Gate B25 nach Cagliari wird auf der Anzeigetafel angegeben. Ich bin nervös. Über drei Jahre ist es her, dass ich das letzte Mal in ein Flugzeug gestiegen bin. Ein kleiner italienischer Junge drückt seine Nase ans Fensterglas und ist von den fliegenden Riesenmaschinen beeindruckt. Er fragt seinen Papa: ‚Ma perché si muove la passarella?‘ und der Vater beantwortet nach jedem ‚Ma perché…?‘ alle Fragen mit enormer Geduld. So viele Menschenleben und verschiedene Schicksale treffen auf einem Flughafen aufeinander und laufen aneinander vorbei. Dieser Ort des Übergangs, an dem keiner lange bleibt, ist ein von Duty-frees und Tax-Frees beherrschtes Niemandsland. Aber trotzdem hat der Flughafen etwas spannendes – vielleicht die Vorfreude auf ein neues Abenteuer? oder die Freude, bald wieder daheim zu sein?

Sonnenuntergang in Sardinien

Als ich endlich im Flieger sitze, kann ich den Smartphone-Bildschirm des Passagiers vor mir sehen. Er schreibt seiner Freundin, dass er gleich abhebt und ‚te amo mi vidaaaa hermosaaa‘ mit ganz vielen Herzen, dann schaltet er auf Flugmodus. Die ‚Cabin-Crew‘ gestikuliert synchron und zeigt uns mit überdeutlich ausgestreckten Fingern, wo sich die Notausgänge befinden. Im Grunde genommen hat sich nicht doch nicht so viel geändert. Kurz darauf heben wir ab. Unter uns sehe ich den Llobregat. Der Fluss ist ganz matschig, wie braun gefärbt. Zu meiner großen Überraschung scheint er Richtung Inland zu fließen. Dann ist nur noch Nebel um uns herum. Nächster Stopp: Italien.

Pula

Sardinien ist zwar eine Insel, aber nicht gerade klein. Als wir in Cagliari ankommen, nehmen wir einen Mietwagen, um die Stadt direkt wieder zu verlassen. Auf dem Weg nach Pula stehen Flamingos knöchelhoch im Wasser. Eine Art Sumpfgebiet scheint das hier zu sein, so wie die Aiguamolls de l’Empordà. Leider hab ich meine Kamera im Kofferraum verstaut und schaffe es nicht, sie zu fotografieren.

sardinien unterkunft pula

B&B in Pula, Sardinien

Das B&B in dem wir unsere erste Nacht auf der Insel verbringen, hat Andreu für uns ausgesucht. Ein niedliches Haus, mit einem Vorgarten voller knallroten Hibiskusblüten. Die collazione, also das Frühstück, wird von der Gastgeberin selbst zubereitet und auf der gemütlichen Veranda serviert. Eine Mischung aus klassisch und Kitsch, aber vor allem – voller Pflanzen und Blumen.

Rote Hibiskusbluete in Sardinien

italienisches fruehstueck in pula

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Strände und Wandern auf Sardinien

Wir wollen natürlich direkt an den Strand, um unser jährliches Strandbedürfnis zu befriedigen, denn dieses Jahr haben wir den ganzen Sommer über gearbeitet. Am dichtesten dran ist die Spiaggia is Figus. Ein breiter, langer Sandstrand. Das Wasser hingegen ist voller Steine.

Alle Leute am Strand haben offenbar High-Quality Sonnenschirme mit Extra-Wind-Befestiger dabei. Andreu und ich packen den schäbigen Sonnenschirm aus, den wir aus dem B&B mitnehmen durften und merken, dass uns das Teil, mit dem man den Schirm im Sand befestigt, fehlt. Dann eben kein Schatten. Eine Weile halten wir es im Bulletten-Modus aus. Das heißt jedes Mal wenden, wenn’s auf einer Seite zu heiß wird. Doch schließlich müssen wir uns im Wasser abkühlen. Danach suchen wir die ganze Zeit nur noch Schatten. Dabei fällt mir auf: Hier in Italien badet keine einzige Frau oben-ohne. Vielleicht stimmt es ja doch, dass Italiener etwas konservativer sind? Oder zumindest hier auf Sardinien?

capo di pula

An der Spiagga Nora ist die Sonne am frühen Abend nicht mehr so heiß. Wir spazieren am Strand entlang und treffen auf ein Brautpaar, das direkt am Strand heiratet. Ein paar Felsen weiter versuchen ein paar kleine Jungs fleißig mit Angeln, die doppelt so groß sind, wie sie selbst, etwas zu fischen.

Die Torre del Cortellazo liegt an der Spiagia di Nora im Süden von Sardinien, nahe der Area Archeologica di Nora. Von der phönizischen Siedlung ist heute nicht viel übrig geblieben, das meiste befindet sich mittlerweile unter Wasser oder wurde von den Römern überbaut. Leider ist ultimo acceso für die geführte Tour um 18.30 Uhr und jetzt ist es schon kurz vor. Andreu und ich entschließen uns, lieber einen sardischen Radler in der Museumsbar zu genießen, mit dem schönen Ausblick, der ruhigen Klaviermusik und der angenehmen Brise. Ichnusa heißt die sardische Biermarke, auf die hier alle schwören.

Spiaggia Su Guideu – das Wasser an diesem Strand ist klar. Und sehr salzig. So sehr, dass es sich in einer schuppigen weißen Schicht sichtbar auf der Haut ablegt. Obwohl der Strand nicht gerade leer ist, geht es hier einigermaßen ruhig zu. Die Urlauber kommen hierher, um zu entspannen… bis ein Jetski plötzlich lärmend die ruhige Wasseroberfläche durchbricht. Ganz am Ende der Bucht ist eine Stelle mit Felsen, an der sonnenschirmlose Urlauber wie Andreu und ich es auch mal ein paar Stunden am Strand aushalten können. Als wir uns salzig genug fühlen, fahren wir weiter die Küste runter.

