Dicke Wolken ziehen auf, als wir uns Zamora nähern. Ich bin überrascht, denn Castilla y León hatte ich mir im Juni heiß und mit blauem Himmel vorgestellt. Am Ufer des Duero liegt eine Schar Gänse am Ufer. Offenbar halten die Vögel gerade Mittagsschlaf, denn so richtig aktiv wirken sie nicht. Erst als ich versuche einen Blick auf die Stadt am gegenüberliegenden Ufer zu werfen, plustert ein Gänserich sich auf und kontrolliert, was denn hier los ist.

Zamora Fluss Duero

Zamora Fluss Duero

Mitten aus dem Fluss ragen die Überreste der alten römischen Brücke, el puente viejo, heraus. Man weiß bis heute nicht, ob die Brücke im 10. Jahrhundert einstürzte oder aus strategischen Gründen zerstört wurde. Fest steht, dass die fälschlicherweise „römisch“ genannte Brücke aus dem frühen Mittelalter stammt. „Römisch“ benutzte man lange Zeit vermutlich einfach als Synonym für „alt“, denn alt war diese Brücke, über die schon die Via de la Plata geführt hatte.

Die Via de la Plata war jahrhundertelang die einfachste und direkteste Verbindung zwischen Norden und Süden der Iberischen Halbinsel. Schon römische Soldaten, Händler, Pilger und vor allem Hirten mit ihrem Vieh nutzten diesen Weg durch Täler und an Flussläufen entlang. Die Mauren nannten die Straße, die schon früher bedeutende Siedlungen wie Mérida, Cáceres, Salamanca und Zamora verband, „al balat“, den gepflasterter Weg, woraus im Laufe der Zeit „de la plata“ wurde. Doch mit den Transporten der Silbervorkommen aus den Minen der neu entdeckten Welt hatte diese Route nichts zu tun.

Zamora Fluss Duero Brücke

Unweit der Überreste dieser alten Brücke erhebt sich seit dem 13. Jahrhundert die „neue“ Brücke, el Puente de Piedra. In der Ferne ist die Burg von Zamora zu sehen, auf der Rodrigo Díaz de Vivar, der sagenumwobene Kämpfer, der als El Cid zur Legende wurde, zum Ritter geschlagen worden sein soll.

Zamora Fluss Duero Brücke

Der erste Weg in Zamora führt uns zur Catedral San Salvador. Ein prachtvoller Bau, wie viele katholische Kirchen reich und bunt geschmückt. Ihr Ursprung geht zurück ins 12. Jahrhundert, als König Alfonso VII de León den Bau der Kathedrale in Auftrag gab. Wir bestaunen die Überreste romanischer Malereien, den Silberschatz und den Wandteppich im Museum der Kathedrale. Doch was mich am meisten beeindruckt, ist der Vierungsturm, el cimborrio. Die mächtige Kuppel wirkt wie eine Mischung aus lombardischer und byzantinischer Architektur. Bei einem Blick unter die Decke erkennt man die lichtspendende Kuppel, die von außen fast ein wenig an eine Moschee erinnern.

Zamora Kathedrale
Zamora Kathedrale

Zamora Kathedrale
Zamora Kathedrale

Zamora Kathedrale

Nach dem Besuch der Kathedrale kommt die Sonne doch noch zwischen den Wolken hervor. Unser Weg führt uns in die historische Altstadt. Zamora scheint voller romanischer Kirchen und Kapellen. Eine davon ist die Iglesia San Pedro y San Ildefonso aus dem 12. – 15. Jahrhundert. Errichtet im Auftrag König Fernando I de Léon auf den Überresten einer visigotischen Kirche, war das kleine Gotteshaus ursprünglich allein San Petro, dem heiligen Petrus, geweiht. Als man im 13. Jahrhundert jedoch die Gebeine des Heiligen Ildefonso wieder entdeckte, die bereits im 9. Jahrhundert aus Toledo hierher gebracht und vergessen worden waren, erweiterte man den Namen der Kirche, sodass sie seither nach beiden Heiligen benannt wird.

Das Besondere an dieser kleinen Kirche ist, dass der Sarkophag Ildefonsos ebenso wie die Überreste Atillas, des ersten Bischofs von Zamora, in mehreren Metern Höhe über dem Altar, hinter einem verschlossenen Gitter aufgebahrt werden. Um die Gräber vor Raub oder Frevel zu schützen, griff man zu dieser ungewohnten baulichen Schutzmaßnahme. Angeblich ist der Zugang und die Anzahl der Schlüssel auf einige wenige Eingeweihte begrenzt.

