Der Höhlenkäse:

Wenn wir schon in Asturien sind, wollen wir sehen, wo und wie der in Spanien wegen seines extremen Duftes berühmte Cabrales Käse gemacht wird. Das Spannende am Cabrales ist nämlich, dass er seine pikante Note dadurch erhält, dass er in einer Höhle weit oben in den Picos de Europa heranreift. Erst dort entsteht der typisch blau-grüne Schimmel. Dieser “moho” ist natürlich ein “guter” Schimmelpilz, der zur Penecillium-Art gehört, mit denen auch andere Blauschimmelkäse und Antibiotika hergestellt werden. Gesund hin oder her, bei dem strengen Duft rümpft der Schatz dann aber doch schon mal die Nase.

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Auf engen Bergstraßen mit toller Aussicht fahren wir hinauf nach Sotres. Der Weg dorthin führt uns durch Poncebes. Dort stehen viele Autos am Wegesrand und ganze Familien marschieren Richtung Funicular. Diese Seilbahn funktioniert wie ein Fahrstuhl. Unterirdisch, also ohne Aussicht, führt die Bahn bergan bis in das Dörfchen Bulnes, das man ansonsten nur zu Fuß erreichen kann, weil es keine Straße dorthin gibt. Die Fahrt kostet allerdings um die 20 Euro und es ist – heute zumindest – recht voll. Die Menschenmengen sind einer besonderen Veranstaltung geschuldet, denn heute findet eine Travesía in den Picos de Europa statt. D.h. seit zwei Uhr heute Morgen laufen sportlich sehr ambitionierte Menschen von einem Gipfel zum anderen.

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Wir machen doch lieber das mit dem Käse und fahren weiter, bis wir schließlich Sotres erreichen. In der Queseria Maín, benannt nach einem der Berge die uns umgeben, empfängt uns Javier. Gemeinsam mit seiner Frau Jessica hat er vor 16 Jahren die Käserei gegründet. Beide sind mit dem aromatischen Cabrales aufgewachsen. Javiers Eltern betreiben im Nachbardorf noch heute ihre eigene Queseria. Wenn viel zu tun ist, also fast immer, hilft ein Cousin bei der Arbeit. Die ganze Familie widmet sich mehr oder weniger diesem Käse aus den Bergen und so haben auch Javier und Jessica das Handwerk quasi schon in die Wiege gelegt bekommen.

Zunächst zeigt uns Javier kurz die Hallen, in der sie ihren Cabrales hergestellen. Durch eine Scheibe sieht man, wie die angelieferte Milch verarbeitet wird. Cabrales kann aus Kuh-, Schafs- oder Ziegenmilch gemacht werden. Hier wird nur Kuhmilch für den deftigen Blauschimmelkäse verwendet. Die Milch der hauseigenen Ziegenherde wird zu einem sanfteren Ziegenkäse verarbeitet. Doch dazu später mehr. Im Gegensatz zu den meisten anderen Käsesorten wird die Milch für den Cabrales nicht pasteurisiert. Damit der Verzehr des Käses unbedenklich ist, muss er stattdessen mindestens zwei Monate fermentieren.

Die ausgeflockte Milch, die mit Lab zum Stocken gebracht wurde, wird ebenso wie in anderen Käsereien, in Formen gefüllt. Allerdings presst und drückt man hier die Käseflocken nicht, denn ein paar Hohlräume sollen im Käse erhalten bleiben, damit sich dort später der Schimmelpilz bilden kann. Nachdem die Laibe in Salz gelegt wurden, stetig gewendet und zwei Monate in der Käserei geruht haben, ist es an der Zeit, die Maulesel zu satteln und den Käse in die Höhlen zu bringen. Das Besondere am Cabrales-Käse ist nämlich die Reifung in den Höhlen der Picos de Europa. Eine solche Käsehöhle muss eine hohe Luftfeuchtigkeit (bei 90 %) und eine stabile Temperatur von 8 bis 12 Grad Celsius haben, damit sich die richtigen Schimmelpilze bilden können.

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Bei einem kleinen Spaziergang dürfen wir Javier zu einer dieser Höhlen begleiten. Auf dem Weg zu der am leichtesten zugänglichen Cueva, die nur wenige Meter hinter dem Dorf liegt, erklärt uns der erfahrene Käsemacher, dass die Ruhezeit, in der die Käse fermentieren von der Höhenlage der Höhle abhängt. Vier Monate dauert der Reifeprozess auf 1100 Metern Höhe, bis zu 10 Monate lagern die runden Laibe jedoch in den höhergelegenen Höhlen. Auch während der Ruhephase müssen die Käse gepflegt und gesäubert werden, denn die Bildung einer Kruste ist beim Cabrales nicht erwünscht. Das ist der härteste Teil der Arbeit, denn die höher gelegenen Lagerstätten sind nur mit Pferden oder Mauleseln, bzw zu Fuß erreichbar.

