Gleich hinter Katalonien, hinter dem Parque Natural dels Ports, liegt Aragón – und dort beginnt auch die Comarca Matarraña. In diesem südlichen Teil Aragóns sind die Berge freundlich, nicht so schroff und wild wie im Maestrazgo oder in den Pyrenäen. Die Leute sprechen hier sowohl Spanisch als auch Katalanisch, die Sonne scheint und es sind deutlich mehr Menschen in den Straßen, als in den ganzen letzten Tagen zusammen. Dort waren der Schatz und ich ein paar Tage unterwegs, um Land und Leute kennenzulernen.

beceite la Pesquera matarraña

Calaceite

Calaceite ist ein aufgeräumt hübsches kleines Dorf, natürlich wieder an einem Berg gelegen, dieses Mal aber nicht an einem Felshang. Dennoch führen die engen Gassen ziemlich steil zum höchsten Punkt empor, auf dem statt einer Burgruine eine Fernsehantenne thront. Es gibt hübsche alte Portale, die Eingangstore, durch die man früher den Ort betrat, einen kleinen Platz und ein kleines Museum. Das Museo Juan Cabré ist dem Entdecker und Hobby-Archäologen gewidmet, der in Calaceite geboren wurde. Von hier aus zog er durch das Land und entdeckte viele iberischen Siedlungen und prähistorische Wandmalereien.

Calaceite
Calaceite

Calaceite Kirche

Calaceite

Calaceite Portal nach Sant Joan d'Horta

Olivenbäume, ein paar Weingüter und Pfirsichbäume bestimmen die Landschaft im Matarraña. An der Hauptstraße Calaceites befindet sich die Kooperative der Olivenbauern, in der wir ein paar Kanister gutes Olivenöl und riesige Einmachgläser mit schwarzen und grünen Oliven kaufen. Die Dame dort ist so nett und herzlich, dass ich ihr am liebsten den ganzen Laden abkaufen würde.

Oliven Matarraña

Poblat ibéric/ Poblado ibérico

Als gegen Abend die Sonne untergeht fahren wir zu einem kleinen Hügel vor dem Dorf. Dort liegt das Poblado iberíco San Antonio, eine alte iberische Siedlung, beziehungsweise, das was davon noch übrig ist. Erstaunlicherweise ist das hier eine ganze Menge. Die Mauern zeigen noch deutlich die Grundrisse und Größe der Hütten und Wohnungen an. Normalerweise werden bei solchen offen zugänglichen, seit Jahrtausenden verlassenen Siedlungen, im Laufe der vielen Jahrhunderte weite Teile der Mauersteine receycelt und zum Bau von Häusern und Kirchen der benachbarten Dörfer verwendet. Entweder hatten die Menschen hier genug Steine in erreichbarer Nähe, oder bei der Entdeckung der Siedlung lag das alles, was heute sichtbar ist, noch unter der Erde.

calaceite iberische siedlung

calaceite iberische siedlung

Juan Cabré und Pedro Bosch Gimpera sollen das Poblat ibéric erst zu Beginn des letzten Jahrhunderts, noch vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1903-1919) ausgegraben haben. Möglicherweise haben diese Mauern die Zeit einfach unter der Erde verborgen bis heute überlebt. Dann wiederum ist es jedoch ein kleines Wunder, dass der Hügel nicht überbaut wurde. Auf dem höchsten Punkt des iberischen Dorfs gibt es nur eine kleine Capilla und auf dem Nachbarhügel, hübsch in Sichtweite der archäologischen Stätte, erhebt sich eine etwas größere Kapelle.

calaceite iberische siedlung
Irgendwo habe ich den Begriff der iberischen Akropolis gelesen, obwohl sich der Text auf ein anderes poblat ibérico in der Nähe bezog, bin ich ganz begeistert von dem Ausdruck. Denn wenn die letzten Sonnenstrahlen des Tages rote, lila und rosa Wolkenbilder an den Himmel malen, erstrahlen die Ruinen in einem fast mystischen Licht. Das Spektakel dauert nur ein paar Minuten, aber es ist ein unglaublich schöner Ort.

calaceite iberische siedlung

Ungefähr 300 Jahre vor unserer Zeitrechnung soll die Dorfgemeinschaft ihren kulturellen Höhepunkt erreicht haben. Die hier lebenden Iberer vom Stamm der Ilercavons hatte sich bereits 500 v. Chr. Hier niedergelassen und blieben mehr oder weniger bis zur Ankunft der Römer hier. Die wiederum hatten nach der Niederlage von Karthago erstmals Interesse an der Iberischen Halbinsel gefunden und als strategisch nützlichen Standort für sich entdeckt. Von Empúries aus eroberten sie bald die gesamte Peninsula und unterwarfen die hier lebenden iberischen (und weiter westlich keltischen) Stämme. Die archäologischen Funde deuten darauf hin, dass die Iberer sich zunächst den römischen Bräuchen anpassten, doch bald verschwanden ihre Traditionen und ihre Siedlungen gänzlich aus der Landschaft.

calaceite iberische siedlung

Da der Weg zum Poblado Ibérico eine Einbahnstraße ist, führt der Rückweg an der Ermita vorbei, die im letzten Licht des Tages leuchtet. Von dort sind es nur wenige Minuten bis wir wieder in Calaceite sind.

