, die im restlichen Europa eher am Rande beachtet wurde?

Immer wieder während des Spaziergangs hält Laura an, um vor Ort zu erzählen, was hier vor über achtzig Jahren geschah. Sie erzählt, erklärt und liest Berichte von Augenzeugen vor, wie zum Beispiel von Rosa, der Tochter eines Taxifahrers, dessen Taxi von Anarchisten beschlagnahmt wird, um gegen die Faschisten zu kämpfen.

Das zwanzigste Jahrhundert begann in Barcelona mit heftigen sozialen Unruhen. Es war eine Zeit des Umbruchs, der Aufstände und wirtschaftlicher Krisen. Bis 1931 war Spanien noch eine Monarchie. Auf dem Land waren Kirche, Militär und Großgrundbesitzer die Träger der alten Ordnung. Ihnen gegenüber entwickelte sich in Städten wie Barcelona, Bilbao oder Madrid eine starke linke Bewegung, geprägt von Parteien und Gewerkschaften, Sozialisten, Kommunisten und Anarchisten.

Der noch junge König Alfonso XIII war offizielles Staatsoberhaupt, praktisch herrschte jedoch Primo de Rivera als Diktator. Bei den Wahlen am 12. April 1931, bei der auch Frauen erstmals ihre Stimme abgeben durften, errangen progressive linke Kräfte die Mehrheit. Im Chaos der folgenden Tage riefen die republikanischen Kräfte etwas unkoordiniert die Republik aus. Zunächst erklärte Lluis Companys in Barcelona eine katalanische Republik als spanische Teilrepublik. Zwei Tage später am 14. April proklamierte Madrid die Zweite Republik für ganz Spanien. König Alfons XIII, Großvater des später von Franco eingesetzten Königs Juan Carlos, ging freiwillig ins Exil und verschwand von der politischen Bildfläche.

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Die neue republikanische Regierung wollte das „alte“ Spanien gerechter machen. Doch die linken Kräfte waren untereinander so heftig zerstritten, dass es zwar zu einigen revolutionären Neuerungen, aber auch zu vielen heftigen Unruhen kam.

Das Umkrempeln der alten Gesellschaft veränderte in den folgenden Jahren den Alltag der Menschen. Die Frauen durften wählen, Hochzeiten konnten jetzt nur standesamtlich, ohne Zutun der Kirche, stattfinden, der Schulbesuch wurde kostenlos und laizistisch, Mädchen und Jungen wurden gemeinsam unterrichtet. Während bislang die Kleidung als Unterscheidungsmerkmal der wirtschaftlichen und sozialen Klasse gedient hatte, verschwammen diese Grenzen immer mehr. Großgrundbesitzer wurden enteignet und das Land verteilte man an kleine Bauern. In den Fabriken hatten die Gewerkschaften das Sagen. Um gegen die konservativen Führungskräfte in der Hierarchie der katholischen Kirche anzugehen, wurden Gotteshäuser geplündert und verbrannt.

Manchen Spaniern gingen diese Umwälzungen nicht weit genug, sie wollten die Revolution, anderen gingen das bereits Erreichte schon viel zu weit. Die junge spanische Republik war tief gespalten.

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In Barcelona bereitete man sich im Jahre 1936 auf eine antifaschistische Volksolympiade vor, die als Gegenveranstaltung zu den Olympischen Spielen in Berlin ins Leben gerufen worden war. Doch diese Spiele fanden nie statt. Genau an dem Tag, an dem die sportlichen Wettkämpfe beginnen sollten, erreichte der Putschversuch einiger konservativer Generäle Barcelona.

Als die aufständischen Militärs in Barcelona auszogen, um die Telefonzentrale zu besetzen, wurden sie bereits kurz nachdem sie die Kaserne verlassen hatten, gestoppt. Anarchisten, Parteien und Gewerkschaften waren auf den Coup vorbereitet und konnten rechtzeitig ihre Leute mobilisieren. Selbst die Guardia Civil, die sich in Barcelona nicht den Putschisten angeschlossen hatte, half dabei, den konservativen Staatsstreich niederzuschlagen. Das gesamte Volk war in Barcelona auf die Straße gegangen, um sich erfolgreich gegen die Aufständischen zur Wehr zu setzen. Die Menschen feierten ihren Sieg und waren euphorisch. Doch die Freude hielt nicht lange an. Bald schon wurde man sich der Tatsache bewusst, dass in anderen Landesteilen die Putschisten gesiegt hatten. Es war der Beginn eines mehrere Jahre andauernden Bürgerkriegs.

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Anschaulich erklärt Laura die dramatischen Ereignisse dieser ersten Tage und der darauf folgenden Monate. Einer der Punkte auf der Route des Spanischen Bürgerkriegs ist die Plaça de Sant Felip Neri. In der Fassade der Kirche dort sind bis heute die Einschläge der Bomben zu sehen, die auf dem Platz eingeschlagen hatten. Um ihre neuste Technik auszuprobieren, bombardierten Deutsche und Italiener die von Republikanern kontrollierten Gebiete Spaniens. Barcelona wurde jahrelang Opfer schwerster Angriffe der italienischen Luftwaffe.

Die Kirche an der Plaça de Sant Felip Neri stand leer und wurde als Schule eines Waisenhauses genutzt. Unter dem Bombenhagel der italienischen Faschisten starben unschuldige Kinder. Die von Francos Nationalisten verbreitete Erklärung, die Einschüsse stammten von der Hinrichtung der Kirchenmänner durch die Sozialisten, ist schon rein technisch nicht haltbar. Dennoch hat sich diese Version bis heute gehalten und wird immer noch erzählt.

