Salamanca ist eine echte Studentenstadt. Auch wenn die Studierenden „nur“ an die 20% der Einwohner ausmachen, lebt Salamanca wie keine andere spanische Stadt von und mit ihrer jahrhundertealten Universität. Die Straße der Buchhandlungen, la Calle Libreros, sprüht vor studentischem Leben. Das Herz der Stadt schlägt an der Universität, die heute noch so lebendig ist wie zu Zeiten der großen spanischen Dichter und Denker. Miguel de Unamuno, Doktor, Professor und bedeutender Schriftsteller der Generación del 98, lehrte hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts und war bis kurz vor seinem Tod Rektor der Universität.

salamanca bruecke

Salamanca zählt zu den ältesten Universitäten der Welt. Bagdad, Kairo, Parma und Fez beherbergten schon im 9. – 10. Jahrhundert angesehene Hochschulen, doch einige der ältesten Institutionen haben es nicht bis in unsere Zeit geschafft und wurden irgendwann geschlossen. Im Europa des beginnenden 13. Jahrhunderts gab nur eine Handvoll Universitäten, als Salamanca sich zu einem Hort der Wissenschaft, der Aufklärung und der Literatur entwickelte und neben Bologna, Oxford und der Sorbonne in Paris, als eines der „Lichter“ des Mittelalters galt.

Universität

Die historischen Universitätsgebäude stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. In den Escuelas Menores wurde den Schülern die wichtigsten Grundlagen des Lesens, Schreibens und Latein beigebracht, während in den Escuelas Mayores Arithmetik, Philosophie, Medizin, Rethorik, Musik oder Astronomie gelehrt wurde. Aus dem Gebäude der Escuelas Mayores, an dessen Fassade jeder Besucher Salamancas einen dort versteckten Frosch zu suchen hat, kommt gerade ein frisch vermähltes Paar heraus, das überschwänglich von Freunden und Verwandten begrüßt wird. In der historischen Kapelle der Universität darf nämlich nicht jeder heiraten, dieses Privileg wird nur Student:innen und Ehemaligen zu teil.

salamanca Universitaet Fassade FroschFassade Universität Salamanca

salamanca escuelas menoresEscuelas menores

Schließlich finde auch ich den winzigen kleinen Frosch, der auf einem Totenschädel hockend, die Studenten an die Vergänglichkeit des Lebens erinner sollte. Der Frosch galt als ein Symbol der Sünde und sollte auf dem Totenschädel hockend an die Gefahr erinnern, die jungen Männern drohte, wenn sie sich der Völlerei und Wollust hingaben, denn im Mittelalter waren Geschlechtskrankheiten weit verbreitet und endeten oft tödlich. Dagegen half nur fromme Enthaltsamkeit.

salamanca Universitaet Fassade Froschden Frosch (eigentlich eine Kröte), muss man ohne Hilfe finden!  

In dieser altehrwürdigen Universität befindet sich die wohl schönste Bibliothek, die ich in meinem Leben gesehen habe. Zwar stehen die uralten Bücher hinter Glas und man kann nicht einfach hereinspazieren, aber erstaunlicherweise ist die Bücherei noch in Funktion. Unter bestimmten Bedingungen, können die alten Schriften eingesehen werden.

bibliothek salamanca universitaet
An manchen Stellen des historischen Gebäudes sind noch Reste romanischer Malereien zu erkennen. Die verblichenen Überreste einer Figur, die mehr oder weniger in eine Ecke gemalt wurde, macht mich neugierig. Als ich nachfrage, staune ich nicht schlecht, denn angeblich sollen sich die jungen Männer dort einfach an der Wand erleichtert haben. Das In-die-Ecke-Pinkeln ging so lange, bis jemand auf die listige Idee kam, an dieser Stelle einen gestreng dreinblickenden Heiligen an die Wand zu malen. Das setzte der Ferkelei ein Ende, denn so dreist war dann doch keiner der Studenten.

