Es gibt Orte, an denen kann man Geschichte atmen, wenn man nur die Augen schließt. Die kleine Stadt Mérida ist so ein Ort. Fast verschlafen, trotz einiger Touristen, die sich hierher verirren, ist es ein sehr ruhiges und beschauliches Städtchen im Westen Spaniens. Vielleicht konnten sich gerade deshalb so viele römische Bauten hier über die Jahrhunderte erhalten.  Mérida hat eben keine großen Industriebetriebe, modernste Fabriken oder schicke Shoppingmalls, die den Platz brauchen. An so vielen Stellen scheint das Erbe der Römer auch heute noch unter der Erde zu schlummern.

theater mérida

Ich finde es erstaunlich, dass man das römische Theater erst Anfang des letzten Jahrhunderts ausgegraben hat. Bis dahin ragten hier nur ein paar Säulen aus der Erde und nun finden an diesem geschichtsträchtigen Ort jedes Jahr sogar richtige Festspiele statt.

theater mérida

Für einen Augenblick schließe ich also die Augen und stelle mir vor ich bin eine römische Einwohnerin. Dann wäre hier oben mein Platz gewesen. Wenn ich zu Zeiten der alten Römer ein Theaterstück angesehen hätte, müsste ich weit weg von den Würdenträgern, den Soldaten und auch von meinem Mann sitzen. Ganz oben auf den hintersten Rängen, hinter den Sklaven. Wenigstens ist der Blick auf die Bühne fantastisch. Musiker, Schauspieler und Tänzer zeigten hier ihr Können. Als Kulisse rekeln sich Skulpturen römischer Götter zwischen wunderschönen Marmorsäulen.

statue theater mérida

theater mérida

theater mérida

Marcus Agrippa, von Beruf Konsul, war der Sponsor des Theaters in Mérida, das im Jahre 16 vor Christus gebaut wurde. Das steht jedenfalls eingraviert auf diversen Steinen zu lesen. Dieser Agrippa war nicht einfach irgendwer, sondern galt in Rom als bedeutender Feldherr und Politiker. Besonders nahe stand er Gaius Octavius Augustus, dem Nachfolger des berühmten Cäsar und Gründer Méridas.

Während im Osten der Iberischen Halbinsel Tarraco, das heutige Tarragona, zur Hauptstadt des römischen Hispaniens wurde, gründete eben dieser Kaiser Augustus im Jahre 25 vor Christus die nach ihm benannte Siedlung im Westen, Augusta Emerita. Unter seiner Herrschaft entwickelte sich Mérida schnell zur Hauptstadt Lusitaniens, des westlichen Teils der Iberischen Halbinsel.

augustus mérida

Nach zahlreichen Erweiterungsarbeiten und Umbauten des Theaters verblasste sein Glanz im vierten Jahrhundert nach Christus. Die neue Religion, das Christentum, betrachtete die Aufführung der Theaterstücke als unmoralisch.

aquädukt mérida

Mega schön und ein echtes Wunder ist es, dass die Aquädukte in Mérida sich so lange gehalten haben. Fast unverändert stehen diese mächtigen Wasserleitungen seit über zweitausend Jahren hier. Teilweise floss das Wasser hier auf einer Höhe von 25 Metern in die Stadt. Vielleicht heißt das beeindruckendste der Aquädukte deswegen noch heute „Los Milagros“.

aquädukt mérida
aquädukt mérida
aquädukt mérida
aquädukt mérida

Gerade als wir den kleinen Park hinter dem Bahnhof von Mérida erreichen, lichteten sich die Wolken ein wenig. Das Aquädukt mit seinem Mix aus Granit und rotem Backstein leuchtet fast schon in der Sonne. Zu schön! Wir spazieren einfach weiter am Kanal entlang durch den Park und stehen bald vor dem nächsten Aquädukt, einem kleineren dieses Mal. Dahinter wartet schon der einsam gelegene Circo Romano.

aquädukt mérida
circo romano mérida

Vor den Toren der Stadt haben die tapfersten jungen Männer ihren Mut und ihr Können bei den Pferderennen bewiesen. Die lusitanischen und andalusischen Pferde hatten einen richtig guten Ruf. Vermutlich war der Circus in Mérdia deswegen nach dem Circus Maximus einer der wichtigsten im gesamten Römischen Reich. Die Auguren, so nannte man die Fahrer der Rennwagen, wurden als Idole verehrt. Viele von ihnen waren regelrechten Superstars. Man muss sich das so ähnlich vorstellen wie die ganz großen Fußballspieler oder die Rennfahrer der Formel 1 heutzutage. Meist stammten die Auguren aus einfachen Verhältnissen, aber wenn sie gut waren, konnten sie richtig viel Geld verdienen und berühmt werden. Auch ihre Manager und diverse andere Leute verdienten sich eine goldene Nase an den Star-Sportlern des alten Roms. Das war scheinbar früher offensichtlich nicht anders als heute. Mit dem Christentum kam auch hier das Ende der Spiele.

templo diana mérida

Dort wo einst das Forum gelegen haben muss, stehen heute ganz normale Wohnhäuser. Sie umringen den einzigen übrig gebliebenen Tempel, el Templo de Diana.  Weiter unten am Fluss Guadiana kommen wir zu einer gut erhaltenen römischen Brücke. Bis in die neunziger Jahre wurde sie sogar noch für den Verkehr benutzt! Unglaublich lang scheint sie zu sein, denn sie reicht vom Fuße der Burg über eine kleine Flussinsel bis ans andere Ufer.

