Etwas aus der Puste, aber stolz und glücklich bin ich oben angelangt, am höchsten Punkt der Algarve. Fóia, so heißt der Gipfel der Serra de Monchique. Statt wie beim ersten Mal von hier aus in den kleinen Ort hinunter zu wandern, habe ich mich dieses Mal an einem Rundweg versucht, der oben auf der Aussichtsterrasse anfängt und wieder hierher zurückführt. Eigentlich sehr praktisch, weil wir gleich wieder am Auto sind, aber die letzten Meter ging es stramm bergauf.

wandern monchique

Monchique ist offenbar noch immer so etwas wie ein Geheimtipp an der Algarve. Während sich an den Klippen der felsigen Küste die Campingbusse zwischen Lagos und Faro stapeln, treffen wir hier keinen einzigen Touristen. Natürlich gibt es die auch, aber offenbar kommen sie zu anderen Jahreszeiten und eben nicht in solchen Massen hierher, wie am Meer.

trilho da foia monchique

Miradouro da Fóia

Von der Aussichtsplattform, dem Miradouro da Fóia, kann ich fast die ganze Küste überblicken. Weit vor uns liegen Portimāo und Lagos ein bisschen im Nebel versteckt. Wenn Touristen nach Monchique kommen, dann meist hierher, auf die Aussichtsplattform des Fóia. Radfahrer und Wanderer starten von hier oben zu ihrer Tour. Deswegen gibt es wohl auch einen kleinen Laden, in dem die Handwerker aus der Umgebung ihre Waren verkaufen.

kunsthandwerk algarve monchique

Eigentlich ist es so eine Art Schaufenster, in der man sehen kann, was in Monchique noch alles von Hand gemacht wird, denn viele alte Kunsthandwerke sind hier noch sehr lebendig. Während anderswo die Korbflechter und Glasbläser aussterben, und jahrhundertelanges Wissen und Erfahrungen für immer verloren gehen, kümmert man sich an der Algarve um den Erhalt dieser alten Berufe. Senhor Rosa ist schon über achtzig Jahre alt, aber noch immer macht er aus Weidenruten traditionelle Körbe und viele andere hübsche und nützliche Gegenstände für den Alltag.

weidenrute kunsthandwerk algarve monchique

Seine Werkstatt befindet sich unten im Ort. Dort zeigt Senhor Rosa mir, wie die Weiden in Wasser eingelegt werden, damit sie biegsam bleiben und kurbelt an einer alten Walze, die die Ruten sowohl pressen als auch schneiden kann. Neben den großen Körben fertigt er auch kleine Picknick-Körbchen an, die genau die passende Größe haben, um auf dem Fahrradsattel mitgenommen zu werden. Quasi so etwas wie eine nachhaltige Tupperdose. Wenn die Leute früher den ganzen Tag im Wald oder auf dem Feld arbeiteten, konnten sie so ihr Mittagessen transportieren.

korbflechter algarve

Licores do Convento

Monchique ist das Zentrum der Serra de Monchique. Wie in einer Berg- und Talbahn zieht sich der kleine Ort über verschiedene kleine Hügel. Ständig geht es hinauf oder hinunter. Die Rua do Porto Fundo hat in der Mitte sogar eine Treppe. Die soll den älteren Bewohnern das Ansteigen der steilen Straße erleichtern. An dieser Rua liegt auch der kleine Laden, in dem Christina ihre selbst gemachten Liköre verkauft.

In einer winzigen Küche ruhen diverse Ansätze für ihre Kräuter-, Obst- und Pflanzenliköre in den Regalen. Wie in einem Labor oder einer in modernen Kräuterküche, rührt sie ihre wohlschmeckenden Tränke zusammen. Ich lese die Schilder und entdecke Holunderbeere (sabugueira), Sauerkirsche (ginja), Johannisbrotbaum (carob) und diverse Kräuter. Natürlich hat Cristina auch einen Medronho Likör, dem traditionellen Schnaps aus den orangeroten Früchten des Erdbeerbäumchens, die man hier überall sieht.

