Zu alt zum Reisen?

Ein Thema, das mich in den letzten Wochen echt beschäftigt hat: Wo sind die Frauen Ü40, die noch Lust auf große Reisen haben? Die alleinreisenden Frauen, die ich unterwegs treffe, sind fast immer Mitte zwanzig bis Mitte dreißig. Dann hört es plötzlich auf. Es kann doch nicht sein, dass ab vierzig alle zu Hause bleiben? Manchmal kriege ich fast schon Komplexe, und frage mich, ob ich vielleicht einfach zu alt bin und es nur noch nicht gemerkt habe. Kann es sein, dass ich mich mit meiner Rumreiserei und dem Bloggen Ü40 lächerlich mache? Ehrlich gesagt, hatte ich mir bisher keine großen Gedanken über so etwas wie eine „Zielgruppe“ gemacht, ich wollte einfach reisen und schreiben. Ob und wer meine Geschichten dann liest, steht nicht mehr in meiner Macht – dachte ich. Dass das so nicht stimmt, ist mir schnell klar geworden. Die große Frage ist also, für wen schreibe ich eigentlich? Will überhaupt jemand lesen, wie sich das Reisen als Frau jenseits der 40 anfühlt? Ist es denn so anders, als mit 20 die Welt zu entdecken?

Ich schreibe so viel, fast jeden Tag. Geschichten, die in meinem Kopf passieren und die einfach unbedingt auf das Papier müssen. Halbe Bücher, angefangene Erzählungen, Texte, die nie fertig werden und es nie in die Öffentlichkeit schaffen. Weil es zusammenhangloses Zeug ist? Weil das kein Mesch lesen will? Oder weil ich Angst davor habe, mich nackig zu machen?

Wer sich nackig macht (=öffentlich im Internet seine Meinung, Ideen, Gedanken ausdrückt), muss Kritik einstecken können. Und nicht nur konstruktive Kritik, sondern manchmal eben auch einfach blöde Kommentare ertragen. Ich gebe zu, ich habe Angst vor Kritik und bösen Kommentaren. Ich will niemandem auf den Schlips treten und mir soll auch keiner auf den Schlips treten. Ich bin eher so ein Friede, Freude, Eierkuchen – Typ. Ich habe Angst mich lächerlich zu machen und kann doch nicht aufhören mit dem öffentlichen Erzählen. Es gibt noch so viel zu erleben. Muss ich mich vielleicht entscheiden? Entweder auf Kritik zu pfeiffen lernen oder meinen Schnabel zu halten?

Zu alt zum Reisen?
Mein erster Alleinflug: Mexiko 89

Backpacker haben einen anderen Schreibstil als Pauschalreisende oder Kreuzfahrer. Jeder hat da so seine Gemeinde. Aber wo um Himmels Willen ist meine Nische? Um von mehr Leuten, als nur von Mama gelesen zu werden, braucht man schon irgendeinen Plan. Das ist auch mir klar. Backpacker? Auch wenn ich oft mit dem Rucksack reise, kann aber muss ein 12-Zimmer im Hostel nicht immer unbedingt sein. Kreuzfahrten? Ich liebe Boote, aber Kreuzfahrtschiffe reizen mich so gar nicht. Lifestyle? Ganz davon ab, dass ich bis heute nicht verstanden habe, was der Begriff genau meint, erscheine ich nur sehr ungern auf Fotos. Erst recht kann und will ich mich nicht mit Bikinifotos verkaufen. Es ist ja total OK, wenn so manch einer damit Likes sammelt, aber das ist eben definitiv nicht meins. Neulich habe ich zum ersten, einzigen und letzten Mal dann doch wider besseren Wissens, ein unschuldiges Foto meiner Knie am Strand gepostet. Eigentlich war nicht viel drauf zu sehen, nur viel Sand und meine Knie eben. Das passte gerade zum Thema Relaxen am Strand, dachte ich jedenfalls. Prompt habe ich damit einen Kommentar mit dem Titel “Hot dog legs” geerntet. Definitv nicht mein Spielplatz. Ich hätte es besser wissen müssen. Reflexartig habe ich den Kommentar gelöscht, das Foto auch beinah. Aber dann eben doch nicht. Ein persönliches Mahnmal, das mich daran erinnert, dass ich lernen muss, mit Kritik umzugehen.