Pula ‚Innenstadt‘

Pula ist klein. Pastellfarbene Häuser, die aussehen, als seien sie extra so hergerichtet. Ein bisschen erinnert es mich an das Einkaufszentrum La Roca Village bei Barcelona. Es ist Spätsommer und abends leuchten überall Lichterketten – ob sie noch seit letztem Weihnachten da hängen, oder schon für das kommende Fest aufgebaut sind, weiß ich nicht. Alle Italiener (hier gibt es hauptsächlich italienische Touristen) haben sich voll aufgepeppt. Fast alle Frauen tragen eng anliegende Kleider mit Pailletten und glitzern und glänzen in der Nacht wie zu groß geratene Regenbogenfische. Als würde jeden Moment jemand eine Diskokugel aufhängen. Ob die alle noch weiter clubben gehen?

rosa haus in pula - sardinien

Was sollte man auf Sardinien essen?

Zwischen der schick gemachten Menschenmasse suchen wir ein Restaurant, das traditionelle sardische Culurgione anbietet. Eine gute Freundin hat mir gesagt, die müssten wir unbedingt probieren. Ich werde fündig. Die gefüllte, ravioliartige Pasta besteht aus Kartoffeln, Pecorino-Schafskäse und Minze und wird in einer Butter-Salbei-Soße serviert. Als ich den Teller bekomme und kaum sechs Einheiten zähle, denke ich erst, die wollen mich über den Tisch ziehen. Aber die Culurgione haben es in sich. Mächtig, aber übelst lecker. Die werde ich bestimmt zu Hause nachkochen.

culurgione - typische sardische gefuellte pasta

Wandern im Sardegna Ricerche – Park

Nachdem wir unseren Strandbedarf erst einmal gedeckt haben, wollen wir zur Abwechslung auch ein bisschen im Grünen wandern, Berge gibt es auf Sardinien schließlich genug. In der Nähe von Pula liegt der Sardegna Ricerche-Park. Dort soll es einen kleinen Wasserfall geben, und ab und zu sollen sich auch Hirsche blicken lassen.

ausblick auf das gebirge in sardinien

Die Straße zum Park führt an mehreren Forschungsstationen vorbei. Was genau wohl dort erforscht wird? Der Wanderweg ist jedenfalls gut ausgeschildert. Wir wandern eine Weile, bis wir an die Stelle kommen, an der eigentlich der Fluss entlang laufen soll. Doch leider ist der völlig ausgetrocknet. Wir gehen noch ein Stück weiter und entdecken den Wegweiser zum Wasserfall. Es geht erstmal bergauf. Die Landschaft ist hier genauso trocken wie bei uns zu Hause. Nur ist die Luft etwas dicker, schwüler. Als wir am Wasserfall ankommen, ist kaum mehr als eine kleine Pfütze zu sehen. Schade, dass es zu wenig geregnet hat. Ich bin mir sicher, zu einer anderen Jahreszeit fließt es wieder.

ausgetrockneter wasserfall in pula, sardinien

Sonnenuntergang am Capo Malfatano

Mit unserem gemieteten Fiat 500 fahren wir ein Stück die Küste runter und halten an einer Stelle, wo alte Fischerboote am Ufer liegen. Es scheint ein ruhiges Plätzchen zu sein. Bald geht die Sonne unter, es wird langsam etwas frisch. Aber uns gefällt diese wildere und ungezähmte Landschaft. Um den Sonnenuntergang besser sehen zu können, gehen wir noch ein Stück weiter, denn am Horizont zeichnet sich ein Turm auf der Spitze eines Hügels ab. Auf einem anderen Berg weiden Schafe oder Ziegen. Wir laufen schließlich bis zum Turm hinauf, der Torre Capo Malfatano. Mich erinnert diese Landschaft an Cap de Creus. Bei jedem Höhenmeter, den wir gewinnen, erscheinen noch mehr Berge vor der abendlichen Kulisse. Kaum zu glauben, dass wir hier alleine sind. Der Panoramablick vom Turm aus ist bei Sonnenuntergang wunderschön.

sonnenuntergang vom capo malfatano

sardinien Capo malfatano

Meine Reisetipps für Sardinien

Unsere Unterkunft:
B&B 1987
Via G. Mannu 5
09010 Pula (Sardinien)
Website www.bb1987pula.com

Was muss man auf Sardinen beachten? 

Parkplätze sind fast nie kostenfrei. Am besten hat man immer ein bisschen Kleingeld dabei. Die meisten sind auch nicht sehr teuer, aber je touristischer der Strand ist, oder je näher der Parkplatz am Strand liegt, desto teurer.

Nix mit oben ohne. Bestimmt gibt es einige Stellen, an denen topless erlaubt ist, aber generell sieht man es kaum.

Wo ist es am schönsten auf Sardinien?

Eigentlich überall, aber mir haben die Strände am besten gefallen: Spiaggia is Figus, Spiaggia Nora, Capo di Pula & Torre di Cortellazzo.

Kann man auf Sardinien gut wandern?

Ich hatte nur einen Kurzurlaub, der nicht ausreichend für die Erkundung der ganzen Insel war. Leider konnten wir nur einmal in dem Ricerche Park wandern. Aber es gibt viele Gebirge, viele Wanderwege und bestimmt auch viele Wanderstrecken durch Tunnel, entlang der ehemaligen Kohleabbaugebiete.