Etwas über 40 Jahre alt war der griechische Professor als er sich in Metaponto, im Süden Italiens niederließ. In Griechenland hatte er Mathematik und Philosophie studiert. Er war politisch engagiert, überzeugter Vegetarier und vertrat die Ansicht, dass wahre Freundschaft und Harmonie das Leben der Menschen bestimmten sollten. In der neuen Heimat sammelte er Gleichgesinnte um sich und trat vehement für seine Überzeugungen ein. Damit macht er sich nicht nur Freunde. Bis heute gilt Pythagoras, denn das war der Name des Griechen, als einer der umstrittensten Figuren der griechischen Philosophie. Sein Leben ist bis heute irgendwie mysteriös geblieben.

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Als ich in Metaponto ankomme, erstreckt sich vor mir ein grünes Feld. Viel ist nicht von der antiken Stadt geblieben. Zweitausend Jahre Geschichte sind längst abgetragen und anderswo verbaut worden. Vieles liegt vielleicht noch unter der Erde, direkt unter meinen Füßen verborgen. Dennoch bin ich ein wenig aufgeregt. Fast schon andächtig spaziere ich zwischen den Ruinen, beziehungsweise den wenigen Grundsteinen, die von den Ruinen noch übrig geblieben sind, umher.

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Von der nach Pythagoras benannten Schule, die in Metaponto entstanden ist, sagten nicht nur in der Antike viele, sie sei eine Art religiöse Sekte. Pythagoras philosophische Lehre und seine politische Haltung waren eng miteinander verbunden.

Bis heute gehen die Meinungen darüber auseinander, ob er nun tatsächlich ein Wissenschaftler oder eher ein mit Zahlen jonglierender Schamane und charismatischer Prediger gewesen sei. Ich gehe mal von der Theorie aus, dass Pythagoras ein Mathematiker und Philosoph war. Das hohe Ideal der Freundschaft kann ja durchaus auch ein wissenschaftlich arbeitender Mensch predigen. Da sehe ich zumindest keinen Widerspruch.

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Die Gemeinschaft der für Freundschaft und Harmonie eintretenden Leute um Pythagoras mischte sich auch politisch ein. Sie waren aktiv und kämpften gegen die tyrannische Herrschaft des auf Sizilien regierenden Dionysios.

Tyrann war zu Zeiten des Pythagoras noch die allgemeine Bezeichnung für einen autoritären Alleinherrscher. Die negative Bedeutung, die bei dem Wort Tyrannei heute dominiert, ist wohl eben diesem Dionysos und seinem Sohn Dionysos II zu verdanken.

Fast schon logisch erscheint es, dass der Vegetarier und Freundschaft predigende Pythagoras gegen die Herrschaft des Tyrannen aus Syrakus aufbegehrt. Viele Legenden und Geschichten über den Philosophen und seine Anhänger haben es in der Literatur bis in unsere Zeiten geschafft. Zu den Pythagoreern gehörten auch Damon und Phinitas. Cicero und viele andere römische Schreiber nach ihm, erzählten die Geschichte der beiden, die auf literarischen Wegen dann zu Friedrich Schiller durchgedrungen sein muss. Der hat nämlich in seinem berühmten Gedicht über die Bürgschaft genau diese Geschichte der Pythagoreer in Versform gebracht.

Metapont Pythagoras

Die Bürgschaft

Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich Damos,
den Dolch im Gewande,
Ihn schlugen die Häscher in Bande.
Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
Die Stadt vom Tyrannen befreien!
Das sollst du am Kreuze bereuen.

Ich bin, spricht jener, zu sterben bereit
und bitte nicht um mein Leben,
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit.
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.

Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
Drei Tage will ich dir schenken.
Doch wisse! Wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh‘ du zurück mir gegeben bist,
muss er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen.

[…]

Die Geschichte geht natürlich noch viel weiter. Räuber überfallen den braven Mann auf dem Weg, eine Brücke stürzt ein und Damos ertrinkt beinahe in den Fluten. Ihm passieren viele schreckliche Dinge, sodass er es eigentlich kaum noch rechtzeitig schaffen kann, den Freund auszulösen. Doch Damos kommt im allerletzten Moment, gerade noch rechtzeitig zurück. Sein treuer Freund trägt schon den Strick um den Hals. Von so viel echter Freundschaft ist der Tyrann dann doch beeindruckt und schenkt den beiden die Freiheit.

tempel der hera

Gegründet hatte Metaponto übrigens ein anderer schlauer Grieche, nämlich Epeios, das ist der, der einst auf die raffinierte Idee mit dem Trojanischen Pferd gekommen ist.

Irgendwann im Laufe der Punischen Kriege stand Metaponto dann auf der „falschen“ Seite denn man hatte sich mit Hannibal gegen die Römer verbündet. Sowohl das große Karthago als auch das griechische Metaponto unterlagen den soldatischen Truppen aus Rom, die langsam aber sicher den gesamten Mittelmeerraum eroberten.

Metaponto verlor immer mehr an Bedeutung, die Stadt versank im matschigen Schwemmland. Im Mittelalter nutzte man die Steine der Häuser und Tempel zum Bau von Kirchen und neuen Palästen. Auch die Kathedrale in Matera soll aus Steinen Metapontos errichtet worden sein.

tavole paletina basilicata

Heute ist Metaponto eher für seinen Strand als für seine Geschichte bekannt. Die archäologische Stätte Metaponto liegt etwas außerhalb, ein paar Kilometer von dem kleinen Ort entfernt. Viel gibt es leider nicht mehr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Auf einem großen Parkplatz kannst Du den Wagen abstellen und einfach losmarschieren. Guides oder Inforamtionen gibt es dort auch nicht. Es soll aber in Metaponto selbst ein kleines Museum geben. Vielleicht kann man da mehr Informationen finden.

Der Tempel der Hera liegt noch weiter abseits, auf der anderen Seite der Schnellstraße. Die Abfahrt ist als Tavole Paletine ausgeschildert. Die hohen Säulen kannst Du schon von der Straße aus sehen, wenn Du Richtung Taranto fährst. Auch hier kostet der Besuch keinen Eintritt und ist frei zugängig.

Ein paar Infos gibt es auf dieser italienischen Seite:  www.sitiarcheologiciditalia.it