Den leckersten Kaffee auf Lanzarote haben wir gleich am ersten Tag in einer kleinen Bar in San Bartolomé getrunken. Logisch, dass wir da jeden Morgen hingefahren sind. Allerdings war der Kaffee immer nur dann besonders gut, wenn ihn unsere Lieblingskellnerin zubereitet hat. Da saßen wir dann ganz gemütlich, frühstückten in Ruhe und lauschten den Gesprächen der alten Herren, die sich hier zu ihrem täglichen Plausch einfanden. Die Lanzaroteños tragen alle Hüte, jedenfalls die Männer. Warum, weiß ich auch nicht. Vielleicht wegen des Windes, der immer über die Insel weht? Wir fühlen uns total wohl in diesem kleinen Dorf, obwohl unser Zimmer eigentlich in Puerto del Carmen ist, einem der Touriorte direkt an der Küste. War halt billiger.
San Bartolomé ist merkwürdigerweise vom Tourismus total unberührt geblieben, dabei liegt es total zentral, in der Mitte Lanzarotes. Uns ist das ganz recht so. An einem Sonntag ist unsere Frühstücksbar geschlossen, als wir hungrig gegen zehn dort ankommen. Aber in einer kleinen Bäckerei, nur ein paar Meter weiter, gibt es auch guten Kaffee und dazu leckere Croissants. Die Verkäuferin hat sogar Zeit für ein Schwätzchen. Sie erzählt uns, dass sie schon einmal auf der Peninsula, also auf dem spanischen Festland, war. Das war für sie ein richtiges Abenteuer. Da kann man nicht einfach so überall hinfahren. Jedenfalls gibt es in Andalusien nicht in jedem kleinen Dorf einen Mietwagenverleih. Für sie war das alles ganz neu und aufregend. Hier auf der Insel sind wir nie weiter als fünf bis zehn Minuten von irgend etwas weg. Eine Fahrt ganz in den Norden oder ganz in den Süden der Insel ist für sie eine halbe Weltreise. Nie fährt sie länger als ein paar Minuten zur Arbeit. Falls es in Arrecife, der Hauptstadt Lanzarotes, doch mal wegen Bauarbeiten zu einem Stau kommt und man zehn Minuten nicht vorwärts kommt, ist das scheinbar ein Skandal, ein echtes Unding. Uns wird klar, wie sehr wir an den Großstadtstress gewöhnt sind. Auf Lanzarote laufen die Uhren noch anders.
In San Bartolomé gibt es auch ein Museum, ein ethnologisches Museum, das zeigen soll, wie die Einwohner auf Lanzarote früher lebten, bevor die Europäer in Scharen die Strände der Insel bevölkerten. Wie der Ort selbst, ist auch das Museum Tanit klein, liebevoll eingerichtet und voller Geschichten. Wir stehen morgens gleich als erste Besucher im Innenhof des Museums. Wie gesagt, viele Touristen verirren sich nicht hierher. Jedenfalls nicht im Februar. Total freundlich begrüßt uns die nette Dame an der Kasse, die gleichzeitig auch die Verkäuferin im Souvenirladen ist und gerade noch ihre Jacke zuknöpft. Sie übergibt uns ein paar zusammengeheftete Zettel in Plastikhüllen. Informationen zur Ausstellung. Alles ist irgendwie … familiär. Nach den üblichen Fragen, woher wir denn so kommen und wie es uns auf der Insel gefällt, besteht sie darauf ein Foto von uns zu machen. Und zwar hinter dieser Wand, auf die ein Pärchen in traditionellen Trachten gepinselt ist und die Gesichter fehlen. Brav stellen wir uns auf und grinsen in originalem Lanzarote Outfit in die Kamera.
Da wir nach wie vor die einzigen Besucher sind, lassen wir uns Zeit. Drinnen darf ich leider nicht fotografieren. Das ist schade, denn es gibt dermaßen viele Dinge zu sehen, dass ich sie gar nicht alle beschreiben kann. Ein alter Bauerntisch ist mit dem Sonntagsgeschirr gedeckt, als ob die Familie gleich fein gemacht zum Essen erscheinen würde. Weinfässer, alte Trachten, Handwerkszeug, Möbel und tausend andere Gerätschaften werden wie in einer privaten Sammlung fein säuberlich präsentiert. Es ist ein buntes Sammelsorium lanzarotenischer Geschichte: Von prähistorischen Fundstücken bis zu farbenprächtigen, selbstgenähten Karnevalskostümen.
