Prachtvoll und schön wie Damaskus und Byzanz soll die Medina Azahara einst gewesen sein, eine der schönsten Städte der islamischen Welt des Mittelalters. Die Strahlende wurde diese neue Stadt, die Kalif Abd al-Rahman III im Jahre 926 vor den Toren Córdobas errichten ließ, genannt. Der Ruf ihrer Schönheit reichte weit über das Reich der Omayyaden, die im 10. Jhd. über das maurische al-Ándalus herrschten hinaus. Doch nur achtzig Jahre lang erfüllte buntes Leben die Straßen und Plätze dieser Stadt.
Abd al-Rahman III war der achte Emir von Córdoba. Beim Tod seines Vaters übernahm der noch junge Emir ein zerstrittenes Reich, das dem Kalifat von Damaskus untergeordnet war. Der junge Herrscher galt als gebildet, höflich und großzügig. Dem Vergnügen, besonders dem Wein, soll Abd al-Rahman nicht abgeneigt gewesen sein. Von eher kleiner Statur soll er dennoch gut aussehend gewesen sein. Seine Augen waren von einem dunklen Blau, seine Haare rötlich-blond und die Haut weiß, sagt man. Um arabischer zu erscheinen, habe er sich den Bart angeblich schwarz gefärbt.
Nachdem er zahlreiche Aufstände und Rebellionen im Reich der Omayyaden niedergeschlagen hatte, machte er aus dem Emirat von Córdoba ein eigenes Kalifat und nahm den Titel des ersten Kalifen an. Zum Zeichen seiner großen Macht, ließ er zu Füßen der Sierra Morena, nördlich des Guadalquivirs, eine neue, prachtvolle Metropole anlegen. Nur wenige Kilometer von Córdoba, dem bisherigen Zentrum des maurischen al-Ándalus entfernt, ließ er die Medina Azahara aus dem Boden wachsen. Nach Westen hin empfingen beeindruckende Torbögen der mächtigen Stadtmauer die Besucher. Verschlungene Wege führten durch die terassenförmig angelegte Stadt zum höchsten Punkt der Medina, wo sich der Palast des Wesirs, die offiziellen Empfangsräume und die privaten Gemächer des Kalifen und seiner Familie befanden.
Bis heute ist nur ein kleiner Teil der Überreste dieser einst so prächtigen Siedlung freigelegt worden. Doch schon diese 10% der Mauern und Ruinen, die bei den archäologischen Arbeiten ausgegraben wurden, sind beachtlich. Die Aljama war die Hauptmoschee der Medina Azahara und soll der Mezquita in Córdoba ähnlich gesehen haben. Gelehrte des Rechts und der Mathematik, frühe Wissenschaftler, gingen dort ein und aus, denn al-Ándalus galt im Mittelalter als ein herausragendes Zentrum der Wissenschaft, der Bildung und der Künste. Sogar in christlichen Klöstern sagte man Abd al-Rahman habe in seinem Reich einen Leuchtturm der Zivilisation und Kultur geschaffen.
Die Medina Azahara zeugte nicht nur von der Macht des Kalifen, sie war auch ein Denkmal der einzigartigen, harmonischen Baukunst dieser Zeit, in der großartige Paläste und Höfe angelegt wurden. Auch wenn heute nur die Mauern an die einstige Pracht der Anlage erinnern, kann man bei der Besichtigung der Medina Azahara die vergangene Schönheit der mit duftenden Orangenbäumen und wohlriechenden Blumen bepflanzten Terrassen und Höfe erahnen.
Informationen zur Medina Azahara
Als Michi und ich letztes Jahr im Frühling zum ersten Mal versucht haben, die Medina Azahara zu besuchen, waren wir gerade auf dem Weg an die Algarve, wo wir gern komplett abschalten und offline gehen. Total entspannt und auf wenig Menschen eingestellt, waren wir total überrascht wie voll es dort war. Denn das Frühjahr ist in Andalusien und besonders an den historischen Sehenswürdigkeiten wie der Medina Azahara, Hochsaison! Da man dort mit einem Shuttle-Bus vom Museum zur eigentlichen Stadt mit der archäologischen Ausgrabungsstätte fahren muss, hatten sich so lange Schlangen gebildet, dass wir auf den Besuch verzichtet haben.
Auf unsere Frage, wann die beste Zeit sei, um die Überreste der maurischen Stadt zu besuchen, sagte man uns, im Hochsommer oder im November sei nicht so viel los. Da der heiße Sommer wegen der unerträglichen Temperaturen ausfällt, versuchten wir es dann im November, als wir einen ganzen Monat in Andalusien unterwegs waren. Es war tatsächlich deutlich weniger los. Auf den Bus mussten wir immer noch warten, aber die Schlange war zum Glück nicht so lang wie im Frühling.
Die Fahrt zur Ausgrabungsstelle dauert rund 10 Minuten. Vom Eingang aus führt ein vorgegebener Weg durch die Anlage. Wir folgen den Pfeilen und gelangen zum Dar al-Wuzara, dem Haus der Wesire. Die erhaltenen Bögen sind einfach mega beeindruckend. Von hier aus geht es nur wenige Meter weiter zum einstigen Haupteingang der Stadt, der Bab al-Sudda, im Nordosten der Medina Azahara. Ein mächtiges Hauptportal umgeben von sechs bis sieben weiteren Portalen, sollten durch ihre Wehrhaftigkeit die Besucher schon aus der Ferne beeindrucken.
Ich persönlich fand die Türen in der Casa del Ya’far am schönsten. In den prachtvollen Gemächern lebte und residierte El Ya‘far, der höchste Beamte des Kalifen. Hayib war vermutlich ein Fatá, ein Eunuchensklave europäischen Ursprungs, dem der Kalif den Rang eines Freien schenkte und ihn mit wichtigen Aufgaben betraute. Der komplette Rundgang dauert 1 bis 2 Stunden, je nachdem wie schnell man geht und was man unterwegs alles hören oder lesen will.
Die vermutlich schönsten und wichtigsten Gebäude der ganzen Anlage müssen die Gemächer Abd al-Rahman III gewesen sein, doch der Salón de Abd al-Rahman III war leider bei unserer Besichtigung nicht zugänglich. Nach den mehrere Jahre andauernden Restaurierungsarbeiten soll der Salón Rico aber wieder für das Publikum geöffnet werden.
Im Besucherzentrum gibt es ein Museum mit Funden aus der Ausgrabungsstätte und einen Raum, in dem ein Film über die Medina Azahara gezeigt wird. Den Film findet man auch auf dem Youtube Kanal des Museums @MedinaAzaharaCAMadinatalZahra (mit englischen Untertitel)
Besucherzentrum und Museum der Medina Azahara
Carretra Palma del Río, km 5, 5
14005 Córdoba
Offzielle Website: www.museosdeandalucia.es
(Achtung: Es gibt eine Website mit dem Namen www.medinaazahara.org, die jedoch einem privaten Touranbieter gehört. )
Ein großer, kostenloser Parkplatz befindet sich vor dem Besucherzentrum. Mit privatem PKW geht es nicht weiter. Zu Fuß kann man zwar auch wandern, aber es ist ein gutes Stück zu laufen, und das Eintrittsticket muss man am Besucherzentrum (oder online) kaufen. Praktischer sind da die Busse vom Museum zur Ausgrabungsstätte. Die Bustickets gibt es auch im Museum/ Besucherzentrum.
(bereist im November 2023)
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