Spanien Zamora Sehenswürdigkeiten Iglesia San Pedro y San Ildefonso
Spanien Zamora Sehenswürdigkeiten Iglesia San Pedro y San Ildefonso

Über dem seitlichen Portal der Iglesia de Santa María Magdalena, die oft im Zusammanhang mit dem Orden der Tempelritter erwähnt wird, prangt ein reich verzierter Bogen mit floralen Mustern. In ihrer Mitte erkennt man deutlich ein Gesicht und rechts daneben den quer eingesetzten Oberkörper eines Bischofs. Innen wirkt die kleine Kirche ungewöhnlich elegant. Zwei seitliche Baldachine werden von fein gearbeiteten Säulen getragen. Im Laufe der Zeit hat sich offenbar die Farbe des Gesteins verändert, denn die rechte Säule schimmert ein einen rosaton, während die linke Säule schlicht grau ist. Ungewöhnlich ist auch die Grabstätte einer Dame an der Seite des Kirchschiffes, denn nur eine wirklich wichtige und wohlhabende Persönlichkeit konnte dort beigesetzt werden.

Spanien Zamora Sehenswürdigkeiten

Bevor wir die Iglesia de San Juan Bautista an der Plaza Mayor erreichen, vor der zwei Männer im Büßergewand an die wichtige Rolle der Osterprozessionen während der Semana Santa in Castilla y León spielen, entdecke ich ein übergroßes, um die Ecke reichendes Wandbild. Es stellt den Cerco de Zamora dar, eine historisch bedeutende Belagerung der Stadt im 11. Jahrhundert, bei der die Königssöhne Sancho und Alfonso um die Vorherrschaft auf der Iberischen Halbinsel kämpften und die Reiche ihres Bruders zu erobern versuchten. Gestaltet wurde diese Leinwand von dem Künstler Antonio Pedrero, der auch die zum Beginn der Prozession rufenden Büßer geschaffen hat. Diese Ausrufer der Bruderschaften treten in Zamora pärchenweise auf und werden „el Merlú“ genannt.

Spanien Zamora Sehenswürdigkeiten

el Merlú Zamora

zamora
Spanien Zamora Sehenswürdigkeiten

Spanien Zamora Sehenswürdigkeiten

zamora

Dann ist es auch schon wieder Zeit, Zamora zu verlassen. Ich bin überrascht, wie ruhig diese hübsche kleine Stadt ist und nehme mir vor, irgendwann einmal mit mehr Zeit herzukommen, um die weit zurückreichende Geschichte Zamoras zu erkunden. Denn noch ist Zamora wie eine schlafende Prinzessin von den internationalen Touristenmassen unentdeckt geblieben.

jakobsweg durch zamora

Ruta de Vino Zamora

Dass auch im Westen Spaniens Wein angebaut wird, ist keine große Überraschung. Insgesamt 9 Weinrouten gibt es in Castilla y León, eine davon (neben der Ruta del Vino de Arribes und der Ruta del Vino de la Sierra de Francia) ist die Ruta del Vino Zamora, wo sich zu den 6 Bodegas zahlreiche andere gastronomische und kulturelle Spezialitäten gesellen, die es zu entdecken gilt. In dem Dörfchen Corrales del Vino kann man in der kleinen Konditorei Bäcker Faustino und seiner Frau Mercedes bei der Arbeit über die Schulter schauen, ehe man der Bodega Viña de Ver einen Besuch abstattet, um einen Blick in den Weinkeller zu werfen und die guten Weine zu verkosten.

backstube ruta de vino zamora

Ramiro führt uns in den unterirdischen Weinkeller hinab, wo die Eichenholzfässer mit den edlen Tropfen ruhen. Einige der Keller hier in der Gegend sind älter, als die Häuser, die über ihnen stehen, erklärt er uns. Sein eigener Keller stammt aus dem 18. Jahrhundert, aber es gibt noch ältere. Unter der Erde, ist es angenehm kühl. Wir probieren einen Malvasia direkt vom Fass, dann geht es zur eigentlichen Verkostung wieder nach oben. Zu den sieben verschiedenen Weinen, die Ramiro uns vorstellt, gehört ein „Ox“, der an die „Finos“ aus Jerez erinnert, ein fast orange wirkender Wein mit einem hohen Moscatel-Anteil, ein „embabjuado“, der nach Aprikose schmeckt und unglaublich leckere Rotweine. Zu der sehr gemütlichen Verkostung werden Teller mit Käse und Wurst gