Wales ist ein mythisches kleines Land voller Burgen und Legenden. Kelten und Normannen, Angeln und Sachsen, und auch die Wikinger kamen hierher und prägten den Westen der britischen Insel über die Jahrhunderte hinweg.
Land der Legenden:
Lange bevor die Römer die Inseln eroberten, lebten verschiedene keltische Stämme im heutigen Großbritannien. Mehrere Jahrhunderte lang versuchten die Römer vergeblich die Druidenvölker zu unterwerfen, wie sie das ja bereits erfolgreich mit weiten Teilen Europas gemacht hatten. Aber die Kelten leisteten hartnäckigen Widerstand. Erst als die Römer langsam abzogen und immer mehr Wikinger, vor allem aber Sachsen, sich auf der Insel ansiedelten und die Ländereien eroberten, wurden die keltischen Völker in den Westen zurückgedrängt.
Pentre Ifan – megalithische Grabkammer in Wales. Aus den Preseli Hills stammen auch die Steine von Stonhenge
Keltische Hütte, Nachbau im St. Fagans Museum, Cardiff
Im frühen Mittelalter beherrschten dann bereits die germanischen Stämme der Angeln und der Sachsen die Britischen Inseln. Aus Irland kamen viele Missionare, wie Saint David, der Nationalheilige, und bekehrten die Kelten zum Christentum.
Obwohl die Druiden längst besiegt und ihr Wissen in Vergessenheit geraten war, hielt sich die keltische Kultur auf dem Gebiet des heutigen Wales noch weitere Jahrhunderte. Dank der Übersetzung der Bibel ins Walisische, wurde mit der Sprache auch ein wichtiger Teil der walisischen Kultur bewahrt. So gab es im Mittelalter noch drei Reiche, die von keltisch-walisischen Fürsten beherrscht wurden, nämlich Gwynedd, Powys und Deheubarth.
Llywelyn der Große – Prince of Wales
Llywelyn war Herrscher der Gwynedd, des größten verbliebenen walisischen Reichs, das sich zu Beginn des dreizehnten Jahrhunderts noch immer gegen die Eroberung durch die Engländer zur Wehr setzte. Llywelyn heiratete die uneheliche Tochter Joan des englischen Königs John aus dem Geschlecht der Plantagenêts. John war seinem Bruder Richard Löwenherz auf den Thron gefolgt, als dieser ohne Nachkommen zu hinterlassen, gestorben war. Die englischen Könige aus der Dynastie der Plantagenêts waren im zwölften Jahrhundert mächtige Herrscher. Sie waren gleichzeitig auch Grafen von Anjou und Herzöge von Aquitanien.
Laugharne Castle – von Llywelyn ap Gruffudd erobert
Carew Castle – an dieser Stelle siedelten bereits die Kelten
Ursprünglich gehörten nur die nördlichen Gebiete Wales‘ zu Llywelyns Reich. Nach dem Tode King Johns wußte sich Llwelyn auch mit dessen Nachfolger Henry III zu arrangieren. Durch geschickte Taktik und erfolgreiche Kämpfe eroberte der walisische Fürst bald auch die Fürstentümer im Süden. Als alleiniger Herrscher ernannte sich Llywelyn schließlich selbst zum Prince of Wales.
Obwohl er zu Lebzeiten alles tat, um das Reich der walisischen Stämme zu einen, fiel es bereits zwei Generationen nach seinem Tode an die englische Krone. Dafydd, ehelicher Sohn des Llywelyn und sein offizieller Thronfolger, starb ohne Nachkommen hinterlassen zu haben. Gruffydd, der uneheliche Sohn Llywelyns, war bereits tot, als Dafydd starb. Anders als sein Halbbruder hinterließ Gruffydd aber zwei Söhne, nämlich Owain und Llywelyn, die nun also das Erbe des großen Llywelyn antreten mussten.
Llywelyn ap Gruffudd war schließlich derjenige, der den Platz seines Großvaters und auch den Titel eines Prince of Wales übernahm. Als nach dem Tode King Henrys III sein Sohn Edward I den Thron bestieg, war die bis dahin duldende Atmosphäre zwischen englischen und walisischen Herrschern jedoch vorbei. Es gab Ärger, als Llywelyn nicht zur Krönung erschien und den jungen Edward nicht als das neue Oberhaupt Englands und damit auch nicht als seinen Herren anerkannte. King Edward tobte vor Wut. Schließlich fiel er mit seinen Truppen in Wales ein und eroberte Llywelyns Reich. Erbitterte Kämpfe und Schlachten zogen sich über Jahrzehnte hin, ohne dass eine Seite die Oberhand gewann. Als „Andenken“ erinnern noch heute zahlreiche Burgen in Wales an diese Epoche.
Caernarfon Castle – eine der mächtigen Festungen, die Edward an der Grenze zu Wales errichten liess
Der Norden mit seinen dichten Wäldern, vor allem die Insel Anglesey, wurde zum scheinbar uneinnehmbaren Rückzugsgebiet der Waliser. Doch dann änderte Edward seine Taktik und griff statt von Land plötzlich von See her an. So besiegte er auch diese letzte Bastion der walisischen Fürsten. Llywelyn war der letzte Prinz von Wales. Als er in der Schlacht starb, starb mit ihm gegen Ende des dreizehnten Jahrhunderts auch das Geschlecht der walisischen Herrscherfamilie. Der siegreiche Edward machte sämtliche Burgen der walisischen Adeligen und Stammesführer dem Erdboden gleich und tilgte die Blutlinie der Fürstenfamilie. Den Titel Prince of Wales verlieh er seinem erstgeborenen Sohn. Seither trägt jeder erstgeborene Sohn eines englischen Königs diesen Titel, der eigentlich längst nichts mehr mit den Walisern zu tun hat.
