Mein Mann hat sich verliebt. Unsterblich scheinbar. Schon vor ein paar Jahren fing es an, mit einem flüchtigen Blick im Vorbeifahren. Da war es schon um ihn geschehen. Mittlerweile träumt er von einem Häuschen in Extremadura. Garten und Hühner inklusive. Es ist die Landschaft, die in verzaubert hat. Diese Ruhe, wenige Menschen und viel Natur. Und so haben wir uns ein paar Tage lang gemeinsam auf den Weg gemacht, der verliebte Schatz und ich, um mit dem Auto ein bisschen durch diese sanften Hügel über einsame Straßen zu fahren.

Extremadura Landschaft

Extremadura Landschaft

Extremadura ist wirklich dünn besiedelt. Eichen und Korkeichen wachsen dafür reichlich in dieser einsamen Gegend. Von deren Eicheln ernähren sich ja schließlich auch die schwarzen Schweine, und die sind bekannt dafür, dass sie den leckersten und teuersten Schinken ganz Spaniens liefern.

Während wir ganz gemütlich ein paar der Dörfer und kleinen Städte abklappern, fängt diese Landschaften an, auch mich zu verzaubern. Ab und an stehen ein paar Kühe auf der grünen Wiese, dazu blauer Himmel und gelber Ginster. Was für Farben! Und so viel Geschichte gibt es hier zu entdecken! Wenn doch bloß das Meer nicht so weit weg wäre …

Extremadura Landschaft

Extremadura Landschaft

Medellín

Bei dem Namen denkt jeder sofort an Kolumbien, aber die Mutter und Namensgeberin aller Medellins in dieser Welt war vermutlich dieses winzige Fleckchen in Extremadura. Der Konquistador Hernán Cortés wurde hier geboren und er war bei Weitem nicht der einzige Extremeño unter den Entdeckern der Neuen Welt. Damals zog es offenbar viele junge Männer auf der Suche nach Abenteuern in die Neue Welt, auf die gerade erst entdeckten Kontinente.

medellin extremadura
Wir entdecken auch etwas, und zwar ein noch touristenfreies, authentisches Dörfchen. In der kleinen Bar an der Hauptstraße beäugen uns die Einwohner zunächst etwas misstrauisch. Doch sobald wir eine tostada bestellt haben, verschwindet der leicht mürrische Ausdruck und ein Lächeln zaubert sich auf die Gesichter. Wir haben offenbar einen Test bestanden und sind akzeptiert. Im Lonely Planet steht nichts über dieses kleine Dorf. Deswegen sind wir vermutlich auch die Einzigen, die das kleine Amphitheater am Fuße der Burg besuchen.

medellin extremadura

In dem kleinen Museum erfahren wir, dass schon in der Steinzeit Menschen hier siedelten. Phönizier und Griechen kamen um Handel zu treiben und ein römischer Konsul gründete schließlich Metellinum am Ufer des Guadiana. Mehr oder weniger an den Handelswegen zwischen Mérida und dem römischen Cordoba gelegen, prosperierte die kleine Siedlung. Als die Mauren die Iberische Halbinsel eroberten, fanden sie eine verlassene Burg vor, die sie zu einer Festung ausbauten. 1485 wurde dann der spätere Eroberer Cortés hier geboren.

Guadalupe

Angeblich wurde das Kloster von Guadalupe oben in der Sierra de Villuercas errichtet, weil ein Schäfer an genau dieser Stelle die Statue der Heiligen Jungfrau von Guadalupe gefunden hatte. Noch heute pilgern daher Gläubige aus der ganzen Welt hierher. Wir senken den Altersdurchschnitt der Besucher drastisch. Vielleicht ist es auch Zufall und wir sind einfach gleichzeitig mit mehreren Reisebussen eingetroffen. Die Klosterkirche ist leider gerade wegen Mittagspause geschlossen. Aber wir haben es nicht eilig und gehen stattdessen etwas essen.

guadalupe extremadura

extremadura guadalupe

Ein deutsches Pärchen das wir in Mérida getroffen hatten, wollte zum Wandern nach Guadalupe fahren. Die Gegend um das Kloster herum muss ein echtes Paradies für Outdoor-Fans sein.

Trujillo

Trujillo gilt als eines der schönsten mittelalterlichen Dörfer Spaniens. Auf dem großen Platz im Zentrum thront eine Reiterstatue. Sie stellt wieder mal einen der Konquistadoren dar. Es ist Francisco Pizarro, der Eroberer Perus. In Trujillo geboren, hütete er Schweine, ehe er dem Ruf des Abenteuers in die neue Welt folgte. Obwohl der machthungrige Pizarro weder lesen noch schreiben konnte, ging er in die Geschichte ein. Er durchquerte Panama, kämpfte sich bis ins Reich der Inkas durch, unterwarf an die sechs Millionen indianischer Einwohner und gründete das heutige Lima.

Extremadura Trujillo
Extremadura Trujillo
Extremadura Trujillo

Von dem großen Platz führen mehrere verschlungene Wege den Berg hinauf bis zu einer Burg. Auf mit Kopfstein gepflasterten Wegen steigen wir bergan, bis wir vor der verschlossenen Burgpforte stehen. Heute geschlossen wegen eines Konzerts. 🙁 Das hätten sie auch unten irgendwo ankündigen können. Wir genießen immerhin die Aussicht und machen uns auf den Weg bergab.

Cáceres

Cáceres ist eine der beiden Provinzhauptstädte. Extremadura besteht nämlich aus den beiden Provinzen Cáceres und Badajoz. Ich freue mich mega auf das Museum, denn im Keller soll sich eine maurische Zisterne, eine aljibe befinden, die ich mir unbedingt ansehen will. Doch schon bei dem Aufstieg in die historische Altstadt wird schnell klar, dass heute irgendetwas besonders los ist.

Extremadura Caceres

Immer mehr mittelalterlich anmutende Stände reihen sich in den Gassen und auf den Plätzen aneinander, je näher wir dem Zentrum kommen. Zuerst vermuten wir, dass heute ein Markttag sei, doch dann erfahren wir es ist WOMAD, das Festival das Peter Gabriel einst ins Leben gerufen hat. Eigentlich ist das ja echt toll, aber dadurch strömen gerade immer mehr und mehr Menschen in die Altstadt, überall sind Bühnen und Dixi-Klos aufgebaut, und ein Wald an Schildern mahnt ein sauberes Festival an. Wir erleben Cáceres im Ausnahmezustand. Überall erklingt Musik, von den Klängen eines Didgeridoo bis zu Rock- und Popbands mit ausgeklügeltem Soundsystem.

Extremadura Caceres arco

Extremadura Caceres
Extremadura Caceres

Römer, Mauren und Christen, sie alle haben hier ihre Spuren hinterlassen. Die Altstadt gehört zum Weltkulturerbe und ist voller Kirchen, Paläste und schöner Plätze. Unzählige Wappen zieren die Tore und Fenster. Hier verstecken sich so viele Geschichten! Jetzt hätte ich gern einen Guide dabei, der mir von unglücklichen Liebespaaren, traurigen Königen oder mutigen Musikern erzählt.

Extremadura Caceres Museum_freibeuter-reisen

Als wir dann im Museum ankommen und ich voller Vorfreude hinab in den Keller steige, bin ich enttäuscht. Keine Ahnung ob das eine Kunst-Installation oder ein politischer Protest sein soll, aber die Plastikschilder inmitten der aljibe nerven mich ehrlich gesagt. Auch die anderen Besucher sind nicht begeistert. Schade, aber egal.

Extremadura Caceres Museum

Extremadura Caceres Museum_freibeuter-reisen aljibe

Bevor wir Cacéres endgültig den Feiernden überlassen, erwischen wir gerade noch einen freien Tisch in einem der Restaurants. Mastro Piero nennt sich die schicke Gastrobar mit hübschem Garten. Wir bestellen kleine Tapas und kommen aus den Ahs und Ohs gar nicht mehr heraus. Ein Tellerchen ist köstlicher als das andere. Die Rationen sind eher klein, aber schmecken verdammt gut. Absolut empfehlenswert!

caceres restraurant tipp
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Los Barruecos

Nachdem wir erfolgreich vor den Menschenmassen geflüchtet sind, zieht es uns hinaus ins Grüne. Eher durch Zufall geht der Weg in die Barruecos, eine hübsche kleine Landschaft nahe dem Dörfchen Malpartida.

