Eiskalter Wind bläst mir ins Gesicht. Die Wolken hängen tief. Das Tal ist heute im weißen Nebel verschwunden. Der Weg vor mir ist steinig. Hier oben in der Serra da Estrela wächst kaum etwas, das höher als ein Strauch ist. Wir sind immerhin auf 1.500 Meter.* Immer weiter geht es bergauf. Zum Glück steigt der Weg relativ flach an. Doch der Wind ist echt unangenehm.

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Im Sommer treiben sich hier oben die Schäfer mit ihren Herden rum. Dann grasen hier überall Schafe und freuen sich über das grüne Gras. Jetzt Anfang März ist noch Winter. Da weiden die Tiere lieber unten im Tal und warten darauf, dass es wärmer wird. Denn im Winter kann die Serra da Estrela schon mal mit Schnee bedeckt sein. Das ist zwar schön, für die Portugiesen, die dann sogar ein bisschen Ski fahren können, aber schlecht für die Schafe. Die finden dann nämlich kein Futter. Darum kommen sie aber auch erst im Frühjahr wieder hoch.

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Als wir in ein etwas tiefer gelegenes, waldiges Stück des Weges kommen, wird es windstiller. Viele Tannen, Moose und Flechten machen aus diesem Stück der Serra ein kleines grünes Naturparadies. Sogar ein Bächlein plätschert wie bestellt malerisch vor sich hin. Ich atme tief ein. Die Luft hier oben ist zwar kalt, aber irgendwie fühlt sie sich rein und sauber an.

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Immer wieder zeigen kleine Steinhaufen, mariolas genannt, den richtigen Weg. In der Ferne erscheinen ein paar einsam stehende Häuser. Sie erinnern mich sofort an Alpen-Chalets, kleine Paläste der Reichen in den Bergen. Ende des neunzehnten Jahrhunderts hatte ein portugiesischer Arzt, José Tomás de Sousa Martins, in der Schweiz eine Entdeckung gemacht. Im Kampf gegen Tuberkulose, eine schlimme Volkskrankheit in der Zeit um die letzte Jahrhundertwende, hatte er dort erfahren, wie heilsam das Klima auf die Erkrankung wirken kann. Und so machte er sich der Doktor in seiner portugiesischen Heimat auf die Suche nach einem Ort mit saubere Luft und viel Sauerstoff. In der Serra da Estrela fand er genau die richtigen Bedingungen.

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Wegen seiner unermüdlichen Arbeit und weil er sich besonders für die armen Leute einsetzte, verehren die Portugiesen den Arzt fast wie einen Heiligen. In Lissabon hat man ihm sogar ein Denkmal errichtet. Hier oben in der Serra entstehen bald schon die ersten Häuser im Alpenstil. Doch die Errichtung des Sanatoriums erlebte Dr. Sousa Martins leider nicht mehr mit. Er hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Armen zu helfen, und sich dabei mit Tuberkulose angesteckt. Da er wusste, dass ihm der Tod bevorstand, machte er seinem Leben selbst ein Ende.

Vor uns entdecke ich einen merkwürdigen Steinhaufen. Als ich einmal herum auf die Vorderseite gehe, hat er sogar eine Eingangstür! Es ist ein Haus, in den Felsen hinein geschlagen! Casa da Fragas heißt diese heute längst unbewohnte Hütte, wie ich später erfahre. Irgendjemand hat hier scheinbar wirklich einmal gelebt!

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Je näher wir den Häusern kommen, umso mehr erkennt man, wie verlassen sie aussehen. Offenbar kommt hier schon lange niemand mehr nur der guten Luft wegen her. Vermutlich ist es den heutigen Besitzern zu aufwendig, die alten Häuser hier oben instand zu halten. Viele werden einfach mit Wellblech notdürftig zusammengehalten. Ein noch recht stabil wirkendes Haus ist besonders schön. Ganz in Rosatönen gehalten, erinnert es mich an Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt. Direkt dahinter ragt ein Felsen wie ein Finger in den Himmel.

Sehr gespannt erklettere ich schnell die letzten Meter zu diesem Aussichtspunkt, dem Fragão do Corvo. Plötzlich, wie auf Bestellung, reißt der Himmel endlich auf und gibt einen atemberaubenden Blick ins Tal frei! Unter mir liegt Manteigas, der kleine Ort, der sich hier zwischen den hohen Bergen versteckt, und nun von der Sonne angestrahlt wird wie ein Fernsehstar.

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Sogar die alte Wollfabrik kann ich dort unten erkennen. Wollverarbeitung war nämlich lange Zeit die wichtigste und einzige Industrie hier in den Bergen. Ihre Blütezeit ist zwar längst vorbei, doch ein paar dieser traditionellen Manufakturen haben bis heute überlebt. In der Fabrik dort unten wird nämlich ein ganz besonderer Stoff, der portugiesische Burel hergestellt. Weil dieser Stoff schön warm hält und Wasser abweisend ist, haben sich die Schäfer früher schon ihre Umhänge damit genäht. Heute werden aus Burel Jacken, Schuhe, Vorhänge, Taschen, Wandbehänge, Sitzbezüge und noch viel mehr hergestellt. Auch feine Wolldecken macht man hier. Die sind allerdings kuschelig weich, denn die müssen ja auch kein Wasser abhalten. Richtig angesagt ist der traditionelle Burel Stoff bei vielen jungen Designern, weil er so vielseitig einsetzbar ist. Da die Verarbeitung sehr aufwendig ist und die alten Maschinen von Hand bestückt werden, sind diese Stoffe natürlich nicht billig.

Burel Serra da Estrela

 

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Was mich am meisten erstaunt, ist, dass die Wolle dafür immer noch von den Schafen hier aus der Gegend kommt. Ich habe mehrmals nachgefragt, und jeder hat mir versichert, dass für die Textilien nur Wolle aus der Serra da Estrela verwendet wird. Im Sommer muss es hier oben also wirklich von Schafen nur so wimmeln. Dazu fällt mir noch eine schöne Legende ein, wie die Serra da Estrela zu ihren Namen gekommen sein soll.

Es war einmal ein Schäfer, der lebte glücklich mit seinen Schafen in den Bergen. Weil er so ein guter Mensch war, hatte er sich mit einem Stern angefreundet, der ihn jeden Abend besuchte. Eines Tages hörte der König von dieser Freundschaft und bestellte den Schäfer zu sich. Er bot ihm Gold und alle Schätze der Welt, wenn er ihm seinen Freund, den Stern überließe. Doch der Schäfer lehnte ab. Er brauche keine Schätze und weigerte sich seinen Freund aufzugeben. Unterdessen hatte der Stern bangend auf den Schäfer gewartet. Umso glücklicher waren beide, als sie oben in den Bergen wieder vereint waren. Seither heißen diese Berge Serra da Estrela

Infos Serra da Estrela

(*) Die Serra da Estrela ist das höchste Gebirge auf dem portugiesischen Festland. Der höchste Punkt ist ein Turm auf 1.993 Metern. Bezieht man die Inseln mit ein, dann liegt der höchste Berg Portugals auf den Azoren, die Montaña del Pico.

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Penhas Douradas und Casa São Lourenço

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In der Nähe von Manteigas gibt es zwei Hotels oben in den Bergen, beide bieten geführte Wanderungen (und andere Aktivitäten) in der Serra da Estrela an. Sie gehören demselben Besitzer wie auch die Burel Factory, sodass Du überall in den beiden Hotels auf Dinge aus diesem besonderen Stoff triffst.

Casa das Penhas Douradas 
Penhas Douradas, Apartado 9
6260-200 Manteigas
Website:  www.casadaspenhasdouradas.pt

Die Casa das Penhas douradas ist das ältere der beiden Hotels. Ein Vier-Sterne-Hotel, das im sportlichen Vintage Chic eingerichtet ist.

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Casa de São Lourenço 
Estrada Nacional 232, Km 49,3
Campo Romão
6260-200 Manteigas
Website: www.casadesaolourenco.pt

Die Casa de Sao Lourenço ist ein Fünf-Sterne Design Hotel mit Spa und schickem Restaurant. In dem Eckzimmer mit dem tollen Balkon habe ich geschlafen!

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Burel Factory, Lda
Amieiros Verdes
6260-028 Manteigas
Website: www.burelfactory.com

Neben den alten Fabrikhallen gibt es einen kleinen Laden in dem Du diverse Artikel aus Burel-Stoff kaufen oder Dich zu einer geführten Besichtigung der Anlage anmelden kannst.

Burel Serra da Estrela
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Der Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von TCP/ARPT Centro de Portugal eingeladen wurde.