Marseille riecht nach Fisch, nach den Dieselmotoren der Schiffe und nach Meer. Früh am Morgen blicke ich aus meinem Zimmerfenster auf die Promenade. Der Hafen erwacht bereits zum Leben, als sich die Sonne noch auf dem Weg an ihren Platz am Himmel befindet und den Port Vieux in ein sanftes Licht taucht. Die Schiffe schaukeln still vor sich hin und warten geduldig darauf in See stechen zu dürfen.
Schnell ziehe ich mich an, frühstücke und dann stehe ich auch schon unten auf der Straße. Ein kalter Wind weht mir um die Ohren. Der Mistral sorgt für saubere Luft. Ich vermute, er ist auch für das wundervolle Licht verantwortlich. Aber er ist auch echt kalt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Noch mal zurück ins Hotel, eine Jacke holen, dann mache ich mich endlich auf, das alte Marseille zu erkunden.
Die ersten Fischer sind bereits zurück von ihrer Fahrt aufs Meer und bieten im Hafen schon den Fang zum Kauf an. “Dieses Jahr gibt es einfach keine Knurrhähne. Letzte Woche wollte ich eine Suppe für meine Cousine kochen, die zu Besuch war, aber ich habe keinen Knurrhahn gekriegt”, jammert eine ältere Dame dem Fischer vor. Der nickt nur stumm. Die Fische sehen richtig gut aus. Es gibt kleine Seeteufel, Drachenköpfe, Brassen und eine dicke Muschel. Sicher kann man daraus eine leckere Bouillabaisse kochen. Ich liebe Fischgerichte total. Vermutlich schmeckt die berühmte Marseiller Fischsuppe nach Mittelmeer, Sonne und nach Omas Küche.
Gegend halb zehn erwacht so langsam auch Le Panier, das älteste Viertel Marseilles. Würde ich hier ein Loch graben, kämen garantiert Reste der ersten antiken Siedlungen zum Vorschein. Denn Marseille ist eine der ältesten Städte Frankreichs. Vor zweieinhalb Tausend Jahren liessen die Griechen sich in einer der wunderschönen Buchten der Calanques nieder. Danach kamen andere, Phönizier, Römer, Mauren, und hinterließen ihre Spuren. So entwickelte sich aus dieser ersten Siedlung im Laufe der Jahrtausende das heutige Marseille. Auch die jüngeren Zuwandererwellen aus Korsika, Algerien oder Italien, ließen sich stets im Le Panier nieder, das so etwas wie ein Stadtteil der Einwanderer wurde.
Lange Zeit galt das Viertel als Schmuddelkind und Problemviertel der Stadt. Doch in den neunziger Jahren wurde aufgeräumt. Ein groß angelegtes Umstrukturierungsprogramm machte aus dem heruntergekommen Hafenviertel, einen Vorzeigestadtteil mit hübschen alten Gassen, kleinen Boutiquen, Kunsthandwerkern und netten Cafés.
Marseille ist eine atemberaubende Stadt, gleichzeitig alt und neu, eine in die Jahre gekommene Schönheit, die sich immer wieder neu erfindet.
Quer durch das Panier-Viertel schlendere ich in Richtung Kathedrale. Die Cathédrale Sainte-Marie-Majeure wirkt mit ihren hellen und dunklen Streifen angenehm orientalisch. Sie strahlt Herzlichkeit und Wärme aus.
Ich steige ein paar Stufen zu den alten Docks hinab. Hier legten früher die Schiffe nach Übersee ab. Bis vor ein paar Jahren führte noch eine gigantische Autobahnbrücke direkt durch den Hafen, an der alten Kathedrale vorbei. Das hat man mir jedenfalls erzählt. Zum Glück beschloss man jedoch irgendwann, neuen Raum zu schaffen und das Viertel den Bewohnern zurückzugeben. Heute ist La Joliette ein ruhiges, aufgeräumtes Viertel. Bis auf einige Fähren werden alle großen Frachter und Kreuzfahrtschiffe im neuen Hafen, westlich von hier, abgefertigt.
Auch das MUCEM, das 2013 eröffnete Museum für die Kulturen Europas und des Mittelmeers, erhebt sich an der neuen Hafenpromenade. Ein ungewöhnliches Gebäude, das mich wirklich überrascht und total überzeugt hat: Das MUCEM und die Abenteurer der Meere
Nützliche Infos zu Marseille :
Cathédrale Sainte-Marie-Majeure de Marseille
Place Albert Londres
13002 Marseille
Musée des civilisations de l’Europe et de la Méditerranée
7 Prom. Robert Laffont
13002 Marseille
Website: www.mucem.org
Hotel Tipp Marseille:
Geschlafen habe ich in einem niedlichen kleinen Hotel direkt im alten Hafen. Die Zimmer sind im Miró–Stil eingerichtet. Vom Fenster aus fällt mein erster Blick am Morgen sofort auf die Boote. Wirklich schön ist auch der Frühstücksraum mit dem farbenfrohen Geschirr und dem Blick auf den Hafen.
Hôtel La Residence Du Vieux Port
18 Quai du Port
13002 Marseille
Website: www.hotel-residence-marseille.com
Lesetipp:
Lange schon wollte ich mir die Marseille Krimis von Jean-Claude Izzo besorgen. Im Hafen habe ich dann sogar einen Band gefunden, der alle drei Bücher der Reihe Total Khéops, Chourmo und Solea enthält. Natürlich bin ich sofort in den Abenteuern des Fabio Montale versunken … Sehr empfehlenswert!
Dieser Artikel entstand im Rahmen des #FrenchCultureAward 2017. Die Übernachtung in Marseille erfolgte auf Einladung von Atout France und Mucem. Meine Meinung ist davon unberührt. Mit diesem Beitrag nehme ich am French Culture Award 2017 teil.
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