Laura weist auf die anderen Gebäude hin, die den Platz umgeben. Es sind edificis viatgers, „reisende Häuser“, die vor dem Bau der Via Laietana an ganz anderer Stelle der Altstadt gestanden haben. Um einige der alten Paläste zu retten, die beim Abriss ganzer Straßenzüge des barri de la catedral der neuen Straße weichen mussten, baute man die Häuser einfach an anderen Stellen wieder auf. Die durch Bombeneinschläge entstandenen Löcher der Altstadt waren dafür natürlich der geeignete Platz. Und so füllte man in den 50er Jahren auch an der Plaça de Sant Felip Neri die während des Bürgerkriegs entstandenen Lücken mit den neuen, alten Häusern.

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Auf unserer Route kommen wir an vielen Gebäuden vorbei, die während des Spanischen Bürgerkrieges eine bedeutende Rolle spielten. Barcelona war der gewählten republikanischen Regierung treu geblieben, doch es gab schwere Auseinandersetzungen der linken Kräfte untereinander. Da die kommunistische Partei in der Sowjetunion nicht an einer Revolution in Spanien interessiert war, vertraten die Kommunisten in Barcelona eine fast schon konservative Position. Im Mai 1937 standen sich die starken anarchistischen Kräfte und die Kräfte der  regierenden Koalition aus Sozialisten und Kommunisten sogar kämpfend gegenüber.

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bomben

Wir kommen am Sitz der Gewerkschaften vorbei und an der Metrostation, in die sich die Menschen im Zentrum Barcelonas vor dem Bombenhagel flüchten mussten. Bunker gab es in der Altstadt einfach nicht genug und so mussten sich die Einwohner mit einfachsten Mitteln schützen, so gut sie eben konnten. Doch die Bomben fielen nicht nur tagsüber. Auch nachts mussten die Menschen in der abgedunkelten Stadt um ihr Leben fürchten. Am 15. März 1938 gab Mussollini schließlich sogar den Befehl Barcelona vierzig unendlich lange Stunden unter Dauerfeuer zu stellen. Ohne Unterbrechung fielen die Bomben auf die Stadt. Die Piloten fotografierten die Einschläge, um die bisher ungetestete Wirkung ihrer Waffen zu dokumentieren. Vor dem Teatre Coliseum erinnert ein Mahnmal an den Bombenhagel, das Flammenmeer und die vielen unschuldigen Opfer.

Während die italienischen Truppen Barcelona bombardierten, gingen die deutschen Bomber gnadenlos und grausam gegen die Zivilbevölkerung im Baskenland vor. Traurige Szenen spielten sich auch an der Grenze zu Frankreich ab. Selbst die endlosen Schlangen der Flüchtenden wurden bombardiert. Als 1939 die Truppen Francos gesiegt hatten, waren alle republikanischen Kräfte entweder ins Ausland geflohen, hingerichtet oder auf mysteriöse Weise verschwunden. Am 1. April 1939 endet der Spanische Bürgerkrieg mit dem Siege Francos.

Spanischer Bürgerkrieg in Barcelona – Infos

Die geführte Route zum Thema Spanischer Bürgerkrieg in Barcelona könnt Ihr bei www.cultruta.com als private Tour auf Englisch oder Deutsch buchen. Natürlich habe ich hier nicht alles verraten, denn Du sollst ja selbst noch diese ganz andere Seite der Stadt entdecken. Neben den Einblicken in das Privatleben der Menschen während des Bürgerkriegs, findest Du auf der Website noch andere originelle und sehr spannende Touren durch die Stadt. Auf Anfrage gibt es auch ganz individuell für Dich zusammengestellte Routen!

CultRuta
Carrer Estruc, 10
08002 Barcelona
Tel: +34 931651472

Dieser Spaziergang wirft ein ganz anderes Bild auf Barcelona, als die typischen Routen des Mittelalters oder des Modernisme. Die Zeit der Guerra Civil war eine traurige, aber sehr bedeutende Zeit in der Geschichte der Stadt. Im Internet sind die besten Seiten zu diesem Thema nur auf Spanisch oder Katalanisch zu finden. Mein Lesetipp sind daher zwei Klassiker, die Du auch auf Deutsch überall findest:

  • George Orwell: Mein Katalonien  (Bericht über den Spanischen Bürgerkrieg)
    und
  • Hans Markus Enzensberger: Der kurze Sommer der Anarchie

Interessant ist auch ein Besuch des Espai Memorial auf dem Cementiri del Montjuïc. Besonders spannend finde ich dabei auch die Rolle der Frauen. Damit meine ich nicht nur bekannte Gesichter wie Marina Ginestà oder die Anarchistin Federica Montseny, sondern auch den Umgang sowohl der Anarchisten und Kommunisten als auch der Nationalisten mit den Frauen in ihren Reihen. Welche Rolle spielten die Frauen in der jeweiligen Weltanschauung? Welchen Anteil hatten sie am Geschehen? Aber das ist vermutlich noch mal ein ganz anderes Thema, zu dem ich hoffentlich demnächst noch mehr schreiben werde.

lesetipps

Hinweis: Zu der Route wurde ich eingeladen. Die hier dargestellten Ansichten sind davon unberührt.