Der Anblick des in den Felsen gebauten Klosters ist umwerfend. San Juan de la Peña ist nicht nur eines der spektakulärsten Felsenklöster in Spanien. Viele Sagen und Legenden hat man sich im Laufe der Jahrhunderte über diesen Ort erzählt. Eine der spannendsten Geschichten ist die des Heiligen Grals, der auf seinem Weg nach Valencia hier eine Weile versteckt worden sein soll.

Gemälde San Juan de la Peña viejo

Aber schon die Entstehungsgeschichte des Felsenklosters im achten Jahrhundert ist von christlichen Mythen und Wundern begleitet. Delia, die mich ein paar Tage durch den Norden Aragóns begleitet, erzählt mir die Legende.

Felsenkloster San Juan de la Peña alt

Vor langer, langer Zeit soll ein edler Herr namens Voto in den Wäldern bei Jaca einen Hirsch gejagt haben. Das flüchtende Tier rannte auf einen Abhang zu und stützte hinab. Der Jäger konnte nicht mehr rechtzeitig die Schritte seines Pferdes bremsen und folgte dem Hirsch in die Tiefe. Noch während er fiel, betete er zu San Juan, um sein Leben. Prompt setzte sein Pferd sanft die Hufe auf den Boden und er landete wohlauf neben dem toten Hirsch am Boden. In einer Höhle fand er die Knochen eines Eremiten, und zwar eben des Heiligen, zu dem er kurz zuvor gebetet hatte. Aus Dankbarkeit beschloss Herr Voto sich an dieser Stelle niederzulassen und eine Kirche zu bauen, die er San Juan widmete.

Die ältesten Teile des Felsenklosters gehen zurück auf die Zeit um das zehnte oder elfte Jahrhundert. Die maurischen Truppen, die innerhalb kürzester Zeit fast die komplette Iberische Halbinsel erobert hatten, hielten sich in den Pyrenäen nur kurze Zeit. Christliche Herrscher begannen bald sie zurückzudrängen und errichteten einen Gürtel aus Burgen, Klöstern und kleinen Dörfern, der als Schutzwall gegen die Eroberer dienen sollte.

schlafsaal San Juan de la Peña Felsenkloster

Im Untergeschoss befand sich der Schlafsaal der Mönche. Der Raum ist dunkel, denn nur wenig Licht fällt durch schmale Schlitze im dicken Mauerwerk. Diese Fenster waren so eng, um sich gegen feindliche Angriffe, aber auch gegen wilde Tiere zu schützen, denn damals wimmelte es in den Wäldern noch von Bären und Wölfen. Zum Waschen gab es fließendes Wasser aus einer eiskalten, aus dem Felsen sprudelnden Quelle. An einer undichten Stelle, an der das Wasser langsam aber stetig von der Decke tropfte, soll die Bestrafung der Mönche stattgefunden haben, wenn diese sich nicht an die strengen Ordensregeln gehalten hatten.

Hinter dem ehemaligen Schlafsaal betreten wir einen Raum, dessen Kopfseite an zwei parallele Kirchenschiffe denken lässt. Offenbar war die erste prä-romanische Kirche, die man errichtet hatte, in eine Kapelle für Männer und eine für Frauen getrennt worden. Überreste romanischer Wandmalereien zeigen Szenen aus dem Leben der Brüder San Damián und San Cosme, zweier Brüder, die als Ärzte den Armen halfen und den Märtyrertod starben.

romanische Malerei

Dann, so erklärt Delia mir, muss das Kloster eine Zeit lang verlassen worden sein. Vermutlich kamen die maurischen Eroberer der Gegend gefährlich nah und die Geistlichen flohen über die Pyrenäen in Richtung Norden. Erst im elften Jahrhundert kehrten Mönche aus Cluny zurück und San Juan de la Peña wurde ein Benediktinerkloster. Das Felsenkloster war von da an jedoch den Mönchen vorbehalten. Die Benediktinernonnen zogen in das nahe gelegene Kloster Santa Maria de la Serós, von dem heute nur noch die Kirche erhalten ist.

Der Jakobsweg verlief in dieser Zeit nahe dem Kloster, sodass viele Pilger und Reisende hier einkehrten. Auch um die Heiligen Damian und Kosmas um Genesung von Wunden oder Schmerzen zu bitten, machten viele Gläubige in San Juan de la Peña Halt. Bei so viel Andrang, musste das bestehende Gebäude bald vergrößert werden und so errichtete man über der ersten Kirche eine neue, direkt darüber.

Felsenkloster Spanien San Juan de la Peña

Bis heute ist nur ein kleiner Teil des Klosters freigelegt worden. Vermutlich befanden sich weitere wichtige Räume wie die Bibliothek, der Speisesaal und das Refektorium weiter unten und liegen noch unter der Erde verborgen. In der einstigen Backstube fand man jedoch Knochen, deren Analyse darauf hindeutet, dass sich an dieser Stelle ein Pantheon der ersten Könige Aragons befand. Wenn ein oder mehrere Herrscher in diesem Kloster beigesetzt wurden, muss es sich damals schon um eine bedeutene Stätte gehandelt haben. Wie der Patio de los Nobles zeigt, wollten zahlreiche wohlhabende Adelsfamilien ganz in der Nähe der Königsgräber beigesetzt werden.

