Entlang des alten Pilgerwegs, der einst zu den Überresten des Heiligen Vincent führte, hat man vor einigen Jahren einen neuen Fernwanderweg angelegt. Quer durch die Algarve geht die Via Algarviana von der spanischen Grenze bis zum Cabo de São Vicente, dem südwestlichsten Punkt Europas. Da man nicht mehr so ganz genau nachvollziehen konnte, welche Route die Pilger vor vielen Jahrhunderten genommen haben, legte man den neuen Wanderweg so an, dass er an viele historisch interessante Plätze führt. Auf der Via Algarviana soll dadurch das Erleben der Natur mit dem Eintauchen in die Kultur verbunden werden.

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Wenn Du das Wandern nicht bloß als rein sportliche Aktivität angehen willst, findest Du entlang des GR 13 jede Menge Gelegenheiten, schöne Dörfer zu entdecken und nette Menschen kennenzulernen.

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Via Algarviana mit Bruno

Eigentlich ist Bruno Trailrunner. Jede freie Minute verbringt er laufend oder zumindest wandernd, oft sogar mit seinem Töchterchen. Gemütlich auf dem Sofa sitzend, kann ich ihn mir wirklich nicht vorstellen. Während unserer Wanderung auf der Via Algarviana erzählt er uns nicht nur die Legende des São Vicente, die ja zur Entstehung dieser Wanderroute führte. Von Haus aus Geologe erklärt uns Bruno auch die Pflanzen am Wegesrand und die Steine.

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Zu meiner großen Überraschung erfahre ich so auch, dass die Algarve viel näher mit Amerika, als mit Afrika verwandt ist, geologisch gesehen jedenfalls. Bruno erklärt, wie sich seit vielen Millionen Jahren die Kontinentalplatten der Erdteile verschieben, denn Ozeane bilden sich, Kontinente entstehen und zerfallen wieder. Die hügelige Gegend, die wir gerade durchwandern, ist dadurch entstanden, dass sich an dieser Stelle die afrikanische Platte unter die europäische schiebt. Dadurch faltet sich die Landschaft, Berge entstehen. Die höchste Erhebung der Algarve, der Fóia bei Monchique, ist also ursprünglich unter Wasser geboren und erhebt sich nun bereits 900 m über dem Meeresspiegel.

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Als wir an einer Gruppe Korkeichen vorbei kommen, erklärt Bruno die Bedeutung dieser für die Region so wichtigen Bäume. In Portugal stehen die Korkeichen nämlich unter ganz besonderem Schutz und dürfen nicht mehr gefällt werden. Auch heute noch haben viele Familien ein paar dieser sehr langsam wachsenden Bäume, die sie alle paar Jahre von einem Profi „schälen“ lassen. Nur ungefähr alle neun Jahre kann die äußerste Korkschicht des Baumes entfernt und verkauft werden. So lange braucht der Baum, um sich zu regenerieren und eine neue Rinde zu bilden.

Doch diese Bäume sind nicht nur für die Korkindustrie wichtig. Die dicke Korkschicht ist eigentlich ein von der Natur eingebauter Brandschutz des Baumes. Während der nicht-einheimische aber für die Papierindustrie sehr wichtige Eukalyptus brennt wie Zunder, kann sich ein Feuer rund um eine Korkeiche nicht so schnell ausbreiten. Der Baum wirkt fast schon wie eine Art Brandschutzmauer. Natürlich ist er nicht unbrennbar, aber die dicke Korkrinde schützt den verletzlichen Stamm und verhindert die schnelle unkontrollierte Ausbreitung eines Feuers.

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An einem grünen, buschartigen Bäumchen entdecken wir rot, gelb und orange leuchtende Kugeln. Die kleinen stacheligen Beeren sind die Früchte des medronheiro, des Erdbeerbäumchens. Jetzt im Winter ist Erntezeit der Medronhos. Bemerkenswert an diesem Bäumchen ist nicht nur seine späte Blütezeit im Herbst, kurz vor Weihnachten. Auch dass die lustigen Beeren gleichzeitig mit den Blüten wachsen, ist eigentlich eher ungewöhnlich. Da die kleinen Erdbeerkugeln aber nicht alle zur gleichen Zeit reifen, kann man pro Tag nur wenige Früchte ernten. Man muss regelmäßig wiederkommen und die genießbaren Medronhos herauspicken. Eine relativ zeitaufwendige Ernte.