Als wir mit unserem Rundgang durch sind, unterhalten wir uns noch eine Weile mit der netten Dame, die hier für alles zuständig ist. Sie erklärt uns zum Beispiel, dass die Guanches genau genommen nur die Ureinwohner auf Teneriffa waren. Auf Lanzarote lebten die Majos, auf La Palma die Auaritas und auf El Hierro die Bimbaches. Bis heute ist nicht so richtig klar, woher diese ersten Einwohner der Vulkaninseln mitten im Atlantik eigentlich kamen. Es gibt Theorien, die davon ausgehen, dass die ersten Siedler von den Phöniziern abstammten und andere, die besagen, dass sie von den Griechen, den Römern oder gar den Wikingern abstammen. Am wahrscheinlichsten ist es, dass sie irgendwie aus dem Norden Afrikas hier herkamen. Allerdings schon vor so vielen Hunderten von Jahren, dass sich bei der Eroberung durch die Spanier nur noch die ältesten Ureinwohner an die Legenden ihrer Ankunft auf der Insel erinnerten.
Bevor wir uns dann aber endgültig verabschieden, verrät uns die nette Dame noch etwas über den Namen des Museums: „Tanit“ ist der Name einer punischen Fruchtbarkeitsgöttin. Also ein Hinweis auf eine phönizische Abstammung? Ich bin so begeistert von den mysteriösen Völkern, dass ich mir in dem kleinen Laden des Museums ein Buch darüber hole: „Guanches, mito y realidad“.
Später auf dem Rückflug nach Hause habe ich es geradezu verschlungen: Die Guanches waren richtig groß und merkwürdigerweise blond. Vielleicht waren da doch ein paar Wikinger mit dabei? Auf den einzelnen Inseln entwickelten sich verschiedene Sprachen, da die Völker untereinander keinen Kontakt hatten und nicht zur See fuhren. Auch komisch, wieso fuhren sie nicht zur See? Einige der Kanarischen Inseln haben doch „Sichtkontakt“. Jedenfalls werden diese Sprachen teilweise als Pfeifsprachen beschrieben. Es gibt Theorien, die vermuten, dass die ersten Siedler Strafgefangene waren, denen man die Zunge rausgeschnitten hatte und sie sich daher irgendwie anders verständigen mussten und so diese pfeifende Kommunikation erfanden. Superspannend!
Nützliche Infos:
Museo Tanit
C/ Constitución 1,
San Bartolomé de Lanzarote 35550
Website: www.museotanit.com
Eintritt: 6 Euro ( leider ein wenig teuer, finde ich)
Öffnungzeiten: 10-14 Uhr, Sonntags geschlossen
Buchtipp:
Los misteriosos pobladores de las islas canarias
„Guanches, mito y realidad“
von J.P. Camacho
Editorial Weston
ISBN 84-616-1087-7
Es gibt bestimmt auch einen deutsche Übersetzung
Hallo Nicole,
herzlichen Glückwunsch zu Deinem schönen Blog, Du schreibst sehr interessant und informativ, toll!
Wir sind zurzeit für 4 Wochen auf Lanzarote und wollen uns morgen mal nach San Bartolomé aufmachen, um das Museo Tanit zu besuchen. Würdest Du uns vielleicht den Namen Eurer Frühstücksbar verraten?
Ich hoffe, dass ich nicht zu spät dran war und es noch klappt mit dem Frühstücks-Tipp… Sonst versuchen wir es einfach auf gut Glück.
Liebe Grüße, Martina
PS: Wenn Du Lust hast, schau doch mal bei unserem kleinen Segelblog vorbei: http://www.elbkindontour.wordpress.com ⛵️☀️
Oh den weiß ich so ad hoc leider nicht mehr … findet Ihr aber bestimmt, denn der Ort ist echt übersichtlich. Auf dem Blog guck ich gern mal vorbei! viel Spaß bei Eurer Reise!!!
Klasse Tipp für Lanzarote! Die Insel fehlt mir sowieso noch!
Liebe Grüsse Britta
🙂 mir fehlen fast alle anderen noch 🙂
Das BUNTE Kleid steht Dir ausgezeichnet! Ich hab mir heute einen Sonnenbrand bei 5 Grad und anständigem Wind am vester havet geholt:-)
hahaha 🙂 Danke ! bis bald!