Ein Storchenpaar klappert inbrünstig auf dem Dach. Sie haben sich gerade erst gefunden und bauen noch an einem gemeinsamen Nest. Störche sind eigentlich sehr treu und treffen sich jedes Jahr wieder mit demselben Partner. In Idanha-a-Velha hocken sie auf allen Dächern, auf Palmen und Schornsteinen. Ein wahres Klapperkonzert. Laut und beeindruckend.

Leicht verträumt und sehr idyllisch liegt Idanha-a-Velha an dem kleinen Flüsschen Pônsul. Zu Zeiten der Römer führte eine bedeutende Handelsstraße hier entlang und verband die beiden damaligen Zentren Emerita Augusta (Mérida) und Bracara Augusta (Braga). Die gute Lage am römischen Handelsweg sorgte dafür, dass der Ort rasch wuchs. Leicht zugänglich in einer Talsohle und relativ ungeschützt blühte der kleine Ort regelrecht auf. Es müssen friedliche Zeiten gewesen sein, perfekt zum Handel treiben.

Störche Idanha-a-Velha

Das heute so verschlafene Dorf hatte sich bald zu einer bedeutenden Stadt entwickelt. An die viertausend Menschen lebten im sechzehnten Jahrhundert in Egitania, wie Idanha-a-Velha damals genannt wurde.

römische Brücke Idanha-a-Velha

 Idanha-a-Velha          Idanha-a-Velha

Heute leben nur noch rund 40 Einwohner, vorwiegend ältere Leute, hier. Doch im Gegensatz zu anderen historischen Dörfern ist Ildanha-a-Velha noch sehr lebendig. Die Leute sitzen vor dem kleinen Café auf der Straße, hängen Wäsche auf oder werkeln im Garten. Auch Fremden wie mir gegenüber sie sind wirklich offen und freundlich. Eine ältere Dame ist super lieb und erklärt mir lächelnd den Weg zu dem winzigen Büro der Touristeninformation.

Die Visigothen hatten auf ihrer Wanderung das frühe Christentum mit in diese Gegend gebracht. Sie bauten einen prächtigen Bischofspalast und eine beeindruckende Kathedrale, Sé Catedral, deren Überreste bis heute erhalten sind. Als der Bischof seinen Sitz nach Guarda verlegte, wurde aus der einst mächtigen Kathedrale eine einfache Kirche, die Igreja de Santa Maria. Trotz unzähliger Umbauten sind an den Wänden noch romanische Malereien aus dem sechzehnten Jahrhundert zu erkennen.

König Wamba

Stark soll er gewesen sein, klug und mutig, König Wamba, der sagenumwobene König der Visigothen. Nach den Römern aber noch bevor die Mauren die Iberische Halbinsel weitgehend eroberten hatten, lebten die aus dem Osten Europas eingewanderte Volksstämme in der Gegend des heutigen Idanha-a-Velha.

Einer Legende nach, die man sich hier im Dorf erzählt, soll der Rei Wamba aus ihrem kleinen Ort stammen. Er habe auf dem Felde gearbeitet, als die Abgesandten des Hofes kamen, um ihn als einen der mutigsten und stärksten Männer zum neuen König zu proklamieren. Doch Wamba lehnte das Angebot ab und bearbeitete weiter mit seinem Bullen den Acker. Als die Gesandten insistierten, steckte Wamba schließlich einen Holzstock in den Boden und rief: “Ich werde erst euer König, wenn dieser Stock ausschlägt”. Damit war die Sache für ihn erledigt. Dachte er. Doch schon am nächsten Morgen trieb der Stock tatsächlich Blüten und Wamba musste mit den Gesandten an den Hof gehen und König werden.

Aus dem Baum soll in Idanha-a-Velha noch eine ansehnliche Esche (freixo) gewachsen sein, die mir João, mein Guide, von der Stadtmauer aus zeigt. Später soll der König dann so manche Schlacht für sein Volk gewonnen, am Ende aber von einem Vertrauten verraten worden sein. Es gibt so viele verschiedene Geschichten über diesen König, die sich untereinander leider oft widersprechen. So gibt es in Südspanien beispielsweise gleich zwei Dörfer, die für sich in Anspruch nehmen, der Geburtsort Wambas zu sein.

Römer

Lange vor den Visigothen sollen schon die Lusitaner hier ihre Hauptstadt errichtet haben. Aus der Zeit der römischen Besiedlung stammen zahlreiche Grabsteine, die die Archäologen bei ihren Ausgrabungen gefunden haben. Auch draußen auf der Erde, neben der alten Kirche, kann ich zahlreiche antike Steine mit verschiedenen Buchstaben erkennen. An der Stelle, an der sich heute die Kirche Igreja de Santa Maria befindet, muss schon zu Zeiten der Römer ein bedeutender Tempel gestanden haben. Die Säulen im Inneren der Kirche sollen sogar recycelte Überreste des Venustempels sein.

 Idanha-a-Velha grabinschirft roemisch

Die gut organisierten Römer ließen angeblich die Einheimischen Lusitaner für sich arbeiten. Doch die nahmen es mit der Pünktlichkeit nicht immer so genau und kamen zu spät zur Arbeit. Also besorgten die römischen Aufseher einen Hahn, der die Arbeiter jeden Morgen bei Sonnenaufgang weckte. Nun waren die Lusitaner morgens pünktlich. Jedenfalls eine Weile lang. Bald schon erschienen sie wieder zu spät. Den Hahn hatten sie aufgegessen und das Problem ging von vorne los.

archaeologische ausgrabungen Idanha-a-Velha
archaeologische ausgrabungen Idanha-a-Velha
archaeologische ausgrabungen Idanha-a-Velha

Mittelalter

Im Mittelalter statteten auch die Mauren dem heutigen Idanha-a-Velha einen kurzen Besuch ab. Aber sie blieben nicht lange hier. Ihre Wege führten eher in Richtung Zentraleuropa. Da sie am nördlichen und östlichen Teil der iberischen Halbinsel interessiert waren, überließen sie das abgelegene Dorf bald wieder seinen Bewohnern.

