Cádiz ist eine Diva. Ganz deutlich spürt man hier den Charme einer längst verblassten Eleganz. In ihrer Blütezeit muss Cádiz geradezu gestrahlt haben. Kein Wunder, dass sie die Besucher damals schon rettungslos in ihren Bann zog. Bis heute verströmt die kleine Stadt eine knisternde Atmosphäre, eine verwegene Mischung aus Abenteuer und Luxus. Cádiz haftet einfach etwas von einer leicht verruchten Sinnlichkeit an.
Doch vieles hat sich hier verändert. Cádiz hat leider schon viel von ihrem ursprünglichen Charme verloren. Das meint jedenfalls Joseph, und er muss es wissen, denn er lebt schon seit über fünfzig Jahren hier. Kurz nach dem Krieg ist er von Berlin auf einem kleinen Umweg über Australien hierher gekommen. Und er ist geblieben. Der Liebe wegen. Natürlich liebt er Cádiz und seine Einwohner noch immer. Die Menschen hier sind seine Freunde, sein Leben geworden. Als wir Joseph an der Bar eines kleinen Hotels treffen, verstehen wir uns auf Anhieb. Er erzählt von seinem langen, spannenden Leben und dem Alltag in der kleinen Metropole am südlichen Ende Europas.
Bei den täglichen Spaziergängen durch „sein“ Viertel kommt Joseph oft im Hotel Argantonio vorbei. Hier kehrt er ein, um ein Glas Tee zu trinken und die Ruhe zu genießen. Wir verstehen uns auf Anhieb und unterhalten uns eine ganze Weile darüber, wie das Leben so ist, außerhalb Deutschlands, wenn man fern der Heimat eine neue Heimat findet. Joseph ist ein toller Mensch, ein guter Erzähler und ein wunderbarer Zuhörer. Wir freuen uns gemeinsam über das Internet, das uns mit Sendungen wie Großstadtrevier unsere alte Heimat wieder näher bringt. Aber wir stellen auch fest, dass wir lange schon ein Teil unserer neuen Heimat geworden sind. Spanien hat uns verändert.
Wenn man beginnt irgendwo Wurzeln zu schlagen, dann gehört eben auch eine gewisse Anpassung dazu. Zu gern hätte ich mich noch viel länger mit Joseph unterhalten. Zum Abschied versprechen wir uns, in Kontakt zu bleiben.
Altstadt Cádiz
Die Altstadt von Cádiz liegt im westlichen Teil der kleinen Halbinsel, der neuere Teil der Stadt erstreckt sich auf einer schmalen Landenge im Osten. Längst ist das einstige Archipel über zwei mächtige Brücken mit dem Festland verbunden.
Vermutlich aus Platzmangel baut man in Cádiz relativ hoch. Aber nicht nur in der modernen Neustadt. Auch in der Altstadt bewegt man sich ständig zwischen hoch aufragenden Häuserwänden zu beiden Seiten der engen Gassen.
Die Phönizier gründeten ihre erste Siedlung namens ‘gdr (Gadir) auf den vorgelagerten Inseln. Zu Zeiten der Punischen Kriege zogen Hannibal mit seinen Elefanten und sein Bruder Hasdrubal hier entlang, bis der Ort schließlich unter römische Herrschaft fiel und zu Gades wurde. Bis heute nennt man die Einwohner von Cádiz auf Spanisch noch „gaditanos“.
Hier in Spanien denken die meisten Leute bei dem Namen Cádiz übrigens gleich an die Verfassung. Die erste freiheitliche spanische Verfassung „La Pepa“ wurde nämlich 1812 auf der kleinen Insel von den Cortes de Cádiz niedergeschrieben. Sie galt als ziemlich liberal und fortschrittlich. Genau darum wurde sie auch schon bald darauf (1814) von dem nach Spanien zurückgekehrten Bourbonenkönig für ungültig erklärt und wieder aufgehoben. Schade.