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Unter den altmodisch wirkenden Vorlesungssälen des historischen Gebäudes, gibt es einen Klassenraum, der seit dem 16. Jahrhundert nicht verändert wurde. Der Boden und die Bänke sind tatsächlich um die 400 Jahre alt. Ungefähr zu dieser Zeit soll Miguel de Cervantes in Salamanca Philosophie studiert haben. Beweise dafür gibt es zwar nicht (mehr), daher ist sein Aufenthalt in der Stadt umstritten, doch in alten Briefen gibt es Referenzen zu seiner Immatrikulierung. So genau wie Cervantes selbst die Stadt beschreibt, muss er sie auf jeden Fall sehr gut gekannt haben. Dass er hier studiert hat, ist zwar nicht belegbar, aber durchaus wahrscheinlich.

salamanca universitaet altes saal aus 16. jhd

Dieser Klassenraum, der seit dem 16. Jahrhundert quasi unverändert geblieben ist, wirkt vor allem nüchtern. Weiße Wände, viele enge Sitzbänke, ein Pult und keinerlei Wandschmuck. Eine Lektion dauerte damals 15 Minuten. Ein Vorleser trug das Thema vor, das anschließend von einem sogenannten „Repetidor“ zusammenfassend wiederholt wurde. Der gesamte Stoff musste auswendig gelernt werden, denn Papier gab es in den Sälen nicht. Frierend und hochkonzentriert saßen die jungen Männer in den Bänken und versuchten, sich nicht ablenken zu lassen.

Sehenswuerdigkeiten salamanca vitores

Um die 6.000 Studenten zählte die Universität in Salamanca schon im Mittelalter. Alle adeligen Familien schickten ihre Söhne hierher, begabt oder nicht. Die Prüfungen wurden früher nicht in den Universitäten, sondern in den Kathedralen abgehalten (ein Überbleibsel aus der Zeit, in der Seminare und Vorlesungen in  Kirchen und Kathedralen stattfanden). An der alten Kathedrale Salamancas gibt es heute noch eine kleine unscheinbare Seitentür, die die Eselstür genannt wird. Durch diese Tür mussten die Studenten das Gotteshaus verlassen, wenn sie ihre Prüfung nicht bestanden hatten. Nur wer den Ansprüchen der Universität genügt hatte, durfte die Kathedrale durch das Hauptportal verlassen.

Sehenswuerdigkeiten salamanca vitores

An den Wänden des Palacio Anaya und rund um den Platz vor der Universität, fallen große und kleine rote Buchstaben und Symbole auf, die wie altmodische Graffitis an den historischen Gebäuden wirken. Diese Wandkritzeleien sind „vítores“ und gehören zum Kulturgut Salamancas. Denn die historischen Anagramme begleitet von Namen und Symbolen sollen feierlich an die Wände gepinselt worden sein, wenn ein Student der Universität alle Prüfungen erfolgreich abgelegt und die Doktorwürde erhalten hatte. Es war üblich, dass die frisch gebackenen Doktoren zu diesem Anlass ein großes Fest gaben, bei dem Stierkämpfe nicht fehlen durften. Die rote Farbe der Buchstaben rührt denn auch daher, dass eine Mischung aus Öl und Stierblut zum Malen der Vítores benutzt wurde.

Sehenswuerdigkeiten salamanca vitores

Zwei Kathedralen

Auch wenn es ungewöhnlich erscheint, doch Salamanca verfügt nicht über eine, sondern über zwei Kathedralen. Normalerweise wurde bei Plänen zur Verschönerung und Vergrößerung eines Gotteshauses, entweder die Struktur des alten Gebäudes erweitert, oder es wurde schlicht und einfach abgerissen, um an seiner Stelle ein neues, schöneres zu errichten.

catedral vieja Salamanca Kathedrale

Die alte Kathedrale Santa Maria de la Sede stammte aus dem 12. Jahrhundert und wurde im romanischen Stil errichtet. Nur die Dachwölbungen sind gotisch. Als die Stadt weiter wuchs und immer größer wurde, beschloss man 16. Jahrhundert eine neue Kathedrale zu errichten. Doch der Bau eines solchen Gotteshauses zog sich über mehrere Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte hin. Da die hohen Herren, Sponsoren und Adeligen, nicht so lange auf ihre Kathedrale und das damit verbundene Prestige, verzichten wollten, beschloss man, die alte Kathedrale zunächst weiter zu nutzen. Als die neue Kathedrale  schließlich 1733 fertiggestellt war, entschied man sich jedoch gegen den Abriss der Santa Maria und behielt beide Gotteshäuser.

