Mit einem Körbchen bewaffnet, stehen wir zwischen den Sträuchern mit den blauen Beeren. In langen Reihen glänzen die reifen Heidelbeeren, dick und dunkelblau in der Sonne. Da kann ich nicht widerstehen. Die erste Beere landet in meinem Mund. Annika hat es gesehen und lacht, kauend. „Das gehört beim Pflücken dazu“, beruhigt sie mein schlechtes Gewissen fröhlich. Man muss ja schließlich probieren, was man da pflückt. Und so sammeln und kauen wir lustig weiter, bis die Körbchen (und der Bauch) voll sind.
Heidelbeeren vom Syringhof
Auf dem Syringhof gibt es nicht nur Heidelbeeren. Bekannt ist der Hof nämlich eigentlich für seinen Spargel. Bis vor ein paar Tagen war noch Spargelsaison, erklärt Laura, mit der ich im Fläming unterwegs bin. Am Straßenrand zeigt sie mir die langen Reihen der endlos scheinenden Spargelbeete. Doch nun ist die Zeit der weißen Stangen vorbei und die blauen Beeren sind dran.
„So haben wir das ganze Jahr über immer etwas zu tun“, lacht Annika nachdem wir mit unseren vollen Körbchen wieder zurück im Hofladen sind und stellt uns Thomas vor. Thomas ist der Chef hier. Er hat den Syringhof vor ein paar Jahren von seinem Vater übernommen, der ihn in den neunziger Jahren, nach dem Fall der Mauer, aufgebaut hatte. Auch der Herr Papa hat Landwirtschaft schon aus echter Leidenschaft betrieben, erzählt er uns. Und genau das tut Thomas nun auch. Getreide, Spargel, Blumen und Obst werden angebaut. Sogar ein paar Tiere gibt es auf dem Syringhof. Ein landwirtschaftlicher Betrieb, der noch ziemlich breit aufgestellt ist und irgendwie alles macht. Fröhlich und auch ein bisschen stolz zeigt uns Thomas seinen Hof.
So lernen wir das süße Hängebauchschweinchen kennen, das gerade Junge geworfen hat, und treffen die wilden Hühner, die heute lustig durch die Gegend rennen. Die Hühner sind Thomas neuste Errungenschaft. Sie sollen viele gesunde Eier legen. So ist der Plan, beziehungsweise einer davon, denn Thomas hat noch viele Ideen!
Ich bin erstaunt, wie viele Menschen hier im Fläming für das Leben auf dem Land brennen und die harte Arbeit draußen in der Natur wirklich lieben. Es macht ihnen sichtlich Spaß. Auch wenn es ein wirklich harter Job ist, auf den Feldern zu mähen und zu dreschen, ohne einen pünktlichen Feierabend, wirken die Leute hier sehr zufrieden. In sich ruhend, nicht so gehetzt wie man das gewohnt ist, wenn man aus der Großstadt kommt.
Eine Spezialität, auf die sie hier auf dem Syringhof besonders stolz sind, ist das Öl aus den Kernen ihrer Kürbisse. Das lassen sie in der Ölmühle pressen und verkaufen es in dem kleinen Hofladen. Zum Probieren serviert Annika uns das Kürbiskernöl als Soße auf einer Kugel Vanilleeis, draußen im Garten. Schmeckt nussig-süß und lecker. Öl auf Eis! Da wäre ich jetzt nicht drauf gekommen, aber die Kombination merke ich mir.
Schlafen auf dem Fliederhof
Mit unserem Korb voller frisch gepflückter Heidelbeeren machen wir uns schließlich auf den Weg. Übernachten werden wir heute bei Thomas Schwester Juliane, auf dem Fliederhof. Statt Landwirtschaft unterhält sie eine Gastwirtschaft auf dem umgebauten Hof: Julianes Eltern hatten Ende der neunziger Jahre die teilweise schon recht zerfallenen Gebäude von einer alten Dame gekauft, für die der Hof längst viel zu groß war, um ihn Instandhalten zu können. Doch Juliane und ihr Mann haben voller Kraft und Energie die Ärmel hochgekrempelt und das alte Gemäuer von Grund auf restauriert und liebevoll eingerichtet.
