Die Region La Rioja und ihre kräftigen Rotweine sind untrennbar miteinander verbunden. Auch ich denke zuerst an den kräftigen Saft der Trauben, die in dieser Gegend so gut gedeihen. Die Landschaft um uns herum ist ein einziges, endlos scheinendes Meer an Weinstöcken. Der Ebro schlängelt sich milchig braun durch das Grün und Weinreben wachsen in allen Richtungen, so weit das Auge blickt. Immer wieder fahren wir an großen und kleinen Bodegas vorbei, viele davon mit großem Namen: Muga, López de Heredia, Campoviejo, Marqués de Murrieta oder Marqués de Cáceres. Viele der bekanntesten Weinkellereien liegen hier dicht beianander, denn flächenmäßig ist die Region La Rioja nicht besonders groß.

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Allerdings gehören die Weinstöcke, auf denen laut Consejo Regulador die Reben für die Ursprungskennzeichnung D.O. La Rioja angebaut werden dürfen, nicht ausschließlich in der gleichnamigen Region. Auch auf einigen Böden im angrenzenden Baskenland und in Navarra werden Trauben angebaut, die später zu Rioja Weinen werden. Die geologische Struktur des Erdreichs hält sich eben nicht an politische Einteilungen, sondern folgt eigenen Regeln.

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Einige der großen Bodegas strahlen schon von Weitem mit ihren schlossartigen Anlagen teure Eleganz und Luxus aus. Echte Hingucker am Wegesrand sind die auffälligen Bauten von renommierten Architekten wie Frank Gehry oder Santiago Calatrava. Wir beschließen lieber eines der kleineren Weingüter in La Rioja kennenzulernen, und entscheiden uns für den Besuch eines Familienbetriebs in Briones.

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Als wir in dem kleinen Ort ankommen, bereitet man sich gerade auf das am kommenden Wochenende stattfindende Mittelalter-Fest vor. Aufwändig verkleiden muss Briones sich gar nicht, denn hier sieht es auch ohne Fest schon recht mittelalterlich aus. Schmale Gassen führen zu prachtvollen Palästen, der Iglesia de Nuestra Señora de la Asunción und einer kleinen Ermita. Für das Fest sind die Fassaden der Häuser bereits mit Holzschildern dekoriert, die auf die verschiedenen Berufe hinweisen. Auf dem zentralen Platz vor der Kirche stapeln sich die Weinfässer und überall stehen Katapulte und anderes mittelalterliches Gerät, das am Wochenende zum Leben erweckt werden wird.

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Im Restaurant Los Calaos de Briones finden wir einen freien Tisch und lassen uns in dem wunderschönen Steinkeller aus dem 17. Jahrhundert das Mittagessen schmecken. Zum Nachtisch muss ich ein traditionelles Dessert des südlichen Baskenlandes, das hier nur einen Katzensprung entfernt ist, kosten: Goxua ist eine mehrschichtige Süßspeise aus Vanillecreme, Biskuit, Sahne und einer Karamellsoße. Köstlich! Nach dem Essen ist es Zeit für den Besuch des Weinguts.

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Bodega Betolaza

Seit Generationen baut die Familie Betolaza Wein in La Rioja an. Vor über 20 Jahren entschlossen sie sich, eine eigene Bodega zu gründen, statt die Trauben an die prestigeträchtigen Weinkellereien der Umgebung zu verkaufen. 2006 brachten Clara und ihr Bruder den ersten eigenen Crianza auf den Markt.

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Mitten in Briones geht es vor dem hübschen alten Gebäude, das mit bunt blühenden Blumen geschmückt ist, links ab zur Produktionsstätte. Clara zeigt uns, wo die Trauben angeliefert und wie sie verarbeitet werden. Die Betolazas verarbeiten nur ihre eigenen Trauben, die sie hegen und pflegen, damit am Ende ein wunderbarer Wein entstehen kann. Trotz aller Liebe, die in den Reben steckt, kann je nach Wetterlage ein Jahrgang mal besser, mal weniger gut ausfallen. Aber davon lassen sich die Betolazas nicht abschrecken. Statt die Trauben möglichst früh zu lesen, und wetterbedingten schlechten Einflüssen zu entgehen, erfolgt die Lese stets per Hand und erst relativ spät, wenn die Trauben und auch die Kerne wirklich reif sind.

Clara lässt den Früchten ihre Zeit, was natürlich ein größeres Risiko bedeutet, denn wenn es heftig regnet oder gar hagelt, kann eine ganze Ernte schnell dahin sein. Und wie alle Weinkellereien muss sich auch die Familie Betolaza an die strengen Regeln des DOC halten. Sie dürfen nicht zu viel oder zu wenige Trauben produzieren, denn neben der Sonne und der Lage beeinflusst auch die Menge der Früchte an einer Rebe den Geschmack. Stehen die Trauben zu dicht beieinander, sind sie anfälliger für Krankheiten und Kraft und Aromen sind intensiver, wenn sie sich nicht auf zu viele Früchte verteilen müssen.

