Genau das habe ich die ganze Zeit über gesucht! Der Alcázar in Sevilla ist ein Palast wie aus den Märchen von Tausendundeiner Nacht. Zugegeben, am Eingang mit dem großen Löwentor sieht man nicht unbedingt was einen drinnen erwartet. Es geht über einen Hof, und noch einen Hof, durch einen Gang, um eine Ecke, und dann steht man mittendrin in den maurischen Hallen. Die farbenprächtigen Mosaike allein hauen einen schon um, aber dazu diese verschnörkelten Verzierungen und Bögen – ich bin mal wieder verzaubert. Und dann diese Wasserbecken, die sich wie eine Lebensader durch den Palast ziehen. Es ist einfach nur unglaublich schön.
Den Audioguide hätte ich mir allerdings sparen können. Irgendwie kriege ich kaum etwas mit, von dem, was mir die Stimmen da ins Ohr flüstern. Es sind ziemliche viele Reisegruppen unterwegs und die Führer erklären ihren Zuhörern in den diversen Sprachen der Welt, was es da gerade zu sehen gibt. Ich überlege kurz, ob ich mir besser auch einen Guide suchen sollte für diese Tour, aber eigentlich finde ich Gruppen immer sehr hinderlich. Beim Zuhören, beim Fotografieren, beim Genießen, bei allem. Ein Einheimischer als persönlicher Führer wäre natürlich das Beste, aber den kann ich so schnell nicht auftreiben. Schade. So wandere ich also etwas führungslos durch die einzelnen Säle, gucke nach oben, nach unten, nach rechts und links, und entdecke überall wundervolle Details zum Verlieben.
Egal welchen Weg ich einschlage, welchen neuen Raum ich betrete, immer scheine ich einen Blick auf den kleinen Wasserlauf im Patio de las Doncellas zu haben. Ich kann kaum zwischen innen und außen trennen, so fließend und harmonisch gehen hier drinnen und draußen ineinander über. Einer dieser halb offenen Räume heißt Puppenhof, Patio de muñecas. Natürlich ist weit und breit keine Puppe zu sehen. Überhaupt gibt es hier keine Stehrümchen, nicht einmal Möbel. Wenn es welche gab, hat man sie wohl entfernt, damit sie nicht von den Besuchern umgerempelt werden. Dabei ist die Besucherzahl hier begrenzt! Wenn es voll ist, kommt man nicht mehr rein. (Ich glaube die zulässige Anzahl liegt bei 750 oder so. Als Carmen und ich heute Morgen um halb zehn angekommen sind, konnten wir problemlos hereingehen, ohne Schlange zu stehen.) Jedenfalls erzählt mir die Stimme im Kopfhörer etwas von kleinen Puppengesichtern, die hier irgendwo versteckt sein sollen und dem Saal den Namen geben. Ich suche also. Ungelogen bestimmt zehn Minuten brauche ich, bis ich an einer Säule ganz versteckt, zwei kleinen Gesichtchen erkennen kann.
Um das siebte Jahrhundert herum herrschten nach den Römern zunächst die Visigoten auf weiten Teilen der Iberischen Halbinsel. Im achten Jahrhundert kämpften Araber und Visigothen (auf Deutsch oft auch Westgoten genannt) um die Vorherrschaft in der Gegend. Schnell überrollten die Mauren die visigothischen Siedlungen. Toledo war schon bald gefallen, kurze Zeit danach fiel auch Sevilla in die Hände der Eroberer. Die Visigothen zogen sich immer weiter zurück. Al-Andalus, das Emirat von Cordoba, prägte von nun an für mehrere Jahrhunderte die Kultur im Süden des heutigen Spaniens. Wie alle Worte, die im Spanischen mit al beginnen, ist auch der Name Alcázar arabischen Ursprungs. “qasr“ bedeutet Festung oder Schloss und „al“ ist im Arabischen ein Artikel.
Eine erste Festung bauten die Mauren an der Stelle des Alcázar offenbar schon im achten Jahrhundert. In den folgenden Jahrzehnten erweiterten verschiedene Herrscher den Bau zu einem prächtigen Palast. Ungefähr zur selben Zeit, gegen Ende des neunten Jahrhunderts, entstand auch die Alhambra in Granada. Nach der Reconquista durch die katholischen Könige blieb der Palast an sich erhalten, wurde aber um gotische, später dann auch um barocke und Renaissance Elemente erweitert. Ein wahrer Kessel Buntes der Kunstepochen. Mir gefällt eindeutig der leichte und verspielt wirkende Mujédar Stil am besten.
Noch heute gehört die gesamte Anlage dem spanischen Königshaus. Hier wohnt die königliche Familie, wenn sie gerade mal in Sevilla weilt.
