Es war der Morgen des 5. Februars 1939, als sich die Männer um 6 Uhr früh von La Vajol aus auf den Weg nach Norden machten. Zu der Gruppe gehörten Manuel Azaña, Präsident der spanischen Republik und Juan Negrín, der Finanzminister.

 La Vajol

Die 1936 von der Bevölkerung demokratisch gewählte Regierung der Frente Popular, einem links-liberalen Bündnis, war schon wenige Monate nach ihrem Wahlsieg auf der Flucht vor den Truppen Francos, der bei einem Militärputsch im Juli die Macht ergreifen wollte. Mithilfe der aus Nordafrika übergesetzten Armee und tatkräftiger militärischer Unterstützung Hitlers und Mussolinis eroberten die Putschisten Spanien Stück für Stück. Statt einer schnellen Machtübernahme, mit der Franco gerechnet hatte, trafen seine Truppen jedoch auf erbitterte Gegenwehr der Republikaner. Franco hatte das Land in einen mehrere Jahre andauernden, blutigen Bürgerkrieg gestürzt.

Mina Canta Mina d'en Negrín La Vajol

Kurz nachdem die Mitglieder der spanischen Regierung sich auf den Weg über die Grenze gemacht hatten, trafen Lluís Companys, Präsident der Generalitat Kataloniens und der baskische Lehendakari José Antonio Aguirre am Can Barris, dem vereinbarten Treffpunkt, ein, denn eigentlich hatte man verabredet, diesen Schritt gemeinsam zu gehen. Als die Regionalpolitiker ankamen, hatten sich die Vertreter der spanischen Regierung jedoch schon eine Stunde zuvor auf den Weg gemacht.

 La Vajol

kirche La Vajol

Bereits 1937 hatte die spanische Regierung begonnen, einen Rettungsplan für den Fall, dass die Republik in Gefahr sei zu entwerfen. Falls es Francos Truppen gelingen sollte, das ganze Land an sich zu reißen und die Putschisten den Bürgerkrieg gewinnen sollten, wollte man wertvolle Kulturgüter und materielle Schätze vor den Aufständischen retten. Man begann also frühzeitig damit, Gold und Schmuck, vor allem auch Gemälde und Kunstwerke aus den Museen in gesicherte Verstecke zu transportieren. Zu diesen Depots zählten neben der Festung in Figueres und dem Castell de Peralda auch das winzige Dörfchen Vajol, kurz vor der französischen Grenze.

Mina Canta Mina d'en Negrín La Vajol
Mina Canta Mina d'en Negrín La Vajol

Auf 546 Metern Höhe gelegen, nur 5 km vom ersten französischen Dorf und rund 16 km von dem wichtigsten Grenzübergang bei Le Perthus entfernt, schien der winzige Ort als letzte Zuflucht ideal zu sein. Hinzu kam, dass sich ganz in der Nähe eine von der Familie Giralt betrieben Talk-Mine befand, die man als Versteck für die wertvollen Schätze nutzen konnte. Kurzerhand wurden die Besitzer der Mine enteignet und Juan Negrin junior, der Sohn des Finanzministers, beauftragte die Errichtung eines Gebäudes oberhalb der unterirdischen Tunnelanlage. Um den Neubau für Luftaufklärer oder Bomber unsichtbar zu machen, wurden die Außenwände in Erdfarben gestrichen und riesige Tarnnetze über das Dach gehängt. Das Versteck verschwand im Wald.

Mina Canta Mina d'en Negrín La Vajol

Mina Canta Mina d'en Negrín La Vajol

Verantwortlich für den Bau dieses letzten Unterschlupfs der spanischen Schätze war Juan Negrin junior, der Sohn des Finanzministers. Sein Vater war Arzt und einer der führenden Politiker (PSOE) der spanischen Republik. Vor dem Ersten Weltkrieg hatte er an den Universitäten in Kiel und Leipzig studiert, er sprach neben Spanisch und Deutsch auch Englisch, Französisch, Italienisch und – da er mit einer jüdisch-russischen Pianistin verheiratet war, auch etwas Russisch. 1936, zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs, ernannte Largo Caballero ihn zum Finanzminister, 1937 machte Präsident Manuel Azaña ihn zum Premierminister und ab 1938 übernahm Negrín das Kriegsministerium.

Nach der Flucht ins Exil trat Präsident Azaña von seinem Amt zurück, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Negrín gründete jedoch in Frankreich eine Exilregierung und versuchte, geflohene Republikaner zu unterstützen. Nachdem die deutschen Nationalsozialisten 1940 in Frankreich einmarschiert waren, musste Negrín nach England und 1945 schließlich nach Mexiko weiterziehen.

Der katalanische Präsident der Generalitat Lluís Companys arbeitete von Frankreich aus in der Exilregierung, bis er von der Gestapo verhaftet und an das Francoregime ausgeliefert wurde. 1940 wurde er auf dem Montjuïc erschossen. An einer anderen Stelle des Waldes nahe bei La Vajol hat man ihm einen Gedenkstein aus Granit errichtet. Am Dorfeingang erinnert eine Plakette an den katalanischen Präsidenten.

Mina Canta Mina d'en Negrín La Vajol weg

Erinnerung an Lluis Companys LA vAJOL

Die spanischen Schätze aus La Vajol wurden auf LKWs in ein französisches Dorf hinter der Grenze geschafft und von dort weiter nach Genf, ins Hauptquartier der UNO verbracht. Nach dem Krieg fiel die Mine wieder an die 1937 enteignete Familie zurück, doch vom Talkumabbau konnten man nicht mehr leben. Ursprüngliche Pläne hier ein Museum einzurichten, wurden verworfen. Bis schließlich das in La Jonquera errichtete Museu de l’Exili begann, Besichtigungen der Mine zu organisieren. Neben dem Tunnel, der zu der Kammer führt, in der die Goldschätze einst eingelagert waren, und den leerstehenden Räumen im oberen Teil des Gebäudes, kann man einen kurzen Film über die Geschichte der Mine sehen.

Mina Canta / Mina d’en Negrín

Die Besichtigungen der Mine organisiert das Museu de l’Exili in La Jonquera. Ein sehr lohnenswertes und toll gemachtes Museum, das an die Ereignisse während der letzten Tage des Bürgerkrieges erinnert und in Videos Zeitzeugen zu Wort kommen lässt.

MUME – Museu Memorial de L’Exili
Carrer Major, 43-47
17700 La Jonquera, Girona
Website: www.museuexili.cat

Wanderweg Ruta de l’Exili

Wer will, kann auch eine kleine Wanderrouten auf der Ruta de l’Exili unternehmen, dem Weg, den die Menschen auf der Flucht vor den Truppen Francos nahmen, um über die Grenze zu gelangen.

ruta de l'exili

ruta de l'exili

Die Ruta de l’Exili ist auch ein Wanderweg, der heute auf den Spuren der Geschichte über die Grenze und wieder zurück nach La Vajol führt. Zunächst geht es ein Stück bergauf zum Coll de Lli, wo eine Gedenktafel an die Passage der Republikaner gedenkt. Von dort geht es bergab nach Illas, wo man im Hostal dels Trabucayres einkehren kann, ehe der Weg durch das französische Dorf wieder zurück  nach La Vajol führt.

ruta de l'exili

Dabei kommt man auf französischem Boden an einer weiteren Gedenktafel vorbei, hinter der sich eine breite Straße den Berg hinauf schlängelt. Auf dem Coll de Manrella angekommen, überquert man abermals die Grenze und erreicht ein Monument, das Lluís Companys, dem Präsidenten der Generalitat, der während des Bürgerkriegs auf dem Montjuïc erschossen wurde, gewidmet ist. Von dort führt der Weg durch den Wald zurück nach La Vajol.

ruta de l'exili

ruta de l'exili

Die Felsbrocken hat übrigens die französische Regierung 2021 in den Weg legen lassen, um die Bedrohung durch Terroristen besser zu kontrollieren. Sehr zum Ärger der Menschen, die hier leben, sind sie an den Grenzübergängen anderer Dörfer der Umgebung, ähnlich verfahren.

ruta de l'exili

Hostal dels Trabucayres
2 Placeta de la Llibertat
66480 Maureillas-Las-Illas
Frankreich

ruta de l'exili

Memorial de l‘Exili

Eines der bekanntesten Fotos, das die Massenflucht aus Spanien dokumentiert, zeigt einen Vater mit seiner Tochter. Das Mädchen hat ein Bein verloren und ist an der Hand des Vaters auf dem Weg ins Exil. Die Mutter war bereits bei einem Bombenangriff gestorben. In La Vajol hat man nach diesem Foto das Memorial de l’Exili errichtet.

memorial de l'exili La Vajol