Glydŵr, der walisische William Wallace
Lange Zeit wurde es still in Wales. Erst im fünfzehnten Jahrhundert sorgte ein Rebell dafür, dass sich die englischen Könige erneut an dieses unbeugsame Völkchen im Westen erinnerten.
Nach dem Sieg Edwards I. waren die meisten Waliser sehr arm. Sie durften keine Landgüter oder Burgen besitzen, keine Waffen tragen oder wichtige Ämter bekleiden. Nur wenige Familien konnten sich einen gewissen Wohlstand, wie zum Beispiel ein eigenes Haus leisten. Nur wer sich den Engländern anpasste und sich auf besondere Vereinbarungen einließ, durfte Hab und Gut erwerben und behalten. Einer dieser Waliser, die sich auf eine solche Abmachung mit den Engländern eingelassen hatte, war Gruffydd, Lord von Glyndyfrdwy, Vater des jungen Owain ap Gruffydd. Seine Familie gehörte zu einem der alten walisischen Herrschaftsgeschlechter, die bei der Eroberung von Wales ihre Unabhängigkeit und die meisten ihrer Länder verloren hatten. Doch das Gut Glyndyfrdwy war nach wie vor im Besitz der Familie und Gruffydd hatte sich mit den Engländern arrangiert. Er schickte seinen Sohn sogar nach London, damit dieser dort Jura zu studieren konnte. Der junge Owain war also ein angepasster Waliser, studierte brav und arbeitete viele Jahre als Anwalt in London.
Owain Glydŵr Statue in Corwen
Ruthin oder Ruthun Castle ist heute in Hotel
Erst viele Jahre später, als reifer Mann, kehrte Owain in seine Heimat zurück. Jedoch musste er schon bald feststellen, dass sich ein gewisser Reginald, Lord Grey of Rhuthun, in den Jahren seiner Abwesenheit die Ländereien seines Vaters angeeignet hatte. Statt die Unrechtmäßigkeit zuzugeben, beschuldigte der Engländer seinerseits Owain ein Verräter zu sein. Diese dreiste Rechtsverletzung konnte Owain nicht auf sich sitzenlassen. Er wollte Anklage gegen den unehrlichen Lord erheben und erwartete, dass das Gericht ihm Recht gäbe. Doch zu seinem Entsetzen kam es nicht einmal zu einer Anklage. Sein Fall wurde in etwa mit den Worten abgelehnt „Was kümmert uns das Gerede eines barfüßigen, walisischen Hundes“. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Owain kochte vor Wut über diese Art der Behandlung.
Lange Jahre hatte sich in der Bevölkerung der Unmut aufgestaut. Zahllose ähnliche Vorfälle und Ungerechtigkeiten hatten sich angehäuft. Es war, als hätte man nur auf einen Führer gewartet. Schnell sammelten sich die Menschen in Scharen um Owain Glydŵr und schon bald hatte er eine ganze Truppe versammelt. Ein neuer Held war geboren.
Glydŵr griff die Burg des Lord Rhuthun an und brannte den Besitz nieder. Von nun an zog er durch ganz Wales und vertrieb die Engländer, wo immer es ihm möglich war. Überall schlossen sich die Menschen seinen Truppen an und feierten ihn als Helden. 1401 berief Owain Glydŵr in dem kleinen Ort Machynlleth schließlich eine Volksversammlung ein, das erste walisische Parlament, und ließ sich selbst zum Fürsten von Wales ernennen. Machynlleth war das Zentrum seiner Macht, ein geschichtsträchtiger Ort, für viele Waliser ist es noch heute die „Hauptstadt der Herzen“.
das erste Parlament in Machynlleth
Doch nach vielen Schlachten und Jahren des Widerstands siegten die Engländer schließlich. Wann und wo genau der große Glydŵr starb, weiß man nicht. Aber gerade dieses Nichtwissen führte zur Entstehung neuer Mythen und Legenden …
Carew Castle – Angeblich soll King John auf seinem Weg nach Pembroke diese Burg besucht haben
Carew Castle
Laugharne Castle – Llywelyn ap Gruffydd eroberte und zerstörte die Burg im dreizehnten Jahrhundert
Laugharne Castle
Mehr Infos zu den Burgen in Wales:
Die meisten walisischen Burgen entstanden an Orten, an denen bereits die Kelten gesiedelt hatten. Oft wurden die Festungen auf früheren Siedlungen der Normannen errichtet. Im Laufe der Jahrhunderte wurden viele der Burgen in Wales erobert, zerstört, wieder aufgebaut und umgebaut. Manchmal sind nur noch die Ruinen erhalten.
Carew Castle: www.pembrokeshirecoast.org.uk
Ruthin Castle: www.ruthincastle.co.uk
Machynlleth: www.machynlleth.net
Caernarfon Castle: caernarfon-castle
Laugharne Castle: laugharnecastle
Dieser Artikel entstand im Rahmen eines Blogtrips mit Visit Wales. Besonders lieben Dank an Mike und Louise, meine Guides durch die Geschichte der Burgen.
Wieder einmal ein sehr guter Bericht
Danke sehr!