los barruecos extremadura

Fette Granitbrocken liegen wie hingewürfelt in der grünen Landschaft. Dazwischen Bächlein, Teiche und kleine Stauseen. Störche nisten auf allem was sie finden können: Antennenmasten, Bäumen, Kränen, Hausdächern und Kirchtürmen. Nichts ist vor ihrem Nestbautrieb sicher. Und die Nester sind groß und sehen echt schwer aus. Überall klappert es. Direkt vor uns ist eine kleine Wohnsiedlung der weiß-schwarz berockten Langbein-Vögel. Auf künstlich angelegten Stelzen hocken sie hier dicht an dicht, wie in einem Storchendorf.

los barruecos extremadura
los barruecos extremadura
los barruecos extremadura
Die Gegend ist so wunderschön, dass natürlich auch die Filmemacher längst schon hier vorbeigekommen sind. Wie in Girona, Sevilla, Almeria und den Bardenas Reales wurden hier Teile von Game of Thrones gedreht.

Mérida

Die kleine Stadt ist so schön, dass wir sie für ein paar Tage zu unserem Basislager gemacht haben. Von hier aus sind wir in die verschiedenen Ecken der Extremadura gefahren. So viel römische Geschichte wie in Mérida kenne ich nur aus Tarragona oder eben aus Rom. Riesenhohe Aquädukte, Theater, Amphitheater und ein Circus Romanus – da hüpft mein Herz vor Freude. Was es dort alles zu sehen gibt, kannst Du in „Eine Reise in die Antike“ lesen.

aquädukt mérida

Zafra, das kleine Sevilla

Der Name der kleinen Stadt stammt von den Mauren. Sie scheinen hier die ersten Siedler gewesen zu sein und nannten den Ort Safra. Im elften Jahrhundert errichteten die Herrscher der zerstrittenen kleinen Taifas zahlreiche Festungen und Wehrtürme entlang ihrer Grenzen. Einer dieser Burgen war Safra, das heutige Zafra. Im dreizehnten Jahrhundert wurde die Gegend gleich mehrmals von christlichen Königen erobert. Doch nach der ersten Eroberung durch den König von León, gewannen die Mauren das Gebiet kurz darauf zurück. Erst nach der zweiten Eroberung durch Fernando III, König von Kastilien und León, blieb Zafra dauerhaft unter christlicher Herrschaft. Aus der ursprünglich wehrhaften maurischen Festung wurde im Laufe der folgenden Jahrhudnerte der prachtvolle Palast de los Duques de Feria. Seit den sechziger Jahren beherbergen die altehrwürdigen Mauern ein Luxushotel, den Parador de Zafra.

extremadura zafra

Wir streifen kurz durch das Zentrum und landen schnell auf einem hübschen, großen Platz. Im Gegensatz zu Trujillo und Guadalupe ist es hier angenehm ruhig. Auf der Plaza Grande fanden früher die traditionellen Stierläufe statt. An den Häusern der Zugangsstraßen sind noch kleine Nischen im Mauerwerk zu erkennen, in die schwere Holzbalken geklemmt wurden, um bei solchen Anlässen die Plaza abzuriegeln. Im Zafra spürt man schon den Einfluss Andalusiens. Hier wird Flamenco getanzt und die Menschen treffen sich in den Bars und auf den Plätzen. Das Leben spielt sich draußen ab.

zafra extremadura

Zwischen den Arkaden im Durchgang von der Plaza Grande zur Plaza Chica befindet sich ein kleines Altarbild, el Retablo de la Esperancita, das zu der Klosterkirche gehörte, die bis ins 16. Jahrhundert hier stand. Die Plaza Chica, umsäumt von Bögen im Mudéjar Stil, ist der kleinere der beiden Plätze und war ursprünglich der Marktplatz Zafras. An einer der Säulen befindet sich sogar noch die Einkerbung der mittelalterlichen Masseinheiten wie Hand, Elle, Spann, Zoll, Schritt oder Fuß.