liköre monchique

Der Ursprung der Liköre von Monchique soll in dem verlassen Kloster oberhalb des Ortes liegen. Dort zogen zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts aus Indien kommende Franziskanermönche ein. Die Klosterbrüder lebten und beteten in dem Convento und sie betrieben Landwirtschaft. Sie liebten die Pflanzen und die Natur, die sie umgab. Was sie im fernen Indien gelernt hatten, wandten sie auf die Früchte und Kräuter, die sie nun in der Serra de Monchique fanden, an. So entstanden die ersten Süßigkeiten und Liköre. Neben den Likören verkauft Cristina in ihrem kleinen Laden ebenfalls Süßes und kleine Töpfersachen aus Keramik. Die stammen aus der Werkstatt von Leonel Telo und seiner Tochter, denen wir auch noch einen Besuch abstatten.

Ceramica Leonel Telo

Es geht eine Treppe hinab. Dort führt der Weg in einen kleinen Hof, ein niedliches grünes Paradies. In dem Atelier befindet sich auch ein Ausstellungsraum mit bunten Schalen, Tellern, Tassen, Kannen und Töpfen. Hinter dem Tresen steht Magdalena, die Tochter des Töpfermeisters. Als ich nach den Löffeln frage, die ich in einem Nebenraum entdeckt habe, erfahre ich, dass sie selbst diese Löffel aus Keramik und Holz angefertigt hat.

Das Holz für Magdalenas Löffel stammt von verbrannten Bäumen. Leider kam es hier vor ein paar Jahren nämlich zu einem schweren Brand, der großen Schaden angerichtet hat. Magdalena wollte den verbrannten Bäumen jedoch so etwas wie ein zweites Leben geben. So hat sie einfach das Schwarze entfernt und den noch brauchbaren Teil zu Löffelsstielen verarbeitet. Aus ihrer Erklärung klingt der Respekt und die Wertschätzung heraus, die sei dem Material und der Natur gegenüber empfindet. In der Werkstatt wird alles wiederverwertet. Angeblich verarbeitet Leonel Scherben und missglückte Schalen oder Teile, die einen Sprung oder Fehler haben bei Gelegenheit wieder zu anderen Dingen weiter.

keramik löffel monchique

Bolo de Tacho
In einer kleinen Cafeteria probiere ich einen ganz speziellen Kuchen, den Bolo de Tacho. Aus Maismehl, Fenchel, Kaffee, Schokolade, Brandy, Zimt, Zucker, Honig, Schmalz, Eiern und noch ein paar Sachen wird hier ein schwarzer Kuchen gebacken. Die Konsistenz ist so dicht, dass schon ein kleines Stück ordentlich satt macht. In Monchique isst man den Kuchen traditionell zum 1. Mai, dem Tag der Arbeit. An diesem Feiertag machen die Portugiesen traditionell gern ein Picknick im Grünen. Als Nachtisch begann man irgendwelchen Zutaten, die man gerade zu Hause fand, einen Kuchen zu backen. Jeder hatte ein bisschen Maismehl und Schmalz, dann kamen die Gewürze dazu, bis irgendwann der Bolo de Tacho entstandt. Dabei hat aber jede Familie ihr eigenes Rezept, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.

bola de tacho

Wir bummeln noch an einem gemütlich aussehenden Tee-Salon und einem Laden mit römisch anmutenden Stühlen vorbei, entdecken einen Magnolienbaum, den angeblich auch die Klosterbrüder des Conventos mitgebracht haben sollen, und bewundern die Schornsteine von Monchique. Die sind hier nämlich quadratisch, eine besondere Form, die besser gegen den Wind schützen soll. Überall in Monchique trifft man auf lebensgroße Statuen. Es sind keine besonderen Kunstwerke, sondern Figuren, die ganz normale Leute von Monchique darstellen sollen, wie die am Boden spielenden Kinder oder die Frau mit Korb. An dem zentralen Dorfplatz ist Dr. Humberto Messias, einem beliebten Arzt, der den Bewohnern sehr geholfen haben soll, eine eigene Figur gewidmet. Und selbst im Brunnen am Dorfplatz stehen bunte Figuren. Doch der führt leider gerade kein Wasser.