Im dreizehnten Jahrhundert schenkte Sancho II die kleine Siedlung den Tempelrittern, die hier eine Festung errichteten. Sehr spannend ist die Rolle der Tempelritter in Portugal. Wirklich verboten oder gar ausgerottet wurden die Templer hier nämlich nicht. Weder der spanische König Ferdinand (siehe Miravet) noch der portugiesische König Dinis hatten Interesse daran, die Tempelritter zu verfolgen. Um die Templer  und ihre Besitztümer zu schützen, benannten sie den Orden einfach um. In Portugal fanden die Tempelritter im neu gegründeten Orden do Cristo Unterschlupf und konnten so der päpstlichen Verfolgung entgehen. Als die Portugiesen in ihren Karavellen loszogen, um die neue Welt zu erobern, führten die Schiffe stets das Kreuz der Templerritter auf ihren Segeln.

 Idanha-a-Velha reste Steine Tempelritter kreuz

Unter der Herrschaft Don Manuel I im sechzehnten Jahrhundert erlebte Idanha-a-Velha dann eine weitere kleine Blüte. Der Seefahrer-König investierte viel Geld in die Aldeias nahe der Grenze. Aus seiner Zeit stammt auch der Pelourinho.

pelourinho Idanha-a-Velha

REStaurant Idanha-a-Velha

Zum Schluss meines Rundgangs durch Idanha-a-Velha gehen wir noch einen Kaffee trinken. Nachdem die ursprünglich aus Lissabon stammende Maria schon in Norwegen und sonst wo in der Welt gelebt hat, kam sie vor ein paar Jahren hierher. In ihrem kleinen Restaurant kocht sie nun makrobiotische aber auch traditionelle Gerichte in ihrem ganz eigenen, sehr kreativen Stil. Mir läuft das Wasser schon im Mund zusammen, als sie mir ihre Karte erklärt. Leider haben wir keine Zeit mehr, um hier zu essen, so kann ich nur einen ihrer glutenfreien Orangenkekse kosten (lecker!). Wenn ich das nächste Mal hier in der Gegend bin, werde ich definitiv ein paar Tage nur für Idana-a-Velha einplanen. Ich mag diese kleine aber fröhliche Dorfgemeinschaft. Ein beschaulich ruhiger und doch so lebendiger Ort.

katze Idanha-a-Velha

Infos zu Idanha-a-Velha

Es ist eigentlich unglaublich, was die Archäologen hier schon alles im Boden gefunden haben: eine Basilika der Visigothen, ein frühchristliches Taufbecken, einen römischen Tempel, einen Wehrturm und Überreste der Templerburg. Auch die alte Stadtmauer ist noch super erhalten. Archäologiestudenten, die regelmäßig in Idanha-a-Velha arbeiten, haben neulich erst das Südportal gefunden, das man bislang an einer anderen Stelle gewähnt hatte. Direkt in der Mauer wächst ein großer alter Baum praktisch aus der Mauer heraus. Er ist so alt, dass er die Stadtmauer mit ihren teilweise 300 kg schweren Steinen teilweise in sich aufgenommen hat. Es sieht aus, als hätte der Baum die Steine verschlungen. Nun sind sie ein Teil von ihm geworden.

Baum Stadtmauer Idanha-a-Velha

Bei einem Spaziergang um Idanha-a-Velha herum erkennt man hinten am Fluss hochkant aufgestellte Steine, die aus dem Wasser ragen. Wenn ich João richtig verstanden habe, dann war das eine Art primitive Brücke, über die die Dorfbewohner auch bei höherem Wasser trockenen Fußes auf ihre Felder gelangt sind. João erinnert sich sogar noch, wie die Frauen früher schwere Körbe auf dem Kopf tragend, geschickt über die Steine balancierten.

 Idanha-a-Velha

Bis in die sechziger Jahre wurde die alte Olivenölpresse noch benutzt. Wie der gemeinschaftlich genutzte Ofen des Dorfes gehörte auch die Ölpresse der reichen Großgrundbesitzerfamilie, für die früher jeder im Dorf  auf die eine oder andere Weise arbeitete. Hier wurden die Oliven gepresst und zu Öl verarbeitet. Die verbliebene Paste verfütterte man an die Tiere oder nutzte sie getrocknet als Heizmaterial. Als in den fünfziger Jahren dann die große Abwanderungswelle einsetzte und Tausende Portugiesen im Ausland nach Arbeit suchten, brauchte die Presse niemand mehr und das Gebäude verfiel.

olivenpresse olivenöl Idanha-a-Velha

Marias kleines Restaurant befindet sich übrigens unverfehlbar mitten im Dorfzentrum, unweit der Touristeninformation. João hat dort an der Wand eine echte adufe entdeckt, eine ganz besondere Schlagtrommel, die nur von Frauen gespielt wird.

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Interessante Links zu Idanha-a-Velha:

www.turismo-prerromanico.com

www.aldeiashistoricasdeportugal.com

www.portugalvirtual.pt

wikipedia.org/wiki/Wamba

stadtmauer portal nord Idanha-a-Velha

kirche wandmalereien Idanha-a-Velha

TEmpelritter burg Turm Idanha-a-Velha

Der Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von TCP/ARPT Centro de Portugal eingeladen wurde.