Durch eine Tür scheint grünes Licht herein. Als ich nachsehe, wohin diese Pforte führt, komme ich allerdings nicht in einen Dschungel, wie es zuerst scheint. Das wäre ja auch zu schön gewesen. Ich stehe in einen kleinen, eher unscheinbaren Garten. Von hier aus geht es labyrinthartig weiter in den großen Garten des Alcázar. Aus einem Rohr auf dem Dach fällt in hohem Bogen ein Wasserstrahl in einen kleinen Teich. Mitten in dem Becken steht ein kleiner Merkur. Wenn man bedenkt, wie kostbar Wasser damals gewesen sein muss – der wahre Luxus. Das Wasser kam direkt aus den römischen Aquädukten hierher, um die edlen Gärten zu bewässern. An der Seite führt eine Galerie bis zum Ende des weitläufigen Geländes. Ich suche eine Treppe, um auf die Galerie zu gelangen und spaziere hoch oben, mit Blick auf den Garten, durch den endlos scheinenden Flur im Freien. Keine Ahnung, ob es am Wassermangel oder an akutem Gärtnermangel liegt, aber so richtig prächtig und beeindruckend würde ich die Gärten nicht mehr nennen. Allerdings ganz am Ende ankommend, wenn man einen Blick zurück Richtung Palast wirft, sieht es schon schön aus. Es gibt noch einzelne Stellen, die an frühere Pracht erinnern, aber insgesamt hatten da im Laufe der Jahrhunderte wohl zu viele Gartenarchitekten ihre Finger im Spiel und zu wenige Gärtner kümmern sich heute um die Beete.
Dann entdecke ich ein kleines Haus, aus dem ein winziges Wasserbächlein fließt. Es ist ganz quadratisch. Leider kann man nicht rein, aber drinnen sehe ich Bewegung. Also schiele ich vorsichtig durch einen Schlitz in der Tür. Da sind zwei Fotografen bei der Arbeit. Es sieht jedoch eher nach technischen Messungen als nach einem künstlerischen Projekt aus, was die zwei da treiben. Vielleicht muss der kleine Bau restauriert werden. Schade, dass ich ihn nicht von innen sehen kann, aber Restaurieren ist wichtig. Solche Schätze muss man pflegen.
An einem einzigen kleinen Busch blüht noch der letzte Jasmin. Es duftet jedenfalls nach Jasmin. Ich muss an Claudi denken, die im Frühjahr in Sevilla war und vom Blumenduft hier geschwärmt hat. Im Herbst riecht es eher nach Tapas und leckerem Essen. Aber zu dieser Zeit blüht ja auch nichts mehr.
Nützliche Infos:
Website: www.alcazarsevilla.org
mehr Infos: ganz unten, nach den Bildern!
Alcázar Sevilla Öffnungszeiten:
im Winter, Oktober bis März: täglich von 9.30 Uhr bis 17.00 Uhr
im Sommer, April bis September: täglich von 9.30 Uhr bis 19.00 Uhr
Alcázar Sevilla Eintritt:
Normaler Eintritt (ohne das Cuarto Real oben): 9,50 Euro für Erwachsene
Rentner und Studenten (17 bis 25 Jahre): 2 Euro
Menschen mit Behinderungen, Kinder unter 16 Jahren: Eintritt frei
Leute, die in Sevilla leben oder dort geobren sind zahlen übrigens auch keinen Eintritt!
Eintritt Cuarto Real : 4,50 Euro
EINTRITT FREI:
In der letzten Stunde vor Schließung ist übrigens jeden Montag der Eintritt kostenlos!
(Montags zwischen 18 und 19 Uhr im Sommer und zwischen 16 und 17 Uhr im Winter)
Disclaimer: Das Apartment in Sevilla wurde uns von Only-apartments zur Verfügung gestellt – vielen Dank! Die hier dargestellte Meinung ist davon unabhängig und beruht einzig und allein auf unseren persönlichen Erfahrungen.
Wunderschön! Ich war noch nicht dort, muß ich noch unbedingt sehen.
Liebe Grüße
Hallo Flögi! Unbedingt!!!! Es ist echt traumhaft. Und Du wirst sicher super Fotos dort machen können!
LG
Nicole
Hallo Nicole,
das klingt nach einem Tipp für eine Städtereise über das Wochenende. Leider hatte ich vor vielen Jahren keine Zeit in Sevilla, da es gleich weiter ging. Sehe schon dass ich mir dies merken muss.
Lg Thomas
Hallo Thomas!
Auf alle Fälle! Ich plane schon eine Andalusien-Rundreise für das nächste Jahr! 🙂
LG
Nicole