Javier zeigt uns mit dem Finger, wo in den Bergen seine anderen Höhlen liegen. Er lacht, als ich ihn frage, wie viele der nicht geraden leichten Käselaibe er denn “zu Fuß” dorthin transportieren kann. Man muss schon topfit sein und den Beruf sehr lieben, denn das Käsemachen in Cabrales ist extrem anstrengend.

Als wir an der Höhle ankommen, geht es zunächst eine lange Treppe hinab, dann stehen wir vor einer Tür. Hinter dieser verschlossenen Pforte ruhen die Kaiselaibe in verschiedenen Holzregalen, die an den unregelmäßigen Felswänden entlang aufgestellt wurden. Damit sich keine Kruste bildet, werden die Käselaibe immer wieder gereinigt und abgewaschen. Um sich den Transport schwerer Eimer aus dem Dorf zu ersparen, nutzt man geschickt das von der Decke der Höhle herabtropfende Wasser und fängt es in einem großen Behälter auf. Nach ungefähr vier Monaten, beziehungsweise zehn in den höheren Lagen, ist der Cabrales endlich fertig. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit hat er dann eine eher weiche Konsistenz, sein Geschmack ist fast buttrig.  

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Mit der Herstellung und der aufwendigen Pflege der Laibe in abgelegenen Berghöhlen ist es noch nicht getan. Außerdem haben Javier und Jessica noch ihre eigene Ziegenherde. Zum Glück, so erzählt er uns, laufen die Tiere allein auf die Bergwiesen und kommen (meistens) auch von selbst zurück. Es sei denn, die launigen Ziegen haben einen schlechten Tag. Das sei auch schon vorgekommen. Dann ignorieren sie seine Rufe und tun so, als hörten sie ihn nicht. Bevor Javier nicht selbst auf die Weide kommt, und die Herde wieder Richtung Stall treibt, setzen sie sich nicht in Bewegung (Welch raffiniert-durchtriebene Tierchen!!!). Erst wenn die neu geborenen Zicklein die Milch ihrer Mütter nicht mehr brauchen, melkt Javier ein paar Monate lang seine Ziegen jeden Abend per Hand. Aus dieser Milch stellen sie dann allerdings keinen Blauschimmel-, sondern einen sanfteren weißen Käse her.

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Zurück im Dorf dürfen wir die verschiedenen Cabrales-Sorten mit einer Flasche Sidra endlich probieren. Auf einem Brett sind der sanfte Ziegenkäse, der 4-Monate und der 10-Monate alte Cabrales bereits für uns auf einer Scheibe Brot angerichtet. Mich überrascht vor allem die Cremigkeit, denn ich hätte die Blauschimmelkäse eher trockener und krümeliger erwartet. Doch die Feuchtigkeit der Höhle macht den Cabrales eben so besonders. Der Geschmack des jüngeren Käses ist angenehm pikant, der zehn Monate alte hat jedoch schon fast eine beißende Schärfe, obwohl er gleichzeitig sanft und cremig ist.

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Cabrales Info:

Cabrales Käse wird der in der Region Cabrales hergestellt und ist zu einem typischen Produkt der Region Asturien geworden. Die Produktion kann aus Kuh-, Schafs- oder Ziegenmilch oder einer Mischung der drei Milchsorten sein. Wichtig ist, dass sowohl die Milch, als auch die Herstellung in der Region Cabrales erfolgt. Da der Käse aus nicht-pasteurisierter Rohmilch gemacht wird, muss er mindestens zwei Monate ruhen. Oft findet man vier, sechs oder gar zehn Monate alten Cabrales.

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Wer einen Cabrales kaufen will, kann dafür auch schon mal tiefer in die Tasche greifen. Mehrmals haben Käse aus den Picos de Europa Rekordpreise eingefahren. Darf man dem Eintrag im Guiness Buch glauben schenken, dann hat eine Queseria aus Tielve 2020 einen Cabrales Käse für 20.500 Euro verkauft. So viel haben wir natürlich nicht ausgegeben. Javier und Jessica berrechnen zum Glück ganz normale Preise.
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Bis 1982 war das kleine Dorf Sotres nicht einmal an das Stromnetz angeschlossen. Abgeschieden von der Welt lag es einsam zwischen den Gipfeln der Picos de Europa und die Straße hierher war halb so breit wie heute, sagt Javier. Dafür hatten die Einwohner allerdings eine eigene Schule. Mittlerweile befindet sich die komplette Infrastruktur der Bergdörfer unten in Las Arenas, hier oben gibt es stattdessen mehrere Bars und Restaurants, für all die Menschen, die von Sotres aus durch die Berge wandern wollen. Auch Wifi Empfang und Internet funktionieren vorbildlich. Für einen Besuch der Käsehöhlen muss man sich online auf der Website der Queseria Maín vorab anmelden, denn Jessica und Javier organisieren nicht jeden Tag eine Besichtigung und nur eine bestimmte Anzahl an Leuten, kann die enge Höhle zur gleichen Zeit betreten.