Weil das Zusammentreffen der verfassungsgebenden Versammlung in Cádiz für Spanien so wichtig war, und La Pepa später noch Vorbild für diverse andere Verfassungen werden sollte, gibt es neben den Stadtführungen zum Thema sogar ein eigenes Museo de la Constitución. Die Väter der Verfassung trafen sich hinter den gut befestigten Stadtmauern, wo sie gut geschützt und in Sicherheit vor den Napoleonischen Truppen tagen konnten.
Plaza de Mina
Der wunderschöne Platz vor der Kathedrale oder die emblematische Plaza de las Flores sind uns etwas zu voll. Wir finden stattdessen einen ganz anderen Platz, eine grüne Oase, die Plaza de Mina, die wir sofort zu unserem Lieblingsplatz in Cádiz küren. Neben Oliven – und Lorbeerbäumen wachsen dort Magnolien, Agaven, Yucca, Dattelpalmen, Blaubeeren und sogar Großblättrige Feigenbäume. So üppig grün wie der Platz daher kommt, fühlen wir uns fast wie in Rio de Janeiro oder auf Mauritius. Mal wieder direkt auf den ersten Blick verliebt.
Hier spielen Kinder Fußball und fahren Dreirad. Mama zurrt noch die Windel fest, während der kleine Mann vor uns versucht, Papa den Ball zuzukicken ohne dabei über die eigenen Füße zu stolpern. Fast schon verzweifelt versucht ein schätzungsweise Zehnjähriger dagegen, mit einem offenbar weiblichen Hundewelpen spazieren zu gehen. Immer wieder erinnert die Mutter ihn lautstark daran, dass er doch der Größere und Stärkere sei und bestimmen müsse, wohin die junge Hündin gehen solle. Doch die schnuppert fröhlich neugierig an allen Ecken und zieht den kleinen Mann mit sich. Keine einfache Aufgabe! Alles scheint angenehm entspannt und normal. Einheimische treffen sich hier genauso zum Plausch wie Cappuccino schlürfende Amerikaner.
Direkt an der Plaza de Mina liegt auch das Museum von Cádiz. In der archäologischen Abteilung werden neben diversen Exponaten aus der Zeit der Phönizier auch Funde der Ausgrabungsstätte Baelo Claudia gezeigt. Eine ehemalige römische Siedlung, weiter südlich Richtung bei Tarifa, direkt am Meer. Da wollte ich eigentlich auch noch unbedingt hinfahren. Nächstes Mal bestimmt!
Cádiz Strand
An dem kleinen Stadtstrand von Cádiz, der Caleta, wollte ich unbedingt baden gehen. Warm genug war es jetzt im Mai schon und Badesachen hatten wir auch dabei. Aber es war einfach unglaublich windig! Der Levante hat dermaßen gepustet, dass wir das Bad doch lieber auf ein anderes Mal verschoben haben.
Erstaunt hat mich der Pavillon, der sich wie eine weiße Krake über den kleinen Strand erstreckt. Schön sieht er schon aus, aber er nimmt auch viel Platz ein. Immerhin gibt es darunter ein paar schattige Plätzchen im Sand. Leider kann man das Unterseeforschungszentrum, das sich dort drin befindet, aber nicht besuchen. Eintritt nur für Wissenschaftler, die dort arbeiten.
Was ich nicht wusste: Halle Berry stieg hier übrigens einst als Bond Girl in einem orangefarbenen Bikini aus dem Wasser. Die Szene aus „Stirb an einem anderen Tag“ soll allerdings auf Kuba spielen und erinnert an eine andere berühmte Filmszene mit Ursula Andress in „Dr. No“. Gedreht wurde aber eben nicht auf Kuba, sondern hier in Spanien. Irgendwie hat Cádiz eben doch etwas von Havanna. Sonne, Strand und Karibikflair.