Eigentlich sollte der Fliederhof nur ein kleines Café für Wanderer und Tagesbesucher werden, doch schnell wurde ein kleines Restaurant mit Gästezimmern daraus. Laura schläft im Königflieder-Zimmer und ich darf im Perlenflieder träumen. Leider blüht der Flieder jetzt nicht mehr, aber dafür gibt es ein köstliches Abendessen auf dem schönen alten Innenhof.
Satt und müde von der frischen Landluft fallen wir einfach irgendwann nur noch in unsere Betten. Als wir am nächsten Morgen mit Vogelgezwitscher aufwachen, ist im Hasenstall schon Party. Wir begrüßen die neugierigen kleinen Nager und dann gehen wir erst mal einen Kaffee trinken und frühstücken.
Sir Henry auf dem Hühnerhof
Nicht umsonst stolziert Sir Henry mit hoch erhobenen Kopf zwischen seinen Hühnern herum. Er ist der Chef im Hühnerhof. Und das weiß er auch. Die netten kleinen Apartments des Hühnerhofs vermietet Steffi an Gäste. Steffi ist Illustratorin und hat schon viele wunderbare Kinderbücher bebildert. Mit lustigen Figuren erweckt sie unzählige Geschichten zum Leben. Jetzt gerade verteilt sie hinten im Garten, auf der grünen Wiese, unweit des Gatters, hinter dem Sir Henry das Geschehen beobachtet, Papier und Stifte. Wir dürfen nämlich gleich kreativ werden. Spielerisch zeigt uns die junge Illustratorin, wie wir die Angst vor dem leeren Blatt verlieren können. Wir sollen einfach drauf los zeichnen.
Es klingt alles total lustig und einfach, wenn Steffi das so erklärt. Bei ihr sieht ja auch alles toll aus! Ich habe mit meiner tief in mir schlummernden Kreativität wohl noch das eine oder andere Hühnchen zu rupfen …
Klemmkuchen in der Alten Eiche
Nicht weit von Treuenbrietzen, wo Steffi ihr Atelier und den Hühnerhof betreibt, liegt der Naturpark Nuthe-Nieplitz. Nachdem wir dort an kleinen Teichen vorbei eine Weile durch die Wälder spaziert sind und den Vögeln gelauscht haben, kommen wir zu einem alten Gasthof. Wie im Bilderbuch stehen hier Stühle und Tische auf einer Terrasse, umgeben vom schattigen Grün der Bäume. Hanna, die Chefin der „Alten Eiche“, hat für uns ein riesengroßes altes Klemmeisen vorbereitet und schürt schon das Feuer. Doch was zunächst etwas martialisch aussieht, ist eine uralte Spezialität hier im Fläming: Es gibt Klemmkuchen!
Mitten im grünem Eichenwald dürfen wir diese mit hübschen Mustern versehenen Küchlein kosten. Im Grunde ähneln die brandenburgischen Klemmkuchen den Eiserkuchen, die ich von meiner Oma kenne. Nur waren die Eisen, mit denen bei uns zu Hause diese harten Waffeln gebacken wurden rund und nicht ganz so groß und schwer. Und auch nicht so prächtig, zugegebenermaßen. Denn Hannas Klemmkucheneisen hat außer den Schnörkeln und Verzierungen, die in den fertigen Küchlein Abdrücke hinterlassen, auch noch eine Jahreszahl!
Bücherei auf dem Moritzhof
Bernd Moritz serviert uns draußen auf dem Hof ein leckeres Frühstück und erzählt die Geschichte seiner Familie, oder zumindest eine Kurzversion davon, denn seine Vorfahren betrieben den Moritzhof schon vor 350 Jahren. Schon zu Zeiten von Albrecht dem Bär, der die Flamen* ins Land geholt hat, bebauten die Vorfahren des heutigen Hofbesitzers hier die Felder und üben das urkundlich erwähnte Brau- und Ausschankrecht aus. Bernd und seine Frau Doris sind bereits die elfte Generation auf dem Moritzhof. Mit anderen Worten, seit dem dreißig jährigen Krieg betreibt die Familie im Dorf den Bauernhof und einen Gasthof, in dem sich bis heute die Leute am Abend, wenn die Arbeit getan ist, auf einen Krug Bier treffen und den Tag Revue passieren lassen.
Doch das Besondere am Moritzhof ist eine Bibliothek. Seit ein paar Jahren nämlich kannst Du im Schankraum der Kneipe Bücher ausleihen. Eine richtige, offizielle Bibliothek, mit Regalen voller Bücher und den guten alten Karteikarten für die Ausleiher.
*Bernd vom Moritzhof weiß wirklich viel über die Geschichte der Gegend. Der Fläming heißt zum Beispiel so, weil sich hier vermutlich unter der Herrschaft Albrecht I im zwölften Jahrhundert die aus Flandern eingewanderten Flamen ansiedelten. Auch manche Ortsnamen im Fläming erinnern an belgische Städte wie Brügge oder Yper. Bis ins Mittelalter hieß die Gegend um den Hagelberg allerdings noch Chabua, was soviel wie Berg mit Gestrüpp bedeutete. Erst seit dem neunzehnten Jahrhundert wird das gesamte Gebiet, das man heute kennt, Fläming genannt.
Die alte Mühle Springbachmühle
Ganz in der Nähe von Bad Belzig beginnt der Naturpark Hoher Fläming. Da waren wir mit Paul von der Wildnisschule schon auf Spurensuche und haben den Hagelberg bestiegen. In der Gegend von Belzig gibt es richtig viele Mühlen, allein fünf standen früher am Belziger Bach und zwei am Springbach. Eine der beiden Mühlen die vom Springbach angetrieben wurden ist wunderschön renoviert und das historische Mühlrad dreht sich heute wieder wie vor hunderten von Jahren, als sei nichts geschehen.
Die Springbachmühle war ursprünglich wohl eine Ölmühle, später eine Papiermühle und gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts dann schließlich eine Mahl- und Schneidemühle. Bis in die sechziger Jahre funktionierte sie sogar noch, weiß Gabriel Muschert zu berichten, der heutige Besitzer der Mühle. Doch der letzte Müller hatte zwar sechs Kinder, doch keines der Mädchen wollte die Mühle übernehmen. So wurde auf dem Gelände ein Ferienpark für die Kinder des Baukombinats VEB.
Nach dem Fall der Mauer kauften Gabriels Eltern die gesamte Anlage der alten Mühle, renovierten alles von Grund auf und richteten 1998 in dem schönen Fachwerkhaus eine Gastwirtschaft ein. Zunächst fingen sie mit sieben Angestellten relativ klein an, erinnert sich Gabriel. Doch die Springbachmühle ist nicht nur hübsch restauriert, sondern liegt einfach megagünstig an mehreren Wanderwegen, die durch den Naturpark führen. Auch der Kunstwanderweg führt übrigens direkt hier vorbei. Es ist also nicht weiter erstaunlich, dass Gabriel bald mehr Personal einstellen musste und heute mit vierzig Angestellten das Restaurant und ein kleines Hotel betreibt.
(Kunstwanderweg)
Max, Chefkoch im Restaurant an der Springbach-Mühle
Hungrig wie wir sind, dürfen wir natürlich auch das Restaurant testen. Max Leine, der Küchenchef, begrüßt uns persönlich und hat für alle, auch für die Nichtfleischesser unter uns, sofort leckere Ideen parat. Der junge Chef hat in der Springbachmühle seinen Beruf von der Pike auf gelernt und sich schon durch diverse Meisterschaften gekocht. Leider ist das Essen so lecker, dass ich keine Zeit mehr habe, mir den kleinen Tierpark mit Mufflons, Rehen, Hasen, Eseln und Meerschweinchen anzusehen – bei so einer Entweder-Oder-Frage entscheide ich mich im Zweifelsfall immer für den Nachtisch.