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Clara erklärt ausführlich und leicht verständlich jeden Schritt der Produktion. Man merkt deutlich, wie viel Herzblut sie in diese Arbeit steckt und wie wichtig es ihr ist, dass der Wein, den sie herstellen, nicht vorwiegend nach den Aromen der Eichenholzfässer schmeckt. Die ganz unterschiedlichen Eigenschaften der einzelnen Trauben sollen den Charakter ihrer Weine ausmachen. Und das tun sie auch. Nachdem wir die riesigen Inoxtanks und den Weinkeller mit den bauchigen Fässern bestaunt haben, geht es zur Verkostung in den Calado, so nennt man hier die unterirdischen Kellerräume, in denen die Einwohner Briones früher ihre Weine lagerten.

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Wir verkosten drei Weine, einen weißen und zwei rote. Der Magadi ist dunkler als die meisten Weißweine und schmeckt samtiger und kräftiger, fast wie ein Rotwein. Clara verrät, dass der Magadi tatsächlich ein Jahr im Eichenfass ruht und daher seinen weichen, warmen Charakter hat. Die typische Säure weißer Weine schmeckt hier angenehm frisch.

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Dann probieren wir den Calitrancos. Schon die Form der Flasche und die Farben des Etiketts lassen einen vollmundigen, charakterstarken Rotwein vermuten. Und tatsächlich hält dieser Wein sogar mehr als er verspricht. Eine wahre Explosion an Düften, Aromen und Bildern im Kopf begleiten jeden Schluck. Von Waldfrüchten über Kakao und Gewürzen passiert hier so viel im Mund, dass man sich echt Zeit nehmen muss, diesen Wein zu genießen – am besten in einem Schaukelstuhl am Kaminfeuer.

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Der letzte Wein, den wir verkosten dürfen, ist der Resaco, ein Wein nur aus Garnatxa Trauben. Ganz anders als der Calitrancos, schmeckt dieser Wein aus 2019 fast schon leicht und sehr elegant. Ihm fehlt die pelzige Schwere, die so typisch für Riojas ist. Stattdessen kommt der erdbeerige Geschmack der Garnatxa Trauben deutlich zum Vorschein. Clara erzählt, dass sie unglaublich früh am Morgen mit der Lese der Trauben begonnen haben, um die Kühle der Nacht zu nutzen. Von Hand werden zwar alle Weinreben der Betolazas gelesen, aber beim Resaco kommt auch in der anschließenden Verarbeitung keine Maschine an die sensiblen Früchte. Die ganze Familie musste mithelfen, damit dieser Wein so einzigartig schmeckt. Eine aufwändige Handarbeit von der Lese bis zur Abfüllung.

Übernachtet haben wir in einem kleinen, familiären Hotel am Ortsrand von Briones. Die Casa Meson hat nette, einfache, sehr saubere Zimmer und extrem gemütliche Matratzen. Maricruz bereitet am Morgen ein liebevolles Frühstück zu, mit selbst gebackenem Kuchen und Himbeermarmelade aus den Früchten, die in dem kleinen Garten vor dem kleinen Hotel, neben Tomaten und grünen Bohnen wachsen.

Infos La Rioja Weingut, übernachten und essen:

Weingut La Rioja:
Wir haben die Bodega Betolaza besucht betolaza.es Die verschiedenen Möglichkeiten der Besichtigung mit Weinprobe kosten ab 18 Euro aufwärts. Wir haben noch ein paar Flaschen Wein mitgenommen. Kein billiges Vergüngen, aber absolut lohnenswert.

Essen:
Restaurant www.loscalaosdebriones.com Sehr netter Service und gutes Essen – nicht nur Goxua.

Übernachtung La Rioja:
Casa El Meson www.elmesonbriones.es Sehr günstig, absolut nett und freundlich. Wir haben für eine Nacht 59 Euro gezahlt.

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Besondere Architektur:
Wie schon erwähnt, schlägt das Herz aller Architekturfans bei einigen Weingütern der Rioja sicher schneller. Denn kein geringer als Frank Gehry entwarf das Hotelgebäude der Bodega Marqués de Riscal, das mit seinem bunten Metallschleifen schon von Weitem erkennbar ist. Leider zog gerade ein dunkles Gewitter auf, als wir dort vorbeifuhren. Da ich nicht nass werden wollte, sind wir weitergefahren. Ganz in der Nähe liegt ein anderes „Highlight“ für Avantgarde-Liebhaber, nämlich die Bodega Ysios von Santiago Calatrava. Außer diesen beiden Attraktionen gibt es natürlich noch jede Menge andere große Namen und auffallende Bauwerke in La Rioja (und den angrenzenden Bereichen des Baskenlandes und Navarras, die zur D.O. zählen).

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marques-de-riscal-gehry-la-rioja-architekturBodega Marqués de Riscal von Weitem 

Haro ist zwar nicht die Hauptstadt der Region La Rioja, das ist Logroño, aber es ist die Hauptstadt des Rioja, wie uns ein netter Kellner dort erklärt hat. In der Pasteleria Isasi habe ich eine Schachtel Trufas del Vino erstanden, auch extrem lecker, aber noch besser, wenn sie eiskalt sind (Tipp: nicht im Auto liegen lassen).

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