Grabfund Würfel Pantheon SAn Juan de la Peña

Patio de los Nobles

Die Wappen auf den Grabplatten erzählen auch die Geschichte Aragons. Symbole der Dreifaltigkeit, für den Anfang und Ende des Lebens und der Welt sind zu finden. Das ursprünglich nach dem Fluss Aragón benannte Gebiet, das sich zwischen dem Königreich von Pamplona und den benachbarten Fürstentümern Ribargorza und Sorbarbe erstreckte, wurde unter Ramiro I im 11. Jahrhundert zu einem eigenen kleinen Königreich.

Die schachbrettartigen Muster werden laut Delia auf die Stadt Jaca zurückgeführt, denn auf Spanisch heißen die Stadt und das Spiel (Schach) gleich. König Sancho Ramirez von Pamplona, der gleichzeitig als Sancho I Aragón regierte, machte Jaca zur neuen Hauptstadt und ließ dort eine Kathedrale errichten. Andererseits könnte sich Jaca aber auch von der französischen Aussprache des Jakobswegs (Jacques) ableiten, der hier entlang verlief.

Kirche San Juan de la Peña
der heilige Gral

In der „neuen“ Kirche steht ein edel geschmückter Kelch auf einem Sockel. Der Sage nach war die ursprünglich schlichte Holzschale, der Kelch, den Jesus beim Abendmahl seinen Jüngern reichte. Im Laufe der Jahrtausende entwickelt sich dieser Gral zu einer der mysteriösesten Reliquien der Welt. Auf seiner Wanderung durch halb Europa soll der Heilige Gral eine Weile in San Juan de la Peña versteckt worden sein, eher er nach Valencia gelangte, wo er angeblich in der Kathedrale aufbewahrt wird. Das Gefäß im Felsenkloster ist natürlich nur eine Reproduktion, aber trotzdem hübsch geheimnisvoll.

kreuzgang Felsenkloster San Juan de la Peña alt

Ich bewundere den Kreuzgang mit den gut erhaltenen Kapitellen, die die Geschichten der Bibel erzählen, und streife neugierig durch die Überreste des Klosters. Dann ist es Zeit, sich auf den Weg in das neue Monasterio de San Juan de la Peña zu machen. Denn nach einem verheerenden Brand im 17ten Jahrhundert zogen die Mönche auf eine höher gelegene Wiese, auf der sie ein neues größeres Kloster errichteten.

Kapitell

Wanderweg zum neuen Kloster

Vom alten Felsenkloster führt ein schmaler Weg hinab zu einem Toilettenhäuschen. An dem kleinen Bau vorbei geht der Weg noch einige Meter weiter geradeaus bis man auf der rechten Seite eine Treppe erreicht. Die steigt man, ganz allmählich, denn es sind einige Stufen hinauf. Oben angelangt, muss man nur noch eine Wiese überqueren und steht vor dem neuen Kloster. Es ist schnell verständlich, warum die Mönche diese Lichtung wählten. Das Leben in dem neuen Kloster war trockener, heller und ganz sicher gesünder, als in dem feuchten, dunklen Felsenkloster.

weg vom alten zum neuen Kloster

Es gab so viel Platz in der neuen Anlage, dass man die Gäste in zwei verschiedenen Bereichen unterbrachte, eine ziemlich luxuriösen Unterkunft für die Adeligen und einer einfachen Herberge für Arme und Pilger. Doch das Glück dauerte nicht lange, denn schon 1835 schwappte nach dem Erlass des Gesetzes der Desamortisación (Mendizábal) eine Enteignungswelle aller kirchlichen Güter durch das ganze Land. Die Mönche wurden vertrieben und das Gebäude stand lange Zeit leer. Erst im 21. Jahrhundert wurde es restauriert und ein Museum eingerichtet, das an das Leben der Mönche erinnert.

SAn Juan de la Peña nuevo Museo

Museum neues Kloster speisesaal

Museum Monasterio San Juan de la Peña

Wie in einer Ausgrabungsstätte läuft man oberhalb der Mauerreste auf einer Glasplatte entlang, durch die man die Zellen der Mönche und den Speisesaal betrachten kann. Überall sind Figuren aufgestellt, die den Alltag anschaulicher machen. Den ausgemergelten Gesichtern nach, scheint das Leben und Arbeiten auch in dem neuen Gebäude hart und entbehrungsreich gewesen zu sein.

Wanderweg

Vom neuen Kloster San Juan de la Peña aus spazieren wir weiter zum Balcón de los Pirineos, einem Aussichtspunkt, von dem aus man einen Blick auf die sich nördlich von hier erstreckenden Berge werfen kann. Unterwegs hören wir einen Buntspecht, den Picapinos, der fleißig bei der Arbeit ist. Der Waldboden ist mit kleinen Eicheln übersät. Als wir am Aussichtspunkt ankommen, breitet ein Quebrantahuesos, ein Bartgeier, gerade seine enormen Schwingen aus. Aber auch andere Geier und Adler sind hier oben zahlreich zu Hause.

Eichenblätter im Wald

Balcón de los Pirineos Ausichtspunkt

Infos Felsenkloster San Juan de la Peña

Auf der Website des Monasterios de San juan de la Peña finden sich neben nützlichen Infos zum Kloster auch die Erklärungen der Wanderwege.
Eintritt (normal, ohne Ermäßigung): 12 Euro
Das Ticket gilt sowohl für das alte, als auch für das neue Kloster und die Kirche Santa María in Santa Cruz de la Serós.
Im neuen Kloster befindet sich eine kleine Cafeteria, in der es richtig guten Café gibt!

Beinah zehn Jahre liegt mein erster, kurzer Besuch in San Juan de la Peña schon zurück: Roadtrip durch die Provinz Huesca

Hinweis: Der Artikel entstand  im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von Turismo Aragón eingeladen wurde.