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Wer noch höher hinauf möchte, kann natürlich, wie die Travesía-Läufer, zu Fuß die Gipfel erklimmen. Von Sotres aus gibt es aber auch 4x4s, also Jeep-Taxis, die Dich noch weiter hinauf in die Berge fahren. Da heute dicke Nebelschwaden auf den Gipfeln hängen und für meinen Geschmack schon zu viele Menschen unterwegs sind, machen wir uns auf den durch die Täler mäandernden Rückweg Richtung Meer.

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Auf der Suche nach einer mächtigen Eibe, die sich in dem Dörfchen Arangas gleich neben einer verlassen wirkenden romanischen Kirche erhebt, kommen wir an einer anderen Käserei vorbei. Nachdem ich den drei Meter breiten und ziemlich hohen Baum bestaunt habe, denn Eiben finde ich immer absolut faszinierend, fahren wir auf den Hof der Queseria El Cabriteru.

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Von der Straße aus ist die Käserei unscheinbar. Neben dem großen Gebäude, in dem der Käse hergestellt wird, stehen jedoch ein paar Holzbänke und Tische nahe an einem plätschernden Bach. Perfekt für ein kleines Picknick! Juan empfängt uns und führt uns durch die Anlage. Nach seinem Großvater und Vater hat sich auch sein Sohn den Ziegen und demr Käse verschrieben. Die verschiedenen Sorten Blauschimmelkäse werden hier nämlich aus Ziegen- und Schafsmilch gemacht. Kuhmilch kommt hier gar nicht vor. Und das Beste: die Tiere, die die Milch spenden, dürfen wir sogar besuchen.

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Im Stall drückt mir Juan gleich ein zwei Tage altes Zicklein auf den Arm. Natürlich bin ich schockverliebt in den kleinen Kerl und möchte ihn am liebsten mit nach Hause nehmen. Sein Herz schlägt rasend schnell, beruhigt sich aber auch gleich, als ich ihn kraule. Juan sagt, die Mutter sei noch jung und habe Probleme, das Kleine zu säugen. Er sei daher an die Flasche gewöhnt und sehr zutraulich. Bevor er mir versehentlich auf den Arm pinkeln kann, setze ich ihn dann aber doch lieber behutsam auf den Boden, wo er sofort beginnt, lustige Bocksprünge zu machen. So ein süßer Fratz!

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Während ich mit dem Zicklein spielend auf dem Boden hocke, interessiert Michi sich eher für Fragen der Aufzucht und Milchproduktion, die Juan ihm sichtlich gern und ausführlich erklärt. Mein neuer Freund findet Gefallen daran, abwechselnd an Michis Hosenbeinen und den Strohballen, die hier überall herumliegen, zu knabbern.

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Dann probieren wir den Käse. Es gibt drei Sorten, einer sei nur Ziege, einer nur Schaf und einer Schaf- und Ziegenkäse. Wir sollen raten, welches welcher sei. Dazu füllt Juan unsere Gläser immer wieder mit Sidra. Als wir schließlich alle Probierhappen vernascht und uns entschieden haben, liegen wir natürlich prompt falsch. Der sanfte Käse ist der Ziegenkäse. Für uns ganz überraschend, ist es die Schafsmilch, die einen strengeren, kräftiger schmeckenden Käse ausmacht! Während das Wasser in dem Bächlein und der Sidra in unsere Gläser fließt, vergeht die Zeit wie im Flug. Schließlich müssen wir uns aber doch verabschieden, die Tasche voller Käse.

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Infos Cabrales

Nicht erst nach unserem Besuch der beiden Käsereien, bin ich ein Fan von Blauschimmelkäse. Ich mag auch diesen ganz speziellen Geschmack des Cabrales sehr, während es für den Schatz ruhig etwas milder sein darf. Die „Souvenir“-Käsestücke, die wir mitgebracht hatten, wurden sehr kritisch beäugt, waren dann aber im Nullkommanix unter großem Lob aufgegessen. Man darf sich also nicht von dem strengen Duft abschrecken lassen. Der Käse ist extrem lecker!

Quesería Maín
Barrio la eria,
33554 Sotres, Asturias
Website https://quesosdecabrales.es/
Da die Besuche der Höhlen nicht täglich stattfinden, muss man sich vorab auf der Website anmelden.

aussicht picos de europaToller Aussichtspunkt kurz vor Las Arenas
Urrielo naranjo

Queseria El Cabriteru
Ctra. de Arangas AS-345
33554 Las Arenas, Asturias
Website www.queseriaelcabriteru.com
Besuch besser vorher anmelden.

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