Es geht kulinarisch in den Süden Frankreichs. Dort haben sich Sandy und ihr Mann Steffen einen (meinen?) Traum erfüllt. Das Buch „Wo die wilden Kräuter blühen“, erzählt vom Ankommen, vom Mittendrin sein, und davon seinen Platz in der Welt zu finden. Dass das Leben in Südfrankreich nicht nur romantisch und wunderschön ist, sondern der Alltag im Paradies durchaus seine Tücken hat, erzählt Sandy so charmant und liebevoll, so menschlich und echt, dass ich das Buch gar nicht wieder aus der Hand legen konnte.
Aller Anfang ist schwer. Man kennt niemanden, muss erst mal Fuß fassen, sich an eine andere Sprache, andere Lebensumstände, andere Regeln des Miteinander gewöhnen und das Vertrauen fremder Menschen gewinnen. Doch Sandy und Steffen meistern alle Schwierigkeiten, die sich in ihren Weg stellen, einfühlsam und rücksichtsvoll. Es ist schön zu sehen, wie Sandy auch unangenehme Erlebnisse in etwas Positives verwandelt, wie sie trotz vermeintlicher Rückschläge ihr Ziel nicht aus den Augen verliert. Nicht aufgeben, weitermachen und Ängste besiegen – eigentlich ist das Buch nicht nur eine Geschichte vom Landleben, sondern auch ein Mutmacher, ein Beispiel, wie man es schaffen kann, zu sich selbst und damit seinen Platz in der Welt zu finden.
„Wo die wilden Kräuter blühen“ liest sich wie eine Geschichte mit Happy End nur ohne Ende. Einige Stationen und Entscheidungen sind in unserem Leben ganz ähnlich gefallen. Wir leben zwar nicht in Frankreich, aber wir sind seit vielen Jahren im Süden zu Hause. Natürlich habe ich längst nachgesehen: Sandys Dorf liegt nur zwei Stunden Autofahrt von mir entfernt, auf der anderen Seite der Pyrenäen eben. Da gibt es viele Ähnlichkeiten in der Landschaft, der Gastronomie, den Bräuchen und Traditionen. Viele Jahrhunderte lang waren die Regionen dies- und jenseits der Berge ja auch eins. Die Herrscher und Regenten saßen weit weg, hielten Hof oder kämpften in Schlachten, während die Menschen ein einfaches Leben führten, ihre Felder bestellten und sogar dieselbe Sprache sprachen. Von den Gemeinsamkeiten hat sich erstaunlich vieles bis heute gehalten.
Da komme ich auch schon zum zweiten Buch, das ich Dir heute vorstellen möchte. Sandys „Speiseführer“ ist ein kulinarischer Spaziergang durch den Süden Frankreichs. Sie zeigt uns die Märkte, stellt lokale Produkte vor und erklärt die Geschichte der Kräuter und Gewürze, von Trüffel bis Lavendel. Sandy gibt zu jedem Produkt Tipps, wo man was einkaufen kann oder welcher Wein zum Fleisch, Käse oder dem Gemüsegericht passt. Selbst kulinarische Feste fehlen in dem Speiseführer durch die Region nicht: Da ist einerseits das bekannte Zitronenfest aus Menton mit seinen geschmückten Umzugswagen, und andererseits das kleine Kichererbsenfest in Rougiers, das ich persönlich große Lust hätte zu erleben.
Überhaupt macht das Buch Lust, sich sofort auf den Markt zu begeben und die Auslagen der Obst- und Gemüsestände zu erkunden. Wer gern kocht, den zuckt es schon beim Lesen in den Fingern und im Kopf entsteht das Mittagsmenü. Jedenfalls in meinem ist das so, wenn ich über leckeres Essen lese oder mir Bilder anschaue. Doch Rezepte sucht man im Speiseführer vergeblich. Wahrscheinlich weil es unendlich viele Möglichkeiten gibt, die regionalen Produkten miteinander zu kombinieren. Das muss halt jeder selbst herausfinden, ganz nach seinem eigenen Geschmack. Falls Du doch unbedingt Rezepte zu den tollen Kräuter-, Käse-, Fisch- und Fleischprodukten suchst, guck einfach auf Sandys Blog confiture de vivre.
(Speiseführer Südfrankreich)
(Speiseführer Südfrankreich)
Mein Fazit: Die beiden Bücher, die ich Euch hier zeige, sind völlig unterschiedlich gestrickt. Während der Speiseführer voller praktischer Informationen steckt und die Geschichte der einzelnen Produkte in den Vordergrund rückt, geht es in „Wo die wilden Kräuter blühen“ um einfühlsame Geschichten über das Landleben im Süden Frankreichs. So unterschiedlich die beiden Werke vom Ansatz her sein mögen, sie passen richtig gut zusammen. Sandy schreibt wunderbar und kennt sich in der französischen Küche einfach schlafwandlerisch gut aus. Ihre Leidenschaft für gutes, ehrliches Essen, für eine echte Küche mit Naturprodukten, wie sie die Erde uns schenkt, steckt einfach an. Der Funke springt über und entfacht eine heftige Sehnsucht nach Südfrankreich.
Auf der Buchmesse in Frankfurt durfte ich schon mal ein köstliches Kastaniengericht probieren, das Sandy damals vor unseren Augen gekocht hat. Es war so lecker, dass ich es zu Hause prompt nachkochen musste. Beim Lesen der Bücher gestern und heute ging es mir ähnlich: Es treibt mich in den Garten, auf der Suche nach „unseren“ regionalen Produkten, den Kopf voller Überlegungen, was Sandy wohl daraus zaubern würde, und dankbar dafür, dass wir es eigentlich ziemlich gut haben.
Sandy Neumann
Wo die wilden Kräuter blühen: Die besten Zutaten für mein Landleben in Südfrankreich
Verlag: Eden Books
(Juni 2022)
ISBN-10: 3959103387
ISBN-13: 978-3959103381
Sandy Neumann
Speiseführer Südfrankreich
Verlag: CONBOOK
(Juni 2022)
ISBN-10: 3958893988
ISBN-13: 978-3958893986
Hinweis: Der „Speiseführer“ wurde mir als Rezensionsexemplar zugeschickt, „Wo die wilden Kräuter blühen“ habe ich selbst gekauft.
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