Ich dreh mich im Kreis. Was beschäftigt andere Frauen Ü40? Doch nicht nur Frisuren, Diäten und Mode? Wo sind denn die Frauen, die nicht nur im eigenen Garten Urlaub machen oder Pauschalreisen buchen, weil es so schön praktisch ist? Wo sind all die Leute hin, die ich damals unterwegs getroffen habe, als ich anfing zu reisen? Die sitzen sicher nicht alle brav zu Hause. Wen das Reisefieber einmal gepackt hat, den lässt es nicht wieder los. Auch wenn man ein paar Jahre “trocken” bleibt, ein harmloser “Urlaub” kann das Fieber sofort wieder auslösen.

Ein vager Verdacht macht sich in mir breit. Als ich das erste Mal meinen Rucksack gepackt habe, gab es noch keine Mobiltelefone und kein Internet und Fotos brachte man zum Entwickeln in den Laden. Ich habe die schwere Vermutung, dass das Bloggen und Social Media an und für sich einfach bisher nicht wirklich bei der Mehrheit der Frauen meiner Generation angekommen sind. Ein gewisses Misstrauen dem Internet gegenüber, gepaart mit einem vollbeschäftigten Alltag (Kindererziehung und/ oder Karriere) – kann das die Erklärung sein?

zu alt zum reisen?
lang ist’s her 1993

Ein paar Leute muss es doch geben, die ihre Kinder großgezogen und die Neugier auf die Welt und das Leben dabei noch nicht ad acta gelegt haben?! Oder bin ich einfach der komische Vogel, der den Absprung nicht geschafft hat? Solange die Kinder klein waren, stand die Familie immer an erster Stelle, nicht der Job. Das würde ich heute genauso wieder machen, wenn ich nochmal von vorn anfangen müsste. Aber Kinder werden groß, und wenn man einigermaßen was richtig macht, werden sie unabhängig und fliegen aus dem Nest. Wenn ich mal alt bin, möchte ich wie eine typische, italienische Mamma sein und unter einem Baum im Garten meine 20-köpfige Familie, Kinder und Enkelkinder um mich scharen und alle bekochen. Aber bis dahin ist es noch Zeit. Noch bin ich ein culo inquieto, wie die Spanier so schön sagen, und mit dem Entdecken längst noch nicht fertig.

Ich mache mir manchmal ernsthaft Sorgen, ob ich vielleicht ein Problem mit dem Älterwerden oder was auch immer habe. Komme ich in die Wechseljahre? Zum Glück habe ich den besten Mann der Welt an meiner Seite. “Du bist einfach Du” sagt er mir immer. Mein Leben war und ist nicht auf eine steile Karriere, sondern irgendwie eher “breit” angelegt. Ich habe viel gearbeitet, viel Neues ausprobiert und bin nach einer Weile immer “weitergezogen”. Ich kann viele Dinge ganz gut, aber ich bin nicht in einer einzigen Nische “überragend”. Meine “Fähigkeiten” sind wohl eher gestreut, wenn man das so sagen kann.

Du bist eben kein Haifisch, der sich jahrtausendelang auf seine Nische spezialisert hat und jetzt der König der Meere ist, sondern eher ein Mangroven-Fink auf den Galaposinseln” sagt mein Fels in der Brandung, “ein kleiner Fink mit einem dicken Schnabel, davon gibt es eben nicht so viele”.

Dann mach ich mich wohl mal auf die Suche nach anderen Mangroven-Finken, die noch Lust darauf haben, die Welt zu entdecken, schöne Dinge zu erleben, neue Landschaften kennenzulernen, die Welt zu hören, zu fühlen, zu sehen und zu schmecken…

 

freibeuter-reisen

 


Ein paar Gedanken in eine ähnliche Richtung habe ich übrigens bei Entdecker(g)reise gefunden. Auch Gitti Müller schreibt zum Thema „Von wegen zu alt„. Unbedingt lesen!

