Es ist schon spät am Abend als Carme und ich endlich auf den kleinen Platz vor dem erleuchteten Castell de Montsonís fahren und unsere Herberge für die Nacht suchen. Wir fallen nur noch todmüde ins Bett.

Doch am nächsten Morgen sind wir schon früh auf, um diesen kleinen Ort am Fuße der Burg bei Tageslicht zu erkunden. Nebelschwaden ziehen sich unten im Tal über die Felder dahin, während die ersten Sonnenstrahlen die Landschaft in ein romantisches Licht tauchen. Der Turm der Burg leuchtet in der frühen Morgensonne. Als ob Rapunzel dort oben sitzen und gleich ihren langen Zopf zu uns herunter werfen würde.

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Turm castell de montsonís

Die Hotelbesitzerin, die lustigerweise auch Carme heißt, empfängt uns in dem kleinen Laden, der gleichzeitig Restaurant ist und ein paar Zimmer vermietet. Sie ist es auch, die uns durch die Burg führt. Sie erklärt uns die vielen Symbole, die Wappen und Fahnen der Burg, denn früher konnten die wenigsten Leute lesen und schreiben. Wichtige Informationen vermittelte man daher anhand von Zeichen, Bildern und Flaggen.

Mit einem schönen alten Schlüssel schließt Carme die schwere Holztür auf und schon stehen wir im Flur der Burg. Ich bin sehr überrascht, denn diese Burg wird von den Burgherren noch bewohnt! Keine leeren Räume erwarten den Besucher hier, sondern Räume voll mit Rüstungen, Gemälden, Geschirr und alten Teppichen. Natürlich betreten wir nicht die wirklich privaten Gemächer des Barons von Albi. Die befinden sich nämlich im oberen Geschoss. Aber der Hausherr und die Frau Baronin nutzen auch diese unteren Räume zu bestimmten Feiern und Anlässen noch, erklärt Carme.

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Im frühen Mittelalter verlief die Grenze zwischen den maurischen Kalifaten und den christlichen Reichen Europas genau hier durch die Ebene von Lleida. Das gerade erst im Entstehen begriffene Katalonien war ursprünglich Teil der Marca Hispanica und des Frankenreichs. Karl der Große hatte die Spanische Mark als Schutzwall gegen das Vordringen der Mauren eingerichtet. Lleida war damals bereits seit über fünfhundert Jahren ein fester Bestandteil des Kalifats von Córdoba.

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Im Jahr 1024 ließ Ermengol II Graf von Urgell an dieser Grenze eine Burg errichten, um die neu eroberten Gebiete am Ufer des Rio Segre zu schützen. So wurde das Castell de Montsonís auf einem Hügel mit Blick über die Ebene und den Segre errichtet. Erst mit der Eroberung Lleidas im Jahr 1149 gelangte die Gegend jedoch endgültig in die Hand christlicher Ritter, die sofort mit der Besiedlung begannen.

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Alfons der Keusche, Sohn Ramon Berenguers, des Grafen von Barcelona und Peronella de Aragón, war der erste Herrscher, der die Grafschaft Barcelona mit dem Königreich Aragon in seiner Person vereinte. Im Jahre 1166 verlieh er den Titel des „Barons von Albi“ an Guillem de Cervera. Viele Jahrhunderte und zahlreiche Generationen später ist der heutige Burgherr Carles de Montoliu i Carrasco der zweiunddreißigste Baron von Albi. Ein Titel, vor dem sich sogar die Duquesa de Alba, eine der reichsten und bedeutendsten Frauen Spaniens, verbeugen musste!

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Carme erklärt uns stolz die Geschichte der katalanischen Adelsfamilie. In einem Schrank zeigt sie uns ein paar der spektakulären Uniformen des Herrn Baron. Die Garderobe reicht von Galauniformen mit federgeschmückten Helmen bis zu Umhängen verschiedener Ritterorden. Direkt neben einem der Schlafzimmer führt ein schmaler Gang zu einem privaten Gemach direkt in der Kirche! Die Burgherren verließen also ihre Burg nicht einmal zum Gang in die Kirche. Sie erhielten die Kommunion und hörten die Messe direkt hier hinter dem Zaun.