mulher com cesta monchique

kunsthandwerk algarve monchique

monchique

Medronho

Neben dem Brunnen befindet sich ein kleiner Laden, die Loja do Mel e do Medronho, in dem die Produkte verschiedener Destillerien angeboten werden. Der traditionelle Schnaps wird rund um Monchique in vielen kleinen Familienbetrieben hergestellt. Eine dieser kleinen Brennereien ist die von Jose Paolo Nunes und seiner Frau Elena. Elena spricht Englisch und zeigt mir wie die Produktion funktioniert. Die Erntezeit der Medronhos beginnt im Oktober. Da die Früchte an so einem Erdbeerbäumchen aber nicht alle gleichzeitig heranreifen, muss man oft drei bis viermal denselben Baum ernten.

In riesigen Holzfässern fermentieren die kleinen Kugeln dann ein paar Monate lang. Die Fässer können aus Pinie oder Akazie sein, das beeinflusst den Geschmack des Schnaps nicht weiter, weil sie ja nur relativ kurze Zeit dort eingelegt werden. Denn schon im März wird destilliert. Bis heute wird Medronho nicht in industriellem Stil, sondern in den kleinen Brennereien, die alle ein entsprechende Lizenz haben, produziert. Stolz präsentieren Elena und Jose Paolo ihren Destillierapparat und erklären ganz genau, wie die kleine Anlage funktioniert.

In einem großen Ofen wird der Fruchtbrei gekocht und der aufsteigende Dampf im „Kopf“ gesammelt und von dort in einen Behälter weitergeleitet. Wenn der Dampf dann kondensiert, entsteht der Medronho. Um einen Liter Schnaps zu gewinnen, brauchen sie ungefähr zehn Kilogramm Früchte. Eine mühsame Arbeit also und dabei ist der erste Liter so einer Produktion nicht einmal brauchbar. Aber hier kommt nichts weg. Elena hat desinfizierendes Handgel daraus gemacht.

Natürlich darf ich dann auch noch probieren. Mit 42 % ist der Medronho ein ziemlich hochprozentiger Schnaps. Dass die Tradition des Medronho-Brennnens bis in unsere Zeit gerettet wurde, ist wirklich schön, aber mir schmeckt der mit Honig und Zimt gewürzte Melosa einfach besser.

erdbeerbäumchen medronho monchique

medronho monchique

medronho monchique

Adressen und Infos zu Monchique

Loja do Mel e do Medronho
Largo 5 de Outubro
8550-462 Monchique

medronho monchique

Wie aufwendig so ein Bolo de Tacho ist, kannst Du an dem Rezept, das ich hier gefunden habe sehen: docaria-local. Bei youtube gibt es sogar Videos. Einfach bestellen und essen kannst Du den Kuchen in einer kleinen Pasteleria in Monchique. Allerdings ist die Auswahl dort so groß, dass es schwer fällt sich auf einen Kuchen zu beschränken.

Pastelaria Doce & Arte
R. Calouste Gulbenkian 2a
8550-435 Monchique

Leonel Telo Ceramics
Rua do Corro  nº2
Escadinhas do adro
8550-422 Monchique

Artesanato Monchique Crafts 
Miradouro de Fóia
N266-3 – 8550 Monchique
Koordinaten : 37°18’56.9″N 8°35’31.5″W

Licores Do Convento De Monchique
R. do Porto Fundo 47
8550-455 Monchique
Website

licores de convento monchique

Wandern:
Gut markierte Wanderrouten gibt es rund um Monchique und entlang der Via Algarviana. Der Rundweg den ich gelaufen bin, nennt sich Trilho da Fóia PR3 MCQ und ist 6,5 km lang. Direkt am allerhöchsten Punkt der Algarve, einem kleinen steinernen Hügel oben auf dem Fóia, geht es in nordöstlicher Richtung bergab. Wir kommen an Rosmarin, Kastanien, Heidesträuchern, Lavendel und vielen anderen Kräutern und Pflanzen vorbei. Schließlich führt ein kurzer Abschnitt ein paar Hundert Meter an der Bundesstraße entlang. Dann geht es wieder nach links, aber nun bergauf, zurück zum Gipfel.

Website: www.viaalgarviana.org

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