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28 Comments

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  1. says: Lucya

    Vielen Dank für deine Gedanken – ich hab mich mit ende 20 schon fast zu alt gefühlt denn die meisten ziehen ja direkt nach dem Abi los – doch ist man nicht immer so alt wie man sich fühlt?
    Daher bin ich wohl manchmal 8 und manchmal 80 und meistens irgendwas dazwischen – und auch ich habe wohl demnächst Angst auf den „veröffentlichen“ Knopf zu drücken wenn ich meinen Blog starte obwohl auch ich mir einrede, dass es mir egal ist wer es liest denn es ist ja „nur“ mein digitales, öffentliches Tagebuch 🙂

    Ich wünsche dir noch gaaaaanz lange gaaaaanz viel Freude auf deinen Reisen – schön mal einen Blog zu lesen, der sich nicht nur mit Landschaftsbeschreibungen und Packlisten befasst (auch wenn ich immer wieder dankbar bin für die praktischen Tipps aber das können andere eben weit besser – mein Schreibstil ist eben mehr der kreative als der praktische)

    Grüße vom kölner Paradiesvogel in die ex-Wahlheimat HH <3

    Lucya

    1. says: ninotsch

      Hallo Lucya! Ich wünsche Dir auch ganz viel Spaß mit Deinem Blog und der ganzen Aufregung, die zum Schreiben und Reisen wohl einfach dazu gehört! Ich denke, dass da jeder seinen ganz eigenen Weg findet muss. Die einen sind eben supergute Tippgeber, die anderen wollen einfach erzählen und wieder andere machen einfach die allerbesten Fotos. Aber egal ob Seelenstriptease oder Packlisten, jeder Blog hat seine Leser. Auch wenn es manchmal mehr und manchmal weniger sind 🙂
      LG
      Nicole

  2. says: Eva

    Hier ist auch noch eine Reisende aus dem Ü40-Club. Natürlich hat sich mein Reiseverhalten in den Jahren verändert (mal mit Mann und Kind, mal allein, mal Städtetrip, mal längere Auszeit, mal Camping, mal Mädelswochenende, hin und wieder auch allein mit Rucksack,..) aber die Reiselust ist geblieben und auch nicht zu heilen. Dennoch kann ich Deine Gedanken genau nachvollziehen. Auch ich frage mich manchmal wo sind sie denn alle hin? Auch ich blogge, mach mich aber nicht gerne „nackig“, bin mehr der stille Voyeur (lese und beobachte) und weiß auch nicht so genau für wen schreibe ich eigentlich, bin ich doch selbst so flapsig und nicht so recht auf eine Zielgruppe festzunageln …
    Ich will Dir eigentlich nur sagen, Du bist nicht allein da draußen, auch nicht mit Deinem Gedaankenkarussell. Wir sind alle noch da, nur vielleicht mittlerweile ein bisschen leiser 😉

    1. says: ninotsch

      Hallo Eva, Daaaaanke!!!!sonst bin ich ja auch eher so der lese-und-beobachte-Typ,…. aber ich bin froh, dass ich dieses Mal meine Gedanken rausposaunt habe. Dein Blog ist übrigens total klasse. Hab mich gestern gleich festgelesen! Und Oman steht jetzt auch ganz oben auf meiner Liste….

  3. says: inka

    Huhu meine Liebe!
    Du irrst! Jahaa, ich sage das einfach so, obwohl mir noch, ähm, 2 Monate zur 40 fehlen: Du irrst! Alle meine Freunde reisen gerne, alle meine Freundinnen reisen gerne, meine älteren Freundinnen reisen gerne, bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen. Nur, weil vermutlich die meisten Frauen Ü40 gebunden sind, daher eher selten alleine verreisen (wenn man schon so wenig Urlaub hat, mag man doch vermutlich eher mit dem Partner verreisen?) und nicht mehr „big income, no kids“ sind sondern eben beim Reisen Abstriche machen müssen, um die Kids zu versorgen, davon abgesehen, dass bei den meisten 40-50-Jährigen die Kids heutzutage nicht flügge sondern im Kleinkindalter sind, also aus all diesen Gründen ist doch nachvollziehbar, dass Du auf Deinen Reisen weniger Single-Frauen Ü40 begegnest und das heißt doch nicht, dass die Neugier auf die Welt ad acta gelegt wurde?
    Denn ja, nur, weil frau reist, muss sie es ja nicht gleich ins Internet schreien, wie wir das ständig tun. 😀
    Ich denke daher, natürlich gibt es sie, überall, die reisenden Frauen. Schau Dich mal bei den Lifestyle-Bloggerinnen um, die reisen auch, zum Teil sehr viel, und die Bloggen auch drüber. Sie machen vielleicht nur nicht so ein Riesen Fass drum auf wie wir. Krkr. 😉