catedral vieja Salamanca Kathedrale

catedral vieja Salamanca Kathedrale

catedral vieja Salamanca Kathedrale

Vom Turm der Kathedrale blickt man über die Dächer Salamancas und spaziert inmitten all der Bögen und Verzierungen, die schon von der Straße aus so beeindruckend sind. Im Kirchenschiff führt der Weg, der die Besucherströme lenkt über eine Galerie, von der aus man nicht nur den Altar und die Bänke unter sich, sondern auch Risse, die bei dem großen Erdbeben 1755 entstanden sind, erkennen kann.

catedral vieja Salamanca Kathedrale

neue Kathedrale Salamanca blick von der alten Kathedrale

Die vermutlich meistfotografierte Fassade der neuen Kathedrale ist die Puerta de Ramos, die Jesus Einzug in Jerusalem zeigt. Aus dieser Tür schreitet der Priester am Palmsonntag, dem Sonntag vor Ostern, um die Palmenzweige der Kinder zu segnen, die dann schon ungeduldig vor der Pforte warten. Wer die Figuren, die das Portal zieren, genauer ansieht, entdeckt Ungewöhnliches. Da ist ein Weintrauben essender Hund, ein drachenartiger Kobold, der in der Hand eine Eiswaffel trägt und dem Betrachter keck ins Gesicht blickt. Am erstaunlichsten ist jedoch eine Gestalt, die wie ein in seinem Raumanzug schwebender Astronaut aussieht. Wie kann das sein? Die Antwort ist ganz einfach: 1992 mussten Teile der Fassade restauriert werden. Da man heutzutage die erneuerten Abschnitte eines restaurierten Gebäudes deutlich von den originalen historischen Abschnitten des Gebäudes kenntlich machen muss, hat der Restaurateur zu diesem originellen Mittel gegriffen, um seine Figuren „deutlich“ von den historischen Figuren zu unterscheiden.

neue Kathedrale Salamanca

neue Kathedrale Salamanca Fassade Puerta de ramos Astronaut
neue Kathedrale Salamanca Fassade Astronaut
neue Kathedrale Salamanca Fassade Astronaut und drache mit eis

Noch mehr Sehenswürdigkeiten in Salamanca

Im Gegensatz zum ruhigen und beschaulichen Zamora, wirkt Salmanca sehr dynamisch und lebendig, manchmal schon fast hektisch auf mich. Mit nur einem Tag in Salamanca, hatte ich leider viel zu wenig Zeit, die Stadt ausführlich zu erkunden. Ein paar der Sehenswürdigkeiten, auf die ich zumindest einen kurz Blick werfen konnte:

salamanca sehenswuerdigkeiten

 

  • Convento Sant Esteban: Dort stellte Kolumbus bei einem ersten Treffen mit dem König seine Pläne einer Reise nach Indien vor
  • Casa Liz: Beherbergt ein Jugendstil-Museumwww.museocasalis.org
    salamanca casa lis
  • Casa de las Conchas: Auch wenn Salamanca am Jakobsweg (der Via de la Plata-Route) liegt, ist die auffällige Muscheldekoration nicht dem Weg nach Santiago de Compostal zuzuschreiben. Das Haus der Muscheln ist mit „conchas“ verziert, weil der Hausherr dem Familienwappen seiner Gattin gebührende Ehre erweisen wollte.
    salamanca casa de las conchas
  • Plaza Mayor: Auf diesem zentralen Platz Salamancas ist zu jeder Tages- und Nachtzeit etwas los. Früher soll der recht große Platz sogar noch größer gewesen sein als heute. Damals fanden hier wichtige Märkte und Stierkämpfe statt. Zwischen den Arkaden, die den Platz umgeben, zieren die Köpfe spanischer Könige und bedeutender Persönlichkeiten die Bögen. Auf die Frage unseres Guides, wieviele Fenster dieser Platz wohl habe, lagen wir mit unseren Schätzungen alle völlig falsch. Auf dem letzten Bild kannst Du sehen, warum.

salamanca plaza mayor
salamanca plaza mayor
salamanca plaza mayor
Die Plaza Mayor hat kein einziges Fenster! Sie ist ausschließlich von Türen umgeben!    

Hinweis: Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise durch Castilla y León, zu der ich im Juni vom Spanischen Fremdenverkehrsamt eingeladen wurde.