Sortelha zu betreten, ist wie ins Mittelalter einzutauchen. Das soll ein großer portugiesischer Dichter, der Nobelpreisträger José Saramago, einmal gesagt haben. Und tatsächlich fühlt es sich genauso an. Vor über hundert Jahren ist hier einfach die Zeit stehen geblieben. So sieht es jedenfalls auf den ersten Blick aus. Viele der alten Häuser stammen wirklich zum großen Teil aus dem Mittelalter. Sie sind auffällig gut instand gehalten und aufwendig restauriert worden.
Die Geschichte:
Bereits auf dem Weg ins Dorf kommt hinter einer Kurve die einst mächtige Festung von Sortelha in Sicht. Nach dem Abzug der Römer wurde die Gegend erstmals unter dem portugiesischen König Dom Sancho I wieder besiedelt. König Dom Sancho I, der mit Dolça de Barcelona, einer Tochter Ramón Berenguers IV, des Grafen von Barcelona, verheiratet war, ließ 1181 eine Burg auf den Ruinen einer maurischen Festung errichten. Man nannte ihn auch o povoador, den Besiedler, denn unter seiner Herrschaft wurden in den von den Mauren eroberten Gebieten zahlreiche Klöster gegründet und Burgen gebaut.
Rund fünfzig Jahre später 1228 verlieh Dom Sancho II Sortelha bereits die Stadtrechte. Damit zählt Sortelha zu den ältesten Dörfern Portugals! Im Laufe der vielen Jahrhunderte hat die Burg zahlreiche Veränderungen erlebt. Die steinernen Mauern, die heute in den blauen Himmel ragen, sind zum großen Teil rekonstruiert und stammen zwar nicht mehr komplett aus dem Mittelalter, aber beeindruckend sind sie immer noch.
Auch wenn die Burg heute eher eine Ruine ist, kann man allein schon anhand der Dicke der Mauern erahnen, wie gut befestigt Sortelha damals gewesen sein muss. So nahe an der Grenze zu Spanien liegend war das wohl auch notwendig, denn immer wieder kam es im Grenzgebiet zu Übergriffen und Ausschreitungen. Besonders König Manuel I investierte im sechzehnten Jahrhundert in die Befestigung der kleinen Dörfer in der Nähe der kastilischen Herrschaftsgebiete.
Der Pelourinho und das Gefängnis stammen aus dieser Zeit, der Regierung König Manuels, unter dessen Hand das kleine Königreich zu einer der bedeutendsten Weltmächte heranwuchs. Die mächtige portugiesische Armada beherrschte die Weltmeere. In puncto Seefahrt machte den Portugiesen damals so schnell niemand etwas vor! Dank der Reichtümer aus den eroberten Kolonien blühte Portugal förmlich auf. Manuel hatte so die finanziellen Mittel zur Verfügung, um die Befestigungsanlagen der grenznahen Ortschaften zu verstärken.
Irgendwann zogen die meisten Bewohner jedoch fort und ließen sich außerhalb der dicken Stadtmauern von Sortelha nieder. Unten im Tal waren die Felder leichter zu bewirtschaften und die Ortschaften einfacher zu erreichen. Als in den fünfziger Jahren in ganz Portugal eine große Landflucht einsetzte, war Sortelha schon mehr oder weniger verlassen. In den neunziger Jahren steckte die Regierung noch einmal viel Geld in die Restaurierung der alten Siedlung. Als Teil des Projekts der aldeias históricas wurde Sortelha bilderbuchmäßig restauriert. Man sorgte sogar dafür, dass keine überirdisch verlegten Kabel und Drähte die Illusion des Mittelalters trüben. Um historische Korrektheit ging es bei der Renovierung des Dorfes allerdings nicht unbedingt. Vielmehr sollte Sortelha so aussehen, wie man sich ein mittelalterliches Dorf eben vorstellte.
Und es ist ja auch wirklich schön geworden. Dennoch zog es kaum jemanden in das abgelegene Dörfchen. Ein paar wohlhabende Städter nutzen ihre Häuser in Sortelha als Wochenendhäuschen. Doch meistens blieben die altehrwürdigen Gassen menschenleer. Trotzig und mit stoischer Ruhe erheben sich die leeren Häuser aus dem harten Felsen heraus.
Durch ein Portal in der oberen Stadtmauer gelange ich hinaus vor die Tore Sortelhas. Ich stehe auf einem Hügel. Der Blick von hier reicht weit über die Ebene, bis hin zur Serra da Estrela, die schneebedeckt in der Ferne glitzert. Mächtige Felsbrocken wirken wie Murmeln unsichtbarer Riesen.
Felsbrocken „Die Alte“ – sieht aus wie der Kopf einer Märchenhexe
Zu den Felsen in der Nähe der Burg gibt es sogar eine echt romantische Geschichte. Eines Tages soll nämlich dort eine Prinzessin mit ihrem Geliebten von der Burg geflohen sein. Da das Paar verliebt war, aber die beiden nicht heiraten durften, liefen sie weg. Doch schon kurz nach der Flucht bemerkte die Königin die Abwesenheit ihrer Tochter und entdeckte die Liebenden am Fuße der Burg. Mit ihren magischen Kräften verzauberte sie die beiden zu Stein. Und so stehen sie heute noch dort, im ewigen Kuss vereint.
(ganz links am Rande der Burg küssen sich die Felsen!)
Infos Sortelha
Parken kann man direkt vor dem Stadttor. Gleich an dem großen Platz im Eingangsbereich von Sortelha liegen die Touristeninformation und das Restaurant Dom Sancho I. Das Restaurant ist klein, aber sehr gemütlich. Total nette Bedienung!
Restaurante D. Sancho I
Largo do Corro
6320-536 Sortelha
Die Karte besteht vorwiegend aus traditionellen Gerichten der Region, Wildgerichte sind die Spezialität des Hauses. Wer weder Wurst noch Wildschwein, Hase oder Reh verspeisen will, kann sich an die Gemüsegerichte halten.
Der Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von TCP/ARPT Centro de Portugal eingeladen wurde.
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