Valderrobres

Cretas und Valderrobres sind zwei der hübschen Dörfer, die wir in Matarraña besuchen. In Valderrobres führt eine alte Brücke in die Altstadt. Leider waren sowohl das Castillo als auch das Museum gerade wieder einmal geschlossen. Das hat uns mittlerweile nicht mehr gewundert. Wir haben inzwischen verstanden, dass es “normale” Öffnungszeiten nur während der sommerlichen Hauptsaison oder an den Wochenenden gibt. Aber auch ohne Museumsbesuch sind die Häuser und Straßen des überraschend belebten Zentrums nett anzuschauen. Gegen Mittag finden wir ein Plätzchen in einem Restaurant direkt am Fluss mit Blick auf die Brücke und das Eingangsportal.

brücke valderrobres_vallderoures

valderrobres_vallderoures
valderrobres_vallderoures

Auch wenn wir während der letzten Tage im Maestrazgo viele mittelalterliche Dörfer gesehen haben, bevorzugt auf steilen Felshägen errichtet, ist Valderrobres irgendwie anders. Lebendiger, moderner, jünger. Klingt komisch, angesichts der uralten Mauern und Gassen, aber so fühlt es sich an. Vielleicht liegt es an den Menschen, denn die meisten Leute, die wir hier treffen, sind um die zwanzig oder dreißig Jahre alt.

valderrobres_vallderoures

valderrobres_vallderoures

Cretas

In der Nähe von Cretas besuchen wir ein Weingut. Auch wenn die Gegend keine eigene D.O. hat, sind die Böden der Comarca Matarraña doch gut für den Weinanbau geeignet. Die Böden der Bodega, die wir besuchen sollen angeblich ganz ähnlich sein, wie die Böden des Priorats. Das Klima ist auch gut, der Produktion leckerer Weine steht also nichts im Wege.

weingut matarrana matarranyaBodega Venta D’Aubert

Philippe führt uns durch die Anlage. Das Weingut gehörte einem wohlhabenden Schweizer, mittlerweile ist es aufgekauft worden. Vor Ort kümmern sich der aus Belgien stammende Philippe und die einheimischen Winzer um die  Reben. Alles ist ökologisch, es wird von Hand und mit großer Sorgsamkeit gearbeitet. Im Weinkeller dürfen wir bei Kerzenschein die Eichenholzfässer bestaunen, in denen die edlen Tropfen ruhen. Ein deutscher Önologe gibt dem Saft der Trauben den letzten Schliff, ehe er in Flaschen gefüllt wird.

weingut matarrana matarranya
weingut matarrana matarranya

Wanderwege bei Beceite

In Beceite stossen wir an unserem letzten Tag auf eine ganze Reihe toller Wanderwege. Eigentlich will ich unbedingt zu einem Canyon wandern, den man über die Passrelas de Beceite erricht. Um zu diesem unglaublich schönen Canyon zu gelangen, führt ein Weg auf Stegen am Wasser entlang. Der Zugang zum Parrizal de Beceite ist vernünftigerweise allerdings eingeschränkt. Man muss sich einen Tag vorher (mindestens) online ein Ticket besorgen, mit dem man zum nächstgelegenen Parkplatz fahren darf, von dem aus die Route zum Canyon, dem Estrecho del Parrizal, startet. Für die gesamte Strecke von rund acht Kilometern hin und zurück braucht man ungefähr zwei bis zweieinhalb Stunden. Auf den Tickets wird extra ein Zeitfenster angegeben, damit sich die Leute auf dem Weg nicht stapeln und die Natur keinen Schaden nimmt.

beceite la Pesquera matarraña

Da wir für die Pasaralas leider zu spät dran sind, um ein Ticket zu besorgen, fahren wir zu einem anderen Wanderweg, der an „La Pesquera“ startet. Von einer kleinen Straße, die durch die hügelige Landschaft hinter Beceite führt, gehen immer wieder schamle Fußwege zu einzelnen „pozas“ hinab. Pozas sind kleine Wassersfälle und Becken, in denen sich das Wasser des Bächleins staut.

beceite la Pesquera matarraña
beceite la Pesquera matarraña

Nützliche Infos Matarraña

Wanderstrecken in Matarraña: entremontanas.com/travesias/estrechos-del-parrizal
Infos zu den iberischen Stämmen, die in der Gegend des heutigen Matarraña lebten findet Du hier www.iberosenaragon.net oder hier www.patrimonioculturaldearagon.es