La Caleta ist übrigens der kleinste Strand in Cádiz. Angenehm windgeschützt liegt er in der kleinen Bucht im Westen. Die Playa Santa Maria del Mar liegt etwas außerhalb, sodass man von dort aus einen tollen Blick auf die Silhouette der Altstadt mit der Kathedrale hat. Die benachbarten Strände Playa Victoria und Playa Cortadura erstrecken sich längs der Neustadt auf der Atlantikseite der Landenge.
Torre Tavira
Den wohl genialsten Blick über die Dächer die Stadt hast Du von der Torre Tavira aus. Wenn Du Dich die vielen Stufen hinaufschleppst, wirst Du oben angekommen mit einer tollen Aussicht belohnt. Ein großes Schiff nähert sich aus Westen kommend dem Hafen. Die goldene Kuppel der Kathedrale leuchtet in der Sonne und frisch gewaschene Bettücher wehen auf einer Dachterrasse im Wind.
In dem Eintrittspreis für den Turm ist auch eine kleine Führung in der Camera Obscura inbegriffen. Das ist eine echte Lochkamera, also ein Loch in der Wand, durch das ein Bild von draußen auf eine weiße Projektionsfläche geworfen wird. Auf dieser Leinwand kannst Du in Echtzeit verfolgen, was gerade draußen passiert. Ähnlich wie bei einem Periskop, mit dem Du in 360 Grad live und in Farbe alles siehst, was es um den Turm herum zu sehen gibt. Ein Guide erklärt während der Vorführung dann auch was das alles für Kirchen und Türme sind. Denn Türme gibt es wirklich unendlich viele in Cádiz. Naja, genau genommen sind es 128.
Zwischen dem fünfzehnten und siebzehnten Jahrhundert machten sich die spanischen Entdecker und Eroberer von Cádiz aus auf den Weg in die Neue Welt. Anschließend lief der ganze Südamerikahandel über Cádiz. Silberschätze wurden von hier aus nach Norden transportiert. Zu dieser Zeit, als die Schiffe mit Gold, Silber und anderen Schätzen, aus der ganzen Welt hier eintrafen, wollten die Händler natürlich die Ankunft ihrer Schiffe von den Türmen aus beobachten können.
Am allerschönsten ist die Bella Escondida, ein Turm, der aussieht, als schliefe Dornröschen dort einen hundertjährigen Schlaf. Unter all den Türmen in Cadiz ist die „versteckte Schönheit“ mit ihrem leicht maurischen Einschlag der einzige Turm mit achteckigem Grundriss. Von unten kann man die Bella Escondida leider gar nicht sehen. Um dieses charmant verblichene Gebäude zu sehen, muss man sich schon auf eines der Dächer der Stadt, oder eben die Torre Tavira, begeben.
hinten, in der Mitte: la Bella Escondida – versteckte Schönheit
Es gibt aber auch viele Hotels, die eine Dachterrasse mit schöner Aussicht haben. Vom Hotel de las Cortes kannst Du nicht nur die Kathedrale und die Torre Tavira, sondern auch die Bella Escondida perfekt erkennen.
Infos und Tipps Altstadt Cádiz:
Ist Cádiz nun eine Insel oder eine Halbinsel? Das ist gar nicht so einfach. Genau genommen befindet sich Cádiz auf einem Tombolo, also auf einer Art Düne, die das ursprüngliche Inselarchipel mit dem Festland verbindet. Wobei das Festland in diesem speziellen Fall ursprünglich auch eine Insel war … Ein echter Fall für Geologen.
Joseph sagt ja, die Altstadt von Cádiz sei wie ein Dorf. Hier kennt jeder jeden und fast alles ist zu Fuß schnell erreichbar. Merkwürdigerweise darf man hier auch in den allerengsten Straßen mit dem Auto fahren – wenn man kann. Teilweise quetscht man sich da zwischen den Fußgängern hindurch. Für dicke Autos dürfte es manchmal echt eng werden. Bei der Suche nach einem Hotel solltest Du also darauf achten, ob es einen Parkplatz hat und ob Du mit Deinem Auto auch dorthin kommen kannst.