roemisiche bruecke mérida
roemische brücke mérida

Auch an der Alcazaba sind die Archäologen noch bei der Arbeit. Direkt neben der römischen Brücke, an der günstigsten Stelle, um den Fluss zu überqueren, errichteten die Mauren im neunten Jahrhundert eine Festung. Auf den bereits vorhandenen Mauern der Römer und Visigoten, die nur kurze Zeit hier geherrscht haben, bauten sie ein mächtiges Bollwerk, um die aufständischen Einwohner besser kontrollieren zu können. Weite Teile der Burg sind bis heute noch gar nicht ausgegraben. Die dicken Mauern und einige Wege sind bereits freigelegt worden. Hier haben die Forscher sicher noch ein paar Jahre zu tun.

alcazaba mérida

alcazaba mérida

alcazaba mérida

Ich bin ja jetzt schon gespannt, was da noch alles zum Vorschein kommt. So ziemlich in der Mitte der Anlage muss sich eine Mezquita befunden haben. Darunter liegt noch heute eine wunderschöne mit einem Aljibe, eine Zisterne, in der lebensnotwendiges Wasser gespeichert werden konnte. Wunderschön! Manche der Säulen mit hübschen Pflanzenmotiven haben die Mauren offensichtlich recycelt. Der Zugang der Aljibe ist jedenfalls mit Resten aus visigotischer Zeit verziert. Luxuriöserweise gibt es sogar eine doppelte Treppe. Der Schatz ist neugierig und fragt eine in der Nähe arbeitende Gärtnerin nach dem Warum. Die meint, hier sollen Pferde hoch und runter getrabt sein!

alcazaba mérida alcazaba mérida

Im dreizehnten Jahrhundert eroberten dann die christlichen Herrscher die Stadt. Die bauten natürlich gleich ein Kloster mitten in die maurische Burg. Während die spanischen Eroberer  Amerika entdeckten und Silberschätze aus den neuen Kontinenten nach Hause schickten, blühte Mérida noch mal eine Zeit lang auf. Von Cádiz aus führte die Via de la Plata, der Weg des Silbers, durch die Stadt. Von hier aus ging es dann weiter über Cáceres Richtung Norden, nach Asturien oder Santiago de Compostela.

Infos zu Mérida

Wir waren vier Tage in Mérdia und haben trotzdem nicht alles gesehen. Sicher könnte man auch einen Schnelldurchlauf machen, aber wir wollten ja nicht einfach nur Sehenswürdigkeiten abhaken, sondern ein bisschen ein Gefühl für die Gegend kriegen. Da es von den vier Tagen fast drei Tage lang geregnet hat, war das leider gar nicht so einfach 🙂  Wir kommen also wohl bestimmt noch einmal wieder.

Wirklich klasse ist das Museum der römischen Geschichte, gleich neben dem Theater und dem Amphitheater. Das Gebäude an sich ist klasse und es gibt viel zu gucken. Eine kleine Abteilung widmet sich der Religion des Mithras. So ganz sicher ist man sich bis heute wohl nicht, ob der römische Mithraskult nun von der iranischen Gottheit abstammt, oder nicht. Auf alle Fälle war es eine im gesamten Mittelmeerraum sehr verbreitete Religion, die erst vom aufkommenden Christentum abgelöst wurde.

In Mérida gibt es sogar eine Ausgrabungsstätte, die Casa de Mitreo. Leider hat es gerade in Strömen geregnet, als wir in der Nähe waren, deswegen haben wir den Besuch nicht mehr geschafft.

Mit einem einzigen Eintrittsticket für 15 Euro kannst Du übrigens das römische Theater (+ Amphitheater), die Alcazaba, den Circo Romano, die Casa de Mitreo und noch ein paar andere Monumente besichtigen. Lohnt sich! Nur das Museum für römische Geschichte ist extra.

Museum römische Geschichte
Calle de José Ramón Mélida,
06800 Mérida
Eintritt: 3 Euro

mérida museum
museum mérida

Hotel Apartamentos MPD
Rambla Mártir Sta. Eulalia, 12
06800 Mérida
Website www.hotelapartamentosmpd.com

Geschlafen haben wir in einem Hotel Apartment. Die Lage ist genial, wirklich mitten im Zentrum und ein Parkplatz gehört zum Apartment dazu. Gleich nebenan ist ein kleiner Supermarkt, die Sehenswürdigkeiten kann man allesamt zu Fuß erreichen und direkt um die Ecke gibt es einige sehr nette Restaurants. Die Apartments sind verschieden groß, es gibt kleinere und größere Wohnungen. Aber alle sind mit einer kleinen Küche ausgestattet.

hotel mérida

Restaurant Tipps

Fusiona Gastrobar
Calle José Ramón Mélida, 15
06800 Mérida
Alles ist super lecker! Wir haben die Karte hoch und runtergefuttert. Alles war köstlich, egal ob Pad Thai oder Risotto mit Plankton und Algen. Nicht traditionell, aber einfach sehr lecker.

mérida risotto

El Pestorejo
Calle José Ramón Mélida, 19
06800 Mérida
Spezialität des Hauses sind pestorjeos, Schweineschnauzen als Tapas. Es gibt aber auch Schinken (der beste spanische Schinken kommt aus Extremadura) und Käsespezialitäten. Total nette Bedienung. Hier haben wir morgens leckere toastadas mit Tomate und Öl und Kaffee für 2,60 Euro gefrühstückt.

schinken käse merida

El Puchero de la Nieta
Calle José Ramón Mélida, 14
06800 Mérida
Einfache Hausmannskost, günstig, bis spät abends geöffnet. Hier gibt es auch die traditionellen Migas, obwohl das eigentlich ein Wintergericht ist. Falls Du das Gericht aus Brotkrümeln noch nicht kennst, solltest Du es unbedingt kosten. Die Migas in Extremdura sind übrigens ganz anders, als die aus Andalusien. Darauf bestehen die Extremeños.

merida migas restaurant