Infos zu den Fläming Höfen :
„Landwirtschaft aus Leidenschaft“
Landladen Syringhof
Trebbiner Straße 69f
14547 Zauchwitz
April – Juni täglich geöffnet von 8 – 18 Uhr
Juli – Oktober Donnerstag-Sonntag von 10 – 17 Uhr
Website: www.spargelhof-syring.de
Fliederhof Syring
Café, Restaurant, Pension
Stückener Dorfstraße 21
14552 Michendorf OT Stücken
Website: fliederhof-syring.de
Der Hühnerhof
Stefanie Jeschke
Großstraße 9
14929 Treuenbrietzen
Gästezimmer Website: www.huehnerhof-treuenbrietzen.de
Illustrationen stefaniejeschke.de
Die Fläming Bibliothek
Gasthof Moritz
Hauptstr.40
14823 Rädigke
Website: gasthof-moritz.de
Gasthof Alte Eiche
Hanna Präger
Lindower Weg 2
14929 Treuenbrietzen OT Frohnsdorf
Website: www.alte-eiche-frohnsdorf.de
Springbach-Mühle
Gabriel Muschert – Belzig OHG
Mühlenweg 2
14806 Bad Belzig
Website: www.springbachmuehle.de
Montag – Samstag täglich ab 11 Uhr
Sonntag 11 – 21 Uhr (nachmittags Kaffee und Kuchen 14 – 18 Uhr)
Noch mehr Tipps für den Fläming:
Im Fläming gibt es noch so viel mehr zu erleben. Was Du außer Heidelbeeren pflücken noch so alles machen kannst, kannst Du bei Kerstin (von paradise found) nachlesen und wunderschöne Bilder angucken! In dem Artikel stellt sie Herzensprojekte im Fläming vor 🙂
Foto by Laura @herzanhirn
Shelter Albrecht
Altes Lager
Niedergörsdorfer Allee 4
14913 Niedergörsdorf
In einem alten Fluzeughangar hat Helmut Stark gleich zwei Museen eingerichtet. Dort zeigt er seine Sammlung von Alltagsgegenständen, Überresten aus der Militärzeit und tausend anderen Funden, die an die Vergangenheit des ehemaligen Militärstandorts erinnern.
Brauseturm
In einem ehemaligen Wasserturm ist heute ein Brausemuseum untergebracht. Auf den verschiedenen Etagen geht es durch die Geschichte der Bier- und Brauseproduktion.
Bachstraße 1c
14823 Niemegk
Solebad in der SteinTherme
Am Kurpark 15
14806 Bad Belzig
In der Steintherme ist das Wasser salzhaltiger als anderswo, denn es kommt direkt aus einer unterirdichen Sole-Quelle. In dem kleinen Restaurant der Therme kannst Du sogar ein paar Spezialitäten probieren, die mit dem Solewasser zubereitet sind!
Schlosspark Wiesenburg
Auch wenn das Schloss in privaten Händen ist und nicht besichtigt werden kann, der wunderschöne Park ist für alle da! Direkt neben dem Schlosspark liegt übrigens Mal’s Scheune, ein professionelles Studio für Videoaufnahmen. Hier treffen sich Musiker und Bands zum filmen, musizieren und Spaß haben – und abends gibt es Konzerte.
Zum Winkelteich 4
14827 Wiesenburg/Mark
Hinweis: Dieser Artikel entstand im Rahmen eines Blogtrips durch die Region Fläming. Alle hier dargestellten Ansichten und Erlebnisse beruhen einzig und allein auf meinen Erfahrungen und drücken wie immer meine ganz persönliche Meinung aus.
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