Torre Tavira
Calle Marqués del Real Tesoro, 10
11001 Cádiz,
Website www.torretavira.com
Eintritt 5 Euro
Museo de las Cortes de Cádiz
Calle Sta. Inés, 9
11003 Cádiz
Website: museo-de-las-cortes-de-cadiz
Das kleine Museum zur Verfassung lohnt nicht wirklich. Ein großes Modell der Stadt ist zwar beeindruckend, aber ansonsten hängen dort vor allem Gemälde der Verfassungsväter.
Eintritt kostenlos
Museo de Cádiz
Plaza de Mina
11004 Cádiz
Webseite: www.museosdeandalucia.es/web/museodecadiz
Eintritt kostenlos
Hotel Las Cortes De Cádiz
Calle San Francisco, 9
11004 Cádiz
Website: www.hotellascortes.com
Tapas Bars in Cádiz:
La Tapería
Calle Beato Diego de Cádiz, 9
11004 Cádiz
Am besten gefallen hat uns die Tapería. Hier kannst Du gemütlich am Tisch sitzen und leckere Tapas ganz entspannt in Ruhe genießen. Ein kleines Familienunternehmen, der Chef bedient selbst, ist gut gelaunt, hilfsbereit und berät bei der Auswahl der sehr leckeren Tapas. Hier kannst Du sehr gut und günstig essen.
Mesón Cumbres Mayores
Calle Zorrilla, 4
11004 Cádiz
Eine klassische Tapas Bar mit hübschen blauen Kacheln, in der Du an Stehtischen relativ teure Tapas bestellen kannst, ist die Mesón Cumbres Mayores. Das Ambiente ist schick traditionell, die zahlreich herumlaufenden Kellner sind eher unwirsch und wortkarg. Das Essen ist gut, aber auch ein wenig teuer.
Unser Hoteltipp in Cádiz:
Unser Hotel war einfach super. Charmant und liebevoll eingerichtet, mit niedlichen kleinen Details. Kein Luxus, aber einfach zum knuddeln und sich wohlfühlen. Unser Zimmer ist eher klein, aber sehr gemütlich, im obersten Stock, gleich neben der Terrasse. Die Ladys an der Rezeption sind alle total lieb, mit denen wäre ich auch privat mal ein Gläschen Wein trinken gegangen. Ich kann gut verstehen, dass Joseph auf seinen täglichen Spaziergängen hier einkehrt, um seinen Tee zu trinken.
Hotel Argantonio
Calle Argantonio, 3
11004 Cádiz
Website www.hotelargantonio.com
Wie fast alle Küstenstädte Europas leidet leider auch Cádiz unter dem Ansturm der Kreuzfahrtschiffe. Da geht es der Stadt nicht anders als Venedig, Barcelona, Dubrovnik oder Valletta. Selbst Lissabon und Porto ächzen und stöhnen mittlerweile unter der Masse an tagtäglichen Besuchern. Aber auch wir sind ja letztendlich ein Teil der Touristen. Auch wenn der Schatz und ich mit dem Auto kommen, die Sprache sprechen, bei Einheimischen kaufen und versuchen möglichst nachhaltig unterwegs zu sein, sind wir für die Leute hier eben Touristen. Sprich, keine Einwohner. Immerhin geben wir uns Mühe, den jungen Leuten hier nicht den Wohnraum zu nehmen und buchen uns ein nettes, kleines Hotelzimmer. Wir essen in Restaurants und Bars, die nach Familienbetrieb aussehen und gehen nicht in die schicken Selbstbedienung Cafés mit englischen Namen. Ob es hilft? Ich weiß es nicht. Aber wenigstens sind wir so sanft unterwegs, wie wir können.
Was ich bei meinem nächsten Besuch unbedingt noch erforschen muss… Argantonio, nach dem das Hotel und die Straße benannt wurden, war der letzte König von Tartessos, einem kleinen Königreich etwas westlich des heutigen Cádiz, an der Münding des Guadalquivir gelegen. Da gibt es bestimmt noch viel für mich zu entdecken 🙂
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