Unweit der kleinen Plaza befindet sich eines der letzten Eingangstore Zafras, die noch erhalten sind. Die Tore dienten nicht nur dem Schutz der Bevölkerung, sondern waren auch eine Einnahmequelle der Stadt. Denn wer einreisen oder auf dem Markt seine Waren feilbieten wollte, musste hier Zoll zahlen. Der Arco de Jerez ist ein Teil der Stadtmauer aus dem 15. Jahrhundert. Durch dieses Tor führte der Weg nach Süden. Wer aus Jerez de los Caballeros kommend die Stadt betrat, erblickte zunächst die Symbole der Schuhmacherzunft. Da die Schuster dieses Tor finanziert hatten, zieren neben San Crispín und San Crispiniano, den Schutzheiligen der Zunft, auch ein Fußabdruck, der pie castellano, die Wand des Portals. Dieser Pie castellano war eine Maßeinheit, nach der sich alle Schuster der Stadt zu richten hatten.

Durch die belebte Einkaufstraße Calle de Sevilla mit ihren schicken Mode- und Kosmetikboutiquen gelangt man zum Convento de Santa Clara. Hier leben fünfzehn Nonnen in Klausur, d.h. sie verlassen das Kloster nicht und verbringen den Rest ihres Lebens hinter den Mauern. Ihren Lebensunterhalt verdienen sich die frommen Frauen mit dem Verkauf von süßem Gebäck, das sie durch eine Klappe in der Klostermauer verkaufen. Zu gern hätte ich mir etwas von dem Gebäck mitgenommen, aber leider waren wir gerade während einer Messe dort. Da waren die Nonnen natürlich beim Gottesdienst.

Schinkenmuseum in Monesterio

Ganz nah an der Autobahn kurz vor (oder hinter) Zafra liegt Monesterio. Am Ende des kleinen Dorfes gibt es ein Museum für Schinken. Wir sind mal wieder allein hier und haben die nette Dame an der Rezeption für uns. Eigentlich ist das Museum interaktiv und erklärt echt total ausführlich wie so ein echter iberischer Schinken entsteht. Aber total lieb begleitet sie uns durch die Ausstellung und erzählt alles ganz persönlich und ausführlich.

schinkenmuseum monesterio extremadura

Um es kurz zu machen: Spanischen Schinken gibt es verschiedenen Qualitätsstufen. Der beste Schinken ist der von iberischen Schweinen, eine schwarze Rasse, die ausschließlich bellotas (Eicheln) und frisches Gras fressen. Die beste Gegend dafür ist genau hier, im Süden der Extremadura. Glücklich grasen diese Vierbeiner auf mehreren Hektar Land in der freien Natur, bis irgendwann ihr Stündlein geschlagen hat.

Die Matanza del Cerdo, das Schlachtfest der Schweine, war früher ein wichtiges soziales Ereignis. Die ganze Nachbarschaft rückte an, um bei der Arbeit zu helfen. Jeder hatte seine feste Aufgabe und natürlich wurden alle Teile des Schweins verwertet.

jamoniberico museum extremadura

Das Museum ist wirklich klasse, wenn man wissen will, wo der Schinken herkommt. Nur probieren kann man ihn dort nicht. Um das Gelernte anzuwenden, musst Du in ein Restaurant gehen und Dir dort den verdammt besten Schinken, den sie haben bestellen.

Eigentlich esse ich kein Fleisch, aber ich gebe zu, das ich ab und zu schon ein Stückchen Schinken gegessen habe. Natürlich will ich eigentlich ja nicht, dass ein Tier für mich stirbt, aber wenn, dann soll es wenigstens ein anständiges Leben auf der Wiese gelebt haben. Billiger ist natürlich die Produktion in einem Großbetrieb, in dem die Tiere fast schon industriell gehalten werden. Ich denke, wenn man schon Fleisch essen will, dann muss man auch bereits sein so viel Geld zu zahlen, dass die Tiere respektvoll behandelt werden können.

Infos und Adressen Extremadura

Extremadura Landschaft

Museo del Jamón Ibérico 
Paseo de Extremadura, 314
06260 Monesterio (Badajoz)
Website: www.museodeljamondemonesterio.com
Eintritt gratis

Wikipedia: jamón ibérico

Restaurant Tipp Cáceres:
Mastro Piero
C/ Fuente Nueva, 4
10003 Cáceres
Website  www.mastropierogastrobar.es

extremadura