NEU: Leider gibt es ein Update zu diesem Thema. Im Oktober 2016 kippte das spanische Verfassungsgericht die Entscheidung der Katalanen und hob das Stierkampfverbot einfach wieder auf. Zur Begründung dieser Entscheidung bezog sich das Gericht darauf, dass der Stierkampf als kulturelles Erbe Spaniens zu betrachten sei und daher nicht verboten werden könne.
In Katalonien ist Stierkampf verboten. Soviel gleich vorweg. Bereits 2010 wurde das Gesetz dazu verabschiedet, im Januar 2012 trat es dann in Kraft. Seither müssen die Liebhaber dieser fragwürdigen Tradition schon weit in den Süden Spaniens fahren oder in den Norden nach Südfrankreich, wo bis heute noch zahlreiche Corridas stattfinden.
Seit Hemingways Fiesta und Tod am Nachmittag (Death in the Afternoon) versuchten diverse Nordeuropa und Amerikaner diesen „Brauch“ zu verstehen, bei dem ein Stier gegen einen Mann in bunten, engen Hosen antritt. Die vielen goldenen Borten und Rüschen tun der Männlichkeit offenbar keinen Abbruch. Hemingway selbst sah den Stierkampf zwar gar nicht als Sport, sondern als ein Trauerspiel an, aber er war doch gefangen von der Faszination dieses ungleichen Kampfes.
In dem Moment, wenn sich der Matador dem Stier stellt, hat das Tier bereits zahlreiche Spieße der Picaderos im Nacken. Die Männer auf Pferden haben schon eine Weile bevor der Torero, der dem Stier den tödlichen Stoß versetzen soll, die Arena betritt, ihre Speere in den schwarzen Bullen gesteckt. Ob er dadurch geschwächt oder erst richtig zum Kampf angestachelt werden soll – ich habe keine Ahnung.
Mir hat nie eingeleuchtet, was daran toll sein soll, ein Tier zu quälen und es aus Sport zu töten. Ich kann darin nichts Edles erkennen. Ich mag Stierkampf genau so wenig wie Jagd. Von mir aus könnte man das auch gerne verbieten. Diese Sonntagsmachos die schwer bewaffnet im Wald herum ballern und dann ihre Trophäen am Gürtel baumelnd durch die Gegend tragen – sorry, aber das ist doch nicht normal. Tiere zu töten, um sie zu essen, ja in Ordnung. Das hat die Natur damals so eingerichtet. Nur hat sie mit Sicherheit nicht daran gedacht, dass sich das zweibeinige Wesen, dass sich Homo sapiens nennt, irgendwann einen Spaß aus der Sache machen würde. Genauso schlimm ist die nicht-artgerechte Tierhaltung von Hühnern, Schweinen, Rindern etc. Was sind wir nur für Menschen?
Foto aus dem Museum in Sevilla – Dieser Stier ist eines natürlichen Todes gestorben und war einer der Wenigen, die wegen Tapferkeit begnadigt wurden.
Grundsätzlich mag ich alte Traditionen und Bräuche eigentlich. Meist erzählen sie vom Zusammenleben der Menschen in früheren Zeiten. Alte Tänze, Lieder oder Feste sind Zeugen einer regionalen Kultur und Identität. Es sind Relikte, Überbleibsel, die sich teilweise bis in unsere heutige Zeit gerettet haben.
Auf ähnliche Argumente berufen sich manche Befürworter der Stierkämpfe. Es sei eine althergebrachte Tradition, der Kampf zwischen Tier und Mensch, der Stier habe eine echte Chance etc. Dabei hat der Stier natürlich nicht wirklich eine Chance. In den vereinzelten Fällen, wo ein Stier einen Torero auf die Hörner genommen hat, ist er auch nicht mit dem Leben davon gekommen. Nur wenn er besonders tapfer und mutig kämpft und das Publikum und der Matador einen guten Tag haben, kann so ein Kampfstier „begnadigt“ werden und den Rest seiner Tage auf einer Weide fristen. Aber das kommt alle Jubeljahre einmal vor. In allen anderen Fällen ist sein Schicksal praktisch mit dem Betreten der Arena bereits besiegelt. Er wird in Einzelteilen in verschiedenen Kochtöpfen landen und fertig. Immerhin wird er gegessen und nicht weggeschmissen. Wobei ich als Nicht-Fleisch-Esser darauf auch verzichten könnte.
Ich sage jetzt absichtlich nicht Vegetarier, weil das vielleicht verwirren könnte. Zu Hause esse ich grundsätzlich kein Fleisch. Wenn ich allerdings auf Reisen bin und irgendwo zum Essen eingeladen werde, probiere ich (fast) alles. Bietet man mir ein Mahl an, das Fleisch enthält, dann probiere ich das eben auch. Da ist die Neugier auf die andere Kultur und das Essen der Menschen wichtiger. Für mich hat das auch etwas mit Respekt zu tun.
Meine Familie isst Fleisch. Zwar nicht jeden Tag, aber ab und zu schon. Obwohl ich das nicht selber esse, kaufe und koche ich also tote Tiere. Das Fleisch kaufe ich bei dem Metzger, von dem ich sicher weiß, dass er jede Kuh und jedes Schwein noch persönlich kennengelernt hat. Wenn jemand Fleisch in Maßen und ganz bewusst isst, finde ich das in Ordnung. Nicht verstehen kann ich die Leute, die möglichst billig für weniger als einen Euro Fleisch und Wurst in großen Mengen kaufen und das dann morgens, mittags und abends essen müssen. Würden sie das nämlich nicht tun, wäre auch von einem Tag auf den anderen die Massentierhaltung überflüssig. Glaube ich jedenfalls.
Aber zurück zum Stier. Also wie gesagt hat der Stier, bis zu dem Moment in der er die Arena betritt, eigentlich ein gutes Leben, verglichen mit seinen Kollegen, die zu Supermarktwurst verarbeitet werden. Er kann fröhlich auf riesigen Weiden mit gutem Futter hin und her rennen, wird gehegt und gepflegt. Nur steht leider sein Showkampf und der Tod irgendwann auf dem Stundenplan.
La Monumental – heute Shoppingcenter
Seit in Katalonien der Stierkampf verboten ist, stehen natürlich auch die alten Stierkampfarenen leer. Bzw. eigentlich steht nur eine leer. Die an der Plaça Catalunya ist nämlich zum Kino- und Shoppingcenter umgebaut worden. Statt der Matadore und Picaderos jagen hier nun die Schnäppchenjäger ihre Beute. Ob das so eine gute Idee ist, weiß ich auch nicht. Sicherlich kann man diese alten Arenen weiterhin irgendwie nutzen, nur hätte ich eher ein Museum oder irgendeine bildende oder informative Weiterverwendung bevorzugt. Shoppingcenter gibt es wie Sand am Meer, die müssen doch nicht in einer ehemaligen Stierkampfarena untergebracht werden. Ob man für oder gegen Stierkampf ist, ist das Gebäude ein Teil der Kultur. Ein Dokumentations- und Informationszentrum zum Thema hätte doch auch gepasst. Ein Ort, an dem die Geschichte des Stierkampfs und die Entwicklung des Bewusstseins, das letztendlich zum Verbot geführt haben, erklärt werden.
Anfang des letzten Jahrhunderts eröffnet, fand bereits 1977 der letzte Stierkampf in dieser Arena statt. Immerhin hat man das Gebäude nicht abgerissen
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