Einen Muschelfischer hatte ich mir eigentlich ganz anders vorgestellt. Eher so um die sechzig, siebzig Jahre alt, mit grauen Haaren, Stoppelbart und einer Kippe im Mund. Wortkarg. Und auf einem alten, aber charmanten Fischkutter. Umso erstaunter bin ich, als ein sportliches Motorboot am Anleger von la Ràpita vorfährt, und mich ein junger, schnieker Kapitän begrüßt. Albert ist – zusammen mit einem Partner – der Besitzer der ältesten Muschelbank in der Bucht vor dem Delta del Ebro. Galant hält er meine Hand, um mir das Einsteigen zu erleichtern. Elegant betrete ich also den flotten Flitzer und nehme Platz. Noch während der Fahrt zur Muschelbank beginnt Albert schon, von der Bucht und von den Muscheln zu erzählen.

Das Wasser in der Bucht ist grün, voller Algen. Es ist Brackwasser. Zum Schnorcheln nicht unbedingt ideal, aber die Mytilus galloprovincialis, wie diese Sorte der Miesmuscheln auf Latein heißt, lieben das. Für sie gibt es hier Nahrung in Hülle in Fülle, denn in der Bucht kommen das Süßwasser aus dem Ebrodelta und das Salzwasser aus dem Mittelmeer zusammen. Für Muscheln offenbar ein kleines Paradies.

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Vor uns taucht allmählich eine Insel auf. Auf hölzernen Pfählen, tief im Meeresboden verankert, schwimmt ein längliches Gebäude. In der Mitte eine Bar, vorn und hinten die Muschelbänke. Und der Himmel ist blau.

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Wir legen an diesem kleinen Chill-out Paradies im Meer an. Ein junger Kellner im blau-weißen Matrosen-Ringel-Look führt uns auf das hölzerne Eiland. Dezent erklingt angenehmer, leichter Jazz im Hintergrund. In einer Couchecke weiter vorn, sitzt eine Gruppe Franzosen. Die Sonne scheint und es duftet nach leckeren Fischgerichten. Oder wahrscheinlich nach Muscheln. Aber so genau kann meine Nase das nicht unterscheiden. Neugierig beuge ich mich über den Rand der Insel, um zu sehen, was da unten um Wasser an den vielen Fäden hängt. Das müssen sicher die Muscheln sein. Da kommt auch schon Albert.

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Geschickt zieht er mit flinken Händen so einen Strang nach oben und zeigt die Miesmuscheln. In schwarzen Büscheln wachsen sie eng aneinandergeschmiegt an dem Faden. „Die Muscheln suchen immer die Nähe der anderen Msucheln. So fühlen sie sich in Sicherheit“, erklärt er uns. Schwarz glänzen die nassen, schwarzen Schalen in der Sonne. Es gibt ganz kleine, nur wenige Tage alte Muscheln und große, dicke, die schon bald reif zum Ernten sind. “Normalerweise ernten wir die Muscheln nach neun Monaten”, meint Albert und erklärt uns ganz genau, wie das mit den Muscheln so funktioniert. “Die kommen ja schließlich nicht einfach so angeschwommen “, sagt er und lacht.

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In den vierziger Jahren haben sie die ersten Muscheln im Hafenbecken noch von den Felsen gepflückt. Das war die erste Generation, mit der dann die Muschelbank in der Bucht gegründet wurde. Seither vermehren sie sich Jahr um Jahr. Die weiblichen Muscheln geben ihre Eiern einfach ins Wasser ab, wo sie von den Samen der männlichen Muscheln in der Nähe befruchtet werden. Unglaubliche neunundneunzig Prozent der Muschellarven werden gefressen. Aber zum Glück gibt es so viele davon, dass noch immerhin um die tausend Nachkommen einer einzigen Muschelmama überleben und sich in der Nähe anderer Muschen niederlassen.

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Nur ein paar Fäden weiter, wachsen Austern. Die pazifische Auster gibt es hier in der Bucht erst seit den siebziger Jahren. Sie ist kleiner als die europäische Auster, hat aber einen intensiveren Geschmack. Wieder befördert Albert eines der Seile nach oben. Dieses Mal hängen die Muscheltiere vereinzelt an einem Band, wie dicke Perlen an einer Schnur. Die Schale der Austern die natürlich wesentlich größer als die einer Miesmuschel. Austern sehen aus wie Steine und haben eine grau-beige steinerne Farbe. Albert öffnet eine der Austern. „Die Auster hat zwei Seiten“, erklärt er. „Die obere Seite ist gewölbt, die untere Seite ist glatt.“ Und schon setzt er das Messer an und knackt die Schale auf. Gregor probiert. Er tröpfelt etwas Zitronensaft auf die Auster und kostet: Lecker!

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Der Matrose im Ringelshirt kommt mit zwei großen Tellern und einer Flasche Weißwein. Endlich dürfen wir kosten! Ich schnappe mir eine der schwarzen Schönheiten und staune. Noch nie habe ich so fette Miesmuscheln gesehen. “Die sind ja auch zwei Jahre alt, und hatten mehr Zeit zu wachsen”, meint Albert. Da wird sicher jeder Sternekoch vor Neid erblassen. Es schmeckt himmlisch! Und frischer geht ja wohl echt nicht.

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Infos zu den Muscheln aus dem Ebrodelta:

Musclarium
Website: www.musclarium.com
Port Esportiu de la Ràpita

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Blogtrips Catalunya Experience.