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In der gemütlich warmen Küche brutzelt etwas auf einer Feuerstelle. Dort wartet ein mittelalterlich gekleideter Guide schon auf eine Schulklasse. Ich nutze die Gelegenheit und bitte ihn um ein Foto. Nachdem ich leider zum zweiten Mal über einen der vielen dicken Teppiche stolpere, die hier überall liegen, damit die Ritter keine kalten Füße kriegen, geht es hinunter in den Weinkeller. Carme zeigt auf ein Loch oben in der Wand. Ein Gang, der in die Felsen hineinzuführen scheint. Es ist tatsächlich ein uralter Geheimgang! Leider ist er aber zum Teil eingestürzt. Aber Carme verrät uns, dass er ursprünglich bis zum Santuari de la Mare de Deu unten im Tal führte.

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Das verlassene Kloster im Felsen, das die Bewohner der Burg einst über diesen eingestürzten Tunnel erreichten, wollen wir uns unbedingt noch ansehen! Carme erklärt den Weg und wenige Minuten später stehen wir vor dem Tor des Santuari de Santa Maria de Salgar.

Lost Places – Santuari de la Mare de Deu de Salgar

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Der Name Salgar bedeutete im Altkatalanischen so viel wie Höhle und stammte vermutlich vom arabischen Wort al-gâr ab. Und Höhlen entdecke ich gleich mehrere in der Felswand. Große und kleine Nischen und Einbuchtungen, durchlöchert wie ein Schweizer Käse wirkt die Wand, die hinter dem Klostergebäude in den blauen Himmel ragt.

Klsoter castell de montsonís

1054 wird dieses Felsenkloster zum ersten Mal schriftlich erwähnt. 1292 gibt es an dieser Stelle bereits eine offizielle Kapelle mit einem Kaplan. Im vierzehnten Jahrhundert überlässt der Burgherr von Montsonís das Santuari dem Karmeliterorden. Die Nonnen gründen ein Kloster und lebten in den kleinen Höhlen in den Felsen. Jahrhundertelang beherbergten die frommen Frauen hier Wanderer und Pilger und pflegten die Kranken. Erst als im neunzehnten Jahrhundert ein spanisches Gesetz viele der Kirchengüter (1835 llei de la desamortització) in privaten Besitz überführte, mussten die Nonnen das Kloster verlassen.

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Kloster Fenster castell de montsonís

Fast andächtige Stille herrscht hier unten am Fuße der mächtigen Burg. Wir sind die einzigen Besucher und betreten vorsichtig das alte Gemäuer. Eine Treppe führt vom Eingangsflur in ein oberes Stockwerk. Oben angekommen stehen wir auf einer Etage, die halb eingefallen, halb in den Felsen gehauen, irgendwie mystisch, ja fast schon gespenstisch wirkt. Die lange verlassenen Räume sind Zeugen einer anderen Zeit. Behutsam bahnen wir uns über die Steine einen Weg nach oben. Die Aussicht auf den Fluss und das Tal ist fantastisch. Was für harter, einsamer Ort. Und dennoch so absolut bezaubernd!

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Infos Castell de Montsonís

Castell de Montsonís
Plaça del Castell, s/n
25737 Montsonís, Lleida
Koordinaten: 41.887391, 1.022427

Öffnungszeiten Castell de Montsonís:

Für Besucher ohne vorherige Anmeldung ist das Castell de Montsonís montags bis freitags zwischen 12 und 17 Uhr geöffnet. Samstags gibt es Führungen um 12/ 17/ 18 und 19 Uhr, Sonntags und an Feiertagen um 11/ 12/ 13/ und 17 Uhr. Mehr Infos zu Führungen, Eintritt etc. gibt es in Carmes kleiner Botiga de Montsonís.

Dorf castell de montsonís

Santuari de la Mare de Deu de Salgar
25737 Foradada, Lleida

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Übernachtet und gegessen haben wir in der:

Botiga Montsonís
Carrer Major, 7-9
25737 Montsonís, Lleida
Website: www.botigamontsonis.com

Dieser Artikel entstand im Rahmen eines dreitägigen Blogtrips durch Lleida, zu dem Carmen und ich von der Diputació de Lleida eingeladen wurden. Die hier dargestellten Ansichten sind davon unbeeinflusst. Sie beruhen auf meinen persönlichen Erfahrungen und spiegeln ausschließlich meine eigene Meinung wieder.