    PS: Ich bin mir gar nicht sicher, dass die „Hot Dog Legs“ so negativ gemeint waren. Ih hab das immer so verstanden, dass quasi alle Beine aus der Selfie-Perspektive wie Hot Dogs aussehen. Immer positiv denken (davon abgesehen, dass du einen adorable body hast!).

    Liebe Grüße
    /inka

    1. says: ninotsch

      hahaha Inka, da hast du mich erwischt! Ich habe natürlich sofort an Würstchen gedacht und das ist bei mir eher nicht so positiv belegt *rot-werd, grins* 🙂 aber stimmt schon, positiv denken ist immer besser. und schneller Themawechsel: Das kann natürlich sein, dass ich wie so oft, einfach mal wieder früh dran war – in diesem Fall beim Mama werden. Ungeduldig bin ich ja bis ins Mark! Sicher stimmt es auch, dass nicht alle gleich in die Welt hinausposaunen, wo sie denn gerade waren, wo es schön ist und wo nicht, aber treffen müsste ich sie doch unterwegs ab und zu mal, diese Frauen. Ich muss zugeben, dass ich mich außer zu „Reisen“ eigentlich nur noch zum Thema „Essen“ in Blogs umschaue. Vielleicht sollte ich mal die Nase etwas über meinen Tellerrand strecken und gucken, was Lifestyle-blogger/innen denn so schreiben…

      ganz liebe Grüße!!!!

  4. Hallo Ninotsch,
    bin durch Madlen auf dich bzw. den Post „Zu alt zu reisen?“ gestoßen.
    Schade, bin gerade gestern nach ein paar Tagen in Barcelona zurückgekommen und hätte gerne mit dir Kontakt aufgenommen.
    Reise viel und das hat sich im Laufe meines Lebens auch nicht verändert. Bin reichliche Ü60 und habe noch viele Reisen vor mir. Natürlich wird die Luft nach oben dünner, aber wir werden mehr ☺

    1. says: ninotsch

      Hallo Peter, schade, dass wir uns verpasst haben. Dann aber beim nächsten Mal!

      lg
      Nicole

  5. says: Monika

    Sei ruhig ein komischer Vogel, denn die sind viel interessanter als alle anderen zusammen! Dein Artikel ist wunderschön! Komme jetzt sicher öfter vorbei und lese mal rein! 😉 LG Monika

    1. says: ninotsch

      Danke Dir Monika ! ..und ein Prost auf alle komischen, bunten und verrückten Vögelchen 😉

  6. says: Simone

    Hier, hier, hier! Über 40 und sehr gerne auf Reisen und das möglichst lang. Bis jetzt aber fern der Öffentlichkeit und ganz ohne Berichterstattung.
    Und ja manchmal kommt man sich alt vor, z.B. wenn die Zimmernachbarn sich (erfreut) wundern, dass wir uns (in unserem Alter) nicht über ihre nächtliche Party beschwert haben 😉
    LG Simone

    1. says: ninotsch

      Ha ha, sehr nett! Da hätten sie Euch ja vielleicht glatt zur nächsten Party einladen können 🙂
      liebe Grüße!!!

  7. Ein schöner Artikel der mir (wenn ich kinderlos wäre oder schon große Kinder hätte) wohl aus der Seele sprechen würde. Ich bin jetzt 42 und im Herzen immer noch die gleiche Backpackerin wie mit 20. Aber mit einem 3 und einem 7jährigen im Schlepptau tummel ich mich nun mal nicht mehr in dorms rum und sitze auch nicht mehr stundenlang im Chickenbus. Und ich käme mir wahrscheinlich mittlerweile auch ein bisschen „doof“ vor unter all den 25jährigen. Alles hat seine Zeit und die des Extrem-Backpackings ist für mich nun mal vorbei. Trotzdem entdecken wir immer noch die Welt. Nur anders. Und wenn ich ehrlich bin genieße ich diese Art des Reisens mittlerweile sehr. So richtig viel Lust hätte ich nämlich auch nicht mehr auf versiffte Betten oder Ratten und Kakerlaken in meiner Bananenblatthütte. Trotzdem ist man fürs Reisen natürlich niemals zu alt und das ist auch gut so. GlG, Nadine

    1. says: ninotsch

      Ih nee.. keine Ratten bitte. … Ich hab zwar schon Kakerlaken im Zimmer /Hütte gehabt, aber Ratten geht gar nicht :-)!! Aber mal ab von den Viechern: Es gibt eben viele Arten zu Reisen, und jeder muss seine eigene entdecken, das stimmt natürlich total. Also: alle weitermachen!!!
      Ganz liebe Grüße!

  8. says: Steffi

    Hallo,
    ich mag diesen Artikel sehr!!
    Und einige andere auf Deiner Seite auch!
    Ich verstehe Deine Gedanken total obwohl ich „erst“ 34 bin 🙂

    Ich hatte auf meiner Reise meist das Vergnügen mit U 30ern und kam mir irgendwie zu alt vor.
    Besonders wenn ich mich dann doch mal für Hosteldorm entschieden hatte… Da kann ich mir vor wie bei einer Jugendfreizeit auf der ich die Betreuerin bin.

    Aber dann traf ich doch auch immer mal Menschen in meinem Alter oder älter…
    Ich hatte eine super Zeit mit zwei U50ern in Laos! Und einen davon hab ich in Kambodscha gleich nochmal wieder getroffen 🙂
    Da kann ich mir gleich richtig jung vor!
    Ich bin mir sicher, es gibt Sie in jedem Alter! Die Reisenden mit dem Rucksack, die die unterwegs sind die Welt zu entdecken!!
    Nicht zweifeln und bitte nicht aufhören tolle Artikel zu schreiben!!
    Grüße
    Steffi

  9. says: Monika

    Hallo Nicole,

    zunächst einmal: ein wirklich toller Post zu einem Thema, über das ich – die ich sicher um einige Jährchen älter bin als Du – auch schon oft nachgedacht habe. Allerdings geschah das bei mir eher aus einer etwas anderen Perspektive. Da ich mein Leben lang beruflich und privat sehr, sehr viel gereist bin, stellt sich bei mir die Fragen nach dem „Zu alt“ gar nicht, denn gereist bin ich immer und reisen werde ich auch weiterhin, denn das ist ein integraler Teil meines Lebens. Und ich habe auch immer Leute in meinem Alter gefunden – vielleicht nicht immer so viele wie in jüngeren Jahren, aber Gleichgesinnte gab’s immer.

    Was mir allerdings auffällt im Laufe meiner Reisejahre, ist, wie sehr sich die Art des Reisens bei mir geändert hat: war ich zuerst – sogar auf der Hochzeitsreise – per Zelt unterwegs, wurden daraus dann im Laufe der Zeit etwas bequemere Campingreisen. Dann stieg ich langsam ein in die Schiene der „Roadtripper“, auf der ich heute noch häufig unterwegs bin. Und auch da gab’s Veränderungen: erst war ich auf der Jagd nach den Highlights, und von denen wollte ich möglichst viele in einer Reise haben – heute sind mir solche Reisen ein Graus. Inzwischen lege ich ganz besonderen Wert darauf, ein Gefühl für die Region, die Kultur, die Lebensweise und die Menschen zu bekommen, an deren Ort ich gerade gelandet bin. Und da steige ich gerne auch ganz tief ein: bei gemeinsamen Erlebnissen, Gesprächen und einem Hinter-die-Kulissen-Blicken, das mir unglaublich viel Spass macht. Heute geht’s mir auf unseren Reisen vor allem ums besonders intensive Erleben!

    Mein Fazit also: „zu alt“ ist man nie zum Reisen, es ändert sich nur die Art des Reisens – zumindest bei mir.

    Liebe Grüße,
    Monika

    1. says: ninotsch

      Danke liebe Monika!!! Das stimmt bei mir teilweise auch. Statt Highlights abzuklappern, habe ich aber früher auch schon immer Kontakt zu „Einheimischen“ gesucht. Ich wollte sogar so extrem eintauchen in anderen Kulturen, so tief, dass man mich möglichst gar nicht als Reisenden erkennt. Entsprechend gibt es auch von meinen frühen Reisen kaum Fotos, weil Fotografieren= Touri. Das ist heute anders. Mittlerweile stehe ich dazu, einfach mal „Tourist“ zu sein und zücke auch mal die Kamera oder das Smartphone. Leider fällt es mir aber immer schwerer neue Sprachen zu lernen und selbst die paar Brocken, die ich mir mühsam antrainiere, wie Danke und Bitte auf Thai oder Wolof, vergesse ich sofort wieder, wenn ich eine Woche zuhause bin… Man kann halt nicht alles haben. Aber das Reisen selbst wird sicher immer ein Teil meines Lebens bleiben, das kann ich gar nicht einfach so ablegen 🙂

      ganz doll liebe Grüße!!!!! bis bald!!!!

  10. says: Martin

    Hallo Nicole,

    ich kann Dich da gut verstehen. Nächstes Jahr werde ich 40 und ich frage mich auch, ob meine Art des Reisens noch passt, wo die ganzen Reisenden hin sind und überhaupt. Sicherlich sind die Jahre zwischen 35 und 50 eher der Familie gewidmet. Danach geht es wieder los.

    Aber hey, 40 sind die neue 20. Und außerdem finde ich es gar nicht schlecht, denn die Art zu Reisen hat sich verändert. Nicht die Art des Transports, aber die Art der Wahrnehmung, neue Schwerpunkte, mehr Möglichkeiten und mehr Wissen. Das finde ich gerade spannend und möchte ehrlicherweise gar nicht mehr 30 sein. Nagut, manchmal am Berg schon, wenn die Beine scheinbar eher zu brennen anfangen, aber hey, solange es noch geht ist es prima.

    Und beim Thema Zielgruppe und Nische würde ich mir keine Gedanken machen. Heute ist das doch ohnehin irrelevant und eigentlich kann man getrost Alterskohorten ignorieren. Dafür gibt es Sinusmilieus und die zeigen, dass auch ein 60jähriger durchaus die gleichen Interessen wie ein 16jähriger haben kann.

    Vielleicht ist das Thema Reisen wie Du es machst nicht gerade Trending Topic, aber es gibt immer Menschen da draussen, die Inspiration suchen, Motivation und Ziele. Und denen ist es egal, wie alt Du bist oder Dich fühlst. Die stehen auf Deine Art zu schreiben und zu fotografieren.

    Ich mache mir jedenfalls keine Gedanken, ob das jetzt ein 20jähriger liest oder ein 90jähriger. Man fragt sich bei einem Artikel in einem Magazin oder in der Zeitung dich auch nicht, wie alt der Schreiben denn wohl sein muss.

    Und hau weiter raus, drück senden, posten, veröffentlichen – egal. Ist doch Deine Bühne hier und Du bestimmst, was gespielt wird. Vielleicht ist das wirklich ein Zeichen unseres Alters, dass wir anfangen zu zögern und nicht frisch und ohne Vorbehalte einfach loslegen. In diesem Fall sollten wir uns das Alter schnell abgewöhnen 😉

    Ach so: „Hot Dog Legs“ sind doch eher positiv – ist halt ein Trend, der da grad geht. Und Du bist dabei – #yolo! 🙂

    Viele Grüße,
    martin

    1. says: ninotsch

      Hi Martin! hahaha
      Tausend Dank! Ich besorge mir einfach mal ein Kilo mehr Selbstbewusstsein, oder auch zwei! Ich würde auch nicht mehr tauschen wollen und bin ehrlich gesagt sehr zufrieden mit meinem Leben, jetzt jenseits der magischen 40er Grenze 🙂 Manche Erfahrungen habe ich einfach schon gemacht und bin froh, da nicht noch einmal durch zu müssen! Auch an den kleinen Falten habe ich ja schließlich hart gearbeitet und jede einzelne hat ihre Geschichte … wenn nur das mit der Puste nicht wäre!!!

      ganz liebe Grüße aus dem sonnigen Barcelona

  11. says: Wolfgang

    Also erst habe ich ja gedacht, zu alt (?) zum Reisen, wie kommt man(n) bzw. Frau 😉 auf so eine Idee? Doch dann habe ich mich eingelesen und kann Deine Gedanken nachvollziehen.