 reife medronho erdbeerbaum

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Neugierig wie ich bin, probiere ich natürlich eine reife, rote Beere. Eigentlich schmeckt der Medronho ziemlich lecker. Er ist süß und fruchtig und durch die stachelartige Haut ein wenig körnig. Hier an der Algarve nutzt man die Früchte vor allen, um daraus Schnaps zu brennen. Der klassische Medronho ist ein klarer, ziemlich hochprozentiger Obstschnaps. Früher zogen sich die Männer im Winter gern zurück, um gemeinsam und ganz in Ruhe ihren eigenen Medronho zu brennen. Aufgrund der modernen Hygienevorschriften ist heutzutage das Brennen nicht mehr ganz so verbreitet wie früher. Doch es gibt noch immer viele Familien, die eine eigene Lizenz zur Medronho Herstellung haben.

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Gegen Mittag kehren wir zum Essen in ein kleines rustikales Restaurant ein. Die Via Algarviana ist so gelegt, dass alle rund zwanzig Kilometer mindestens eine Herberge für die Wanderer zu finden ist. Neben viel Wild, das laut Bruno sehr typisch für die Gegend ist, gibt es leckere Migas mit Kabeljau und viel Cilantro. Und natürlich müssen wir hier auch den hausgemachten Medronho kosten.
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Altes Handwerk mit Vanessa

Am Nachmittag treffen wir Vanessa in der Nähe der Fonte Benemola. Vor ein paar Jahren hat sie eine ganz besondere Ausbildung gemacht. Im Rahmen eines Projekts (Tasa*) lernte sie althergebrachte Techniken zur Verarbeitung von natürlichen Pflanzenfasern, wie Bambus, Esparto oder Palmenblättern. Viele der alten Handwerkstraditionen, wie das Flechten von Körben, werden so von einer Generation zur nächsten weitergegeben und gehen nicht verloren.

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Heute basteln wir mit Vanessa etwas aus Bambus. In dem Behälter, oder Memory Stick wie Vanessa ihn nennt, kann man unterwegs gesammelte Kräuter oder Samen aufbewahren. Oder natürlich andere kleine Dinge, vorausgesetzt, sie sind nicht flüssig, denn wasserdicht ist unser Bambustäschchen nicht. Im Gegenteil, der Bambus saugt Wasser sogar auf. Eine Fähigkeit, die sich Vanessa manchmal bei ihrer Arbeit zunutze macht, denn vollgesogen sind viele Pflanzen wesentlich biegbarer, als in trockenem Zustand.

So sägen und schleifen wir eine Weile und schon nach einer Stunde haben wir ein ganz persönliches Andenken aus der Natur fertig gebastelt.

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Trilho do Fóia mit Diana

Die höchste Erhebung der Algarve ist der Fóia in der Nähe von Monchique. Auf einer Aussichtsplattform in 902 Metern Höhe bietet sich ein toller Blick über die gesamte Küste. Hier treffen wir Diana, die mit uns ein Stück auf dem Trilho do Fóia bis nach Monchique hinab wandert.

Weit vor uns an der Küste kann ich das Flussdelta des Rio Arade erkennen. Daneben liegt Portimão und etwas weiter Lagos, das im vierzehnten Jahrhundert Silves als Hauptstadt ablöste. Wegen des besser erreichbaren Hafens machte König Dom Alfonso IV Lagos zum neuen Zentrum seines Reiches. Unter Heinrich dem Seefahrer stachen im fünfzehnten Jahrhundert von diesem Ufer aus unzählige Expeditionen in See. Die portugiesische Flotte umsegelte die Ozeane der ganzen Welt, erforschte und eroberte fremde Länder auf fernen Kontinenten.

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Während wir so bergab ins Dorf wandern, unterhält uns Diana mit lustigen Anekdoten und zeigt uns am Rande der gut ausgeschilderten Wege die einheimischen Pflanzen. Neben Korkeichen und Erbeerbäumchen wachsen hier junge Eukalyptuspflanzen. Der ursprünglich aus Australien stammende Eukalyptus ist zwar bei der Papierindustrie sehr beliebt, gilt aber als sehr invasive Pflanzen. Wo ein Eukalyptus wächst, sterben die einheimischen Pflanzen in der Nähe, denn der australische Einwanderer zieht sämtliche Nährstoffe aus dem Boden. Im Gegensatz zum ausgewachsenen Eukalytpusbaum sind die Blätter der jungen Pflanze weißlich gefärbt und enthalten ein duftendes Öl.

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Ein anderes buschartiges Gewächs, dessen Blätter noch mehr duften, als der junge Eukalytpus ist die Esteva, auf Deutsch die Zistrose. Angeblich sollen schon im alten Ägypten die Menschen Gefallen an dem harzigen Duft dieser Blätter gefunden haben.  

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Nach unserer Wanderung vom Monchique herab, begleitet uns Diana zu einer kleinen Medronho-Destillerie. In dem Familienbetrieb wird der Medronho noch wie früher gebrannt. Neben dem traditionellen klaren Obstschnaps gibt es hier auch eine gelbliche Version, die mit Zitronenschale, Zimt und Honig gemacht wird. Das ist der Melosa, ein nicht ganz so hochprozentiger „Fruchtsaft“, der leicht süßlich schmeckt und an einen Likör erinnert.

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Das Hotel Vila Monte

Schon früh am Morgen, noch bevor die Sonne aufgeht, bin ich unterwegs. Ungern nur verlasse ich mein kuscheliges Bett und mein ganz in Brautkleidweiß gehaltenes Zimmer. Aber ich will mir unbedingt die riesige Anlage des Hotels genauer ansehen. Als ich gestern Abend ankam, war es bereits dunkel. Im Kamin an der Rezeption und auch vor dem Gebäude, in dem sich mein Zimmer befindet, brannten gemütliche Feuer, aber es war stockdunkel. Nur die Sterne leuchteten am Himmel.

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Jetzt am Morgen piepen und zwitschern die Vögel fast wie im Urwald. Dabei ist es noch nicht einmal richtig hell. Erst als die ersten Sonnenstrahlen auf die grünen Rasenflächen fallen, verstummen die gefiederten Plappermäulchen langsam wieder.

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Während „mein“ Hoteltrakt im marokkanisch-andalusischen Stil gehalten ist und jetzt bei Tageslicht an die Märchen aus Tausendundeiner Nacht erinnert, stoße ich bei meinem Spaziergang auf eine mehr japanisch anmutende Ecke der Parkanlage. Eine weiße Brücke führt dort über einen Teich, in dem tatsächlich auch ein paar dicke, rot und golden glitzernde Koi Karpfen schwimmen!

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Frühstück gibt es in dem Restaurant am Ende des kleinen Orangenhains. Hinter einer üppig grünen Insel aus tropischen anmutenden Pflanzen in der Mitte des hohen Saals, warten schon leckere Croissants, Natas, Brot, frisches Obst und Müsli auf die Gäste. Abendessen mit saisonalen Produkten aus der Saison wird im Restaurant nahe der Rezeption serviert.

Infos rund um die Via Algarviana

Was ich beim Wandern an der Algarve gelernt habe:
Drei der wichtigsten Pflanzen der Algarve sind also Medronheiro (Erdbeerbäumchen), Sobreiro (Korkeiche) und  Alfarrobeira oder Carobe (Johannisbrotbaum), die „Schokolade“ der Algarve (aber darüber mehr ein anderes Mal). Medronhos, auf Spanisch Madroño, kommen im gesamten Mittelmeerraum vor. Mitten in Madrid, auf der Plaza del Sol, erinnert sogar ein Früchte naschender Bär an diesen Baum aus dem Wappen der Stadt.

  • Via Algarvianaoffzielle Website
  • Bruno organisiert neben den Wandertouren auch Trail Running auf der Via Algarviana. Mit Proactivetur.pt kümmert er sich auch um kulturelle Aktivitäten am Wegesrand, wie die kreativen Workshops mit Vanessa. Einmal im Jahr gibt es an der Algarve sogar ein Wanderfestival, das Ameixial www.wfameixial.qrer.pt
  • Mehr Infos zu den kreativen Workshops und über das Projecto Tasa findest Du hier projectotasa.com
  • Diana organisiert Gruppenreisen und Events und begleitet sie als Privatguide mit pt4u.pt

Restaurant Ti Bia
Barranco do Velho
8100-159 Loulé
GPS: 37°14’25.8″N 7°56’14.7″W
Website:  www.atiabia.com

Das Restaurant Ti Bia liegt auf der Etappe von Barranco do Velho. Neben der sehr leckeren regionalen Küche bieten sie auch Zimmer für die Nacht an.

Hotel Vila Monte Farm House
Sitio dos Caliços
8700-069 Moncarapacho
Website: www.vilamonte.com

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Das Vier Sterne Hotel organisiert für seine Gäste auch Wandertouren, Workshops, Mindful- und Yoga-Retreats, Weinverkostungen und sogar Kochkurse. Infos zu den wechselnden Aktivitäten findest Du auf der Website.

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Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise. Meine Begeisterung ist davon wie immer unbeeinflusst und beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen.