La Bisbal d’Empordà ist die Töpferhauptstadt Kataloniens. Dicht an dicht finden sich hier alte Handwerksbetriebe und neue Werkstätten der Keramikverarbeitung. Hier treffe ich ein paar interessante Menschen, die ich Dir unbedingt vorstellen möchte.
L’Empordanet:
La Bisbal ist das Zentrum einer kleinen Gegend, die sich l’Empordanet, das „kleine Empordà“ nennt. Erlaubt mir bitte, dass ich an dieser Stelle einen ganz kurzen Ausflug in die Geschichte mache: Das Hinterland der Costa Brava erstreckt sich über weite, grüne Ebenen bis in die Berge der Pyrenäen. Im Mittelalter lag genau hier die Spanische Mark. Die hatte Karl der Große einst gegründet, um die Bewohner des christlichen Europas vor den Angriffen der Mauren aus dem Kalifat von Córdoba zu schützen. Zu dieser Marca Hispanica gehörten unter anderem die Grafschaften Empordà, Girona und Besalú, die später unter der Herrschaft der Grafen von Barcelona zum Principat Catalunya zusammenwuchsen.
Nach dem Spanischen Bürgerkrieg wurde die gesamte Gegend in neue Bezirke eingeteilt. Aus der mittelalterlichen Grafschaft Empordà wurden das heutige Alt und Baix Empordà. Zwischen diesen beiden Bezirken erstreckt sich der größte Teil der Costa Brava. Eine Gegend, die landschaftlich wirklich alles abdeckt, was man sich nur wünschen kann: Berge, Meer und weite Ebenen. Der katalanische Dichter Josep Plà beschrieb seine Heimat oft als eine Welt im Kleinen. Von ihm stammt auch die Bezeichnung des Empordanet, des „kleinen Empordà“. Damit meinte Plà die Ansammlung kleiner Dörfer, die, etwas versteckt im Hinterland liegend, aus wenigen Straßen bestehen, die sich um einen hohen Turm herum schlängeln: Ullastret, Corça, Monells, Peratallada, Canapost, Vulpellac oder St Sadurní de l‘Heura zum Beispiel. Das Zentrum dieses „kleinen Empordà“ ist also La Bisbal.
La Bisbal d’Empordà:
Die Menschen, die ich in La Bisbal treffe, haben natürlich alle irgendwie mit dem Töpfern zu tun. Da ist zunächst Annick. Sie ist gerade erst aus Barcelona mit ihrer Familie hergezogen und noch dabei eine eigene Werkstatt einzurichten. Sie hat ihren alten Beruf an den Nagel gehängt und will Töpferkurse geben. Zusammen mit ihrem Mann, einem Kinderbuchautor, hat sie etwas ganz Besonders geschaffen, eine kleine Welt aus Walen und Blumen. Angefangen hat es eigentlich damit, dass unsere Tochter irgendwann beim Spielen sagte „… und im Bauch von dem Wal wachsen Blumen …“. Daraus entwickelte Annicks Mann die Idee einer Geschichte und sie selbst begann Wal-Tassen zu kreieren. Super schön, oder?
Nur wenige Häuser weiter lerne ich einen anderen Töpfer kennen. Josep unterhält mit seiner Frau einen kleinen Laden, in dem er nicht nur seine eigenen Werke verkauft. Im hinteren Teil des Ladens hat er nämlich eine Werkstatt für Besucher eingerichtet. Hier werde ich nun in eine der vielen Techniken eingeweiht, die es bei der Keramikbemalung gibt. Josep will mir zeigen, wie Kacheln bemalt werden. Das sieht zunächst sehr einfach aus, ist aber aufwendiger, als gedacht! Zunächst muss ich mir aus Hunderten von blauen Schablonen ein Muster aussuchen, das ich auf meine Kachel abpausen will. Die Wahl fällt mir zum Glück aber nicht schwer, denn ziemlich schnell entdecke ich ein Fischerboot am Strand. Das ist genau das Richtige für mich. Also lege ich los. Die Linien auf der Kachel muss ich nun mit einer dicken Nadel nachziehen, denn durch diese Ritzen wirkt die bemalte Fliese später nicht so flach, sondern reliefartiger.
Josep ist hier in La Bisbal aufgewachsen und töpfert schon seit vielen Jahren. Als ich ihn frage, woher er denn so gut Englisch kann, erzählt er mir, dass er lange Zeit mit seiner Familie im Ausland gelebt habe. Mit seiner Frau und den Kindern sei er in Indien. Bulgarien und anderen Ländern unterwegs gewesen und habe dort in verschiedenen Projekten gearbeitet und versucht “die Welt ein klein bisschen besser zu machen”. Doch irgendwann ist er wieder ins Empordanet zurückgekommen und hat nun sichtbar seinen Spaß daran, den Kleinen (und Großen) zu zeigen, wie man mit Keramik arbeitet. Ein beeindruckender Mensch!
Während ich dabei bin, die Linien auf meiner Fliese mit Farbe zu füllen, versinke ich fast in eine meditative Stimmung. Das Anmalen hört sich so leicht an, aber ab und zu muss ich doch meine Augen leicht zukneifen, um das Gesamtbild besser sehen zu können und auch die richtigen Linien in den richtigen Farben zu bemalen. Konzentriert und gleichzeitig total entspannt sitze ich hier mit meinem Boot und den Isles Medes, die im Hintergrund aus dem Meer herausschauen. Ich denke gar nicht mehr, wie sonst. Normalerweise toben permanent Gedanken durch mein Gehirn. Ich kann das gar nicht stoppen. „Was kaufe ich nachher zum Abendessen ein“ oder „Um neun muss ich die Kinder abholen“ oder „ich muss XY noch anrufen/ eine Mail schreiben“. Aber nicht heute. Heute bin ich einfach nur im Hier und Jetzt. Meine Gedanken machen ganz offensichtlich eine kleine Pause. Das ist sehr angenehm. So etwas sollte ich viel öfter machen. Ob Töpfern oder vielleicht Malen ein passendes Hobby für mich ist? Besonders künstlerisch begabt bin ich ja zwar nicht, aber es ist so schön entspannend!
La Cantonada
Nach getaner Arbeit bin ich hungrig. Anna führt uns in ein kleines Restaurant hinter dem Castell Palau, dem ehemaligen Bischofssitz von La Bisbal. Susana ist die Chefin des „La Cantonada“. Sie ist unglaublich charmant und witzig und dabei mega professionell. Kein Wunder, dass hier jeder Tisch schon auf Wochen im Voraus reserviert ist.
Das Essen ist, wie nicht anders erwartet, genial. Frische, regionale Produkte werden in der Küche zu wahren Köstlichkeiten verwandelt, die dann auch noch auf Tellern aus La Bisbal serviert werden! Mein Teller ist wunderschön blau bemalt und erinnert mich an einen Teller, den ich vor einem Jahr mal gesehen habe. Ich kann natürlich meine Neugier nicht bremsen und tue, was man eigentlich in einem Restaurant nicht tun sollte, ich gucke unter den Teller. Und was entdecke ich da prompt? Den Stempel der Ceramica Yuma, der Töpferwerkstatt, der ich letztes Jahr einen Besuch abgestattet habe! Vielleicht ist es ja sogar genau dieser Teller, auf dem jetzt mein Risotto nur darauf wartet, von mir gegessen zu werden, den ich damals gefilmt habe?
Ceramica Yuma – die Entstehung des Tellers
Susana (links), Anna (rechts) und in der Mitte ein paar verrückte Reiseblogger 🙂
Elena: www.creativelena.com
Christina: www.cityseacountry.com
Infos zu La Bisbal d’Empordà:
Ganz viel Infos zum Thema Töpfern findest Du in meinem Artikel vom letzten Jahr: Alte Handwerksberufe – vom Aussterben bedroht?
Annick Galimont
Website: annickgalimont
Restaurant La Cantonada
C / del Bisbe, 6
17100 La Bisbal d’Empordà / Girona
Website: www.lacantonada.cat
Kreativ und fantasievoll, aber trotzdem ehrlich und traditionell sind die Gerichte, die hier auf den Tisch kommen. Regionale Produkte, angenehmes Ambiente und toller Service.
Cerámica Josep Torres
l’Igueta, 88 A
17100 La Bisbal d’Empordà / Girona
Viele nützliche Tipps zu aktuellen Workshops und spannenden Aktivitäten im Empordanet findest Du hier: www.visitempordanet.com
Castell Palau
Hinweis: Der Besuch in La Bisbal fand im Rahmen eines Blogtrips an die Costa Brava statt. Die hier dargestellte Ansicht, drückt einzig und allein meine persönliche Meinung aus.
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