    Aber halt nur nachvollziehen nicht auf mich selbst übertragen. Denn: Ich bin vermutlich älter als Du (müssen wir hier ja nicht bis auf den letzten Tag ausdiskutieren 😉 ), aber der Gedanke an´s Alter würde mir (Stand heute wohlgemerkt!) nie kommen…

    Du solltest Dir da nicht zu viele Sorgen machen. Man ist nie zu alt zum Reisen ( <- meine Meinung!). Und zum Bloggen auch nicht… 😉

    Man sollte halt nur nicht versuchen, sich wie ein zwanzigjähriger zu verhalten. Ich kann z.B. mit Dorms nix anfangen. Brauche meine Privatsphäre. Und: Ich suche eher den Kontakt zu Einheimischen als zu anderen Reisenden. Land und Leute möchte ich schließlich kennenlernen, das ist es, was mich umtreibt… 😉

    Aus den v.g. Gründen und sicher wegen einiger anderer Dinge stellen sich mir solche Probleme erst gar nicht. Also solltest Du Dir meiner Meinung nach nicht zu viele Gedanken machen. Hey, die Welt ist so schön … altersunabhängig! Und vieles an dieser Schönheit, das ist auch meine Erfahrung, kann man eh erst ab einem "gewissen Alter" wahrnehmen. So ist´s jedenfalls bei mir…

    So, genug hier rumgespammt… 😉

    LG aus Hannover

    1. says: ninotsch

      Hallo Wolfgang, Danke Dir für Deinen Kommentar! Es stimmt natürlich, dass ich beim Reisen auch lieber Einheimische kennenlerne, und mich gern „unter’s Volk“ mische, wenn es irgendwie möglich ist. Da hast Du recht. Aber dennoch trift man ja automatisch andere Menschen, die unterwegs, irgendwo zu Gast sind,… und dabei kommen mir dann halt manchmal diese Zweifel und Gedanken. Aber es stimmt schon, was du sagst: Die Welt ist so schön! 🙂 Also einfach weitermachen!!!!

      Liebe Grüße nach Hannover!

  12. says: Madlen

    Ach Nicole… Ich habe noch 3 Jährchen bis zur magischen Grenze, aber auch ich muss sagen, habe ähnliche Gefühle. Auf meiner mehrmonatigen Reise durch Südamerika traf ich eine einzige alleinreisende 40 Jährige – ansonsten nur U30/ Anfang 20 – junge Gruppen, Jungsgruppen, Pärchen, junge Mädchen etc. Nie fühlte ich mich so häufig deplatziert und fragte mich ebenso, wo die ganzen Mädels hin sind, die mit mir noch vor 15 Jahren die Welt entdeckten. Am Ende der Reise verzichtete ich auf Hostels und suchte mir ein Billighotel. Ich fragte mich, bin ich jetzt alt?
    Schön, dass Du den “Veröffentlichen”-Knopf gedrückt hast 😉 LG aus Berlin nach Barcelona

    1. says: ninotsch

      Danke Dir Madlen 🙂 Genau das meinte ich! Das sich „deplaziert“ fühlen, obwohl doch eigentlich alles ist, wie immer. Ich mache, was ich immer schon gern gemacht habe und fühl mich auf einmal merkwürdig allein dabei. Naja zum Glück nicht immer, aber irgendwie immer öfter. Auf Reisen nette Menschen kennenzulernen war eigentlich nie mein Problem. Aber es fällt mir einfach schwerer als früher, unbeschwert und frei von der Leber weg zu sein, weil da im Hintergrund eben dieses Gefühl von „passt das überhaupt noch?“ lauert… aber noch will ich mich nicht von dieser mir neuen Unsicherheit stoppen lassen. Den Knopf zu drücken war auch schon ein kleiner, für mich mutiger, Schritt 😉
      Ganz liebe Grüße nach Berlin!!!

  13. Hallo ich bin üüüü 40, d.h. sehr demnächst 50(+). Ich verstehe Deine Verwirrung gut. Als ich meinen Blog begann, wusste ich gar nicht, dass es Reiseblogger(innen) gibt. Dann stellte ich fest: In großer Zahl! Und die meisten sind in der Tat 20 bis 30 Jahre alt und schreiben für eine solche Zielgruppe. Irgendwo gibt es auch so einen Artikel: Wie reist es sich mit ü40? Von einer jüngeren Frau geschrieben. Ist doch klar: Mit Krückstock und Zivi. Seit es letztere nicht mehr gibt, wird´s eng:-)
    Das liegt am Ende wirklich mehr an den „neuen“ Technologien – und dem neu erfundenen Berufsweg des „digitalen Nomaden“ – als am (als Frau alleine) reisen. Ich habe ein paar Beiträge recherchiert über Pionierinnen des Reisens wie Alexandra Néel oder Freya Stark. Und die waren ü80 [!), als sie immer noch loszogen und zwar in die ganz schön weite Welt hinaus.
    Also sind wir ü40-Schreiber(innen) vemutlich sogar die, die einen größeren virtuellen Kreis bedienen. Im Prinzip jedenfalls, da wir ja weniger (Bloggerinnen) sind.

    1. says: ninotsch

      Dachte ich mir’s doch… die „neuen“ Technologien sind Schuld :-)!! Die beiden Pionierinnen kenn ich gar nicht. Da werde ich gleich mal nachlesen, wie und wohin die gereist sind 🙂 hört sich spannend an!

  14. says: Flögi

    :-O Ich bin überrascht von deinen Gedanken. Du schaust jung aus, du denkst jung und keinen einzigen Menschen interessiert es, wie alt bist du, oder ob du Backpacker bist und ob in abgewohntem Hostel gewohnt hast, den Menschen interessiert, allerdings mich, was du über deine Reisen erzählt, was du erlebt hast, nicht nur die reisetechnische Fakten, ich mag auch sehr gerne privat Gedanken, Erlebnisse dazu, viele Fotos…du schreibst in einem guten lockeren Stil, du zeigst Sachen, die interessant sind. Lass diese Gadanken!!! Und ja, ich führe einen Blog (in meiner Muttersprache), wo über alles geschrieben wird, Details von meine Krankheiten, OPs, Arbeit, warum ich kein Kind will, warum ich mich von Milch und Butter ekele…Alles, was den Menschen aufmerksam macht, weil eben so wenige sich trauen darüber zu schreiben. Da springen auf die Themen gleich Hunderte täglich, und es kommen auch sehr böse und agressive Kommentare, aber ich bin ich und ich zeige mich und ich genieße es, daß außer den paar Idioten, die da negativ rumkommentieren, die Mehrheit es mutig und interessant findet. Ich mag Pioneer sein und was neues, mutiges zeigen und ich mag den Menschen auch gerne meine extreme Gegengedanken äußern, daß sie davon richtig schockiert werden „wie traut sich es sie zu schreiben“. Es ist schwer und oft schmerzhaft, aber ich tue es weiter. Liebe Grüße

    1. says: ninotsch

      Ich wünschte, ich könnte Ungarisch lesen! Auf Deiner deutschen Seite lese ich immer Deine Reiseberichte und bewundere Deine Fotos (Ich freu mich jetzt schon auf die Reunión Geschichten!). Schade, dass ich die Blogs in Deiner Muttersprache nicht verstehe. Tausend lieben Dank für den Kommentar! Die moralische Unterstützung tut total gut!!! Ich denke ja auch, dass es wichtig ist, den Mund aufzumachen und sagen zu können, was man denkt… aber oft war ich bisher eben doch sehr „vorsichtig“ meine Ecken und Kanten zu zeigen 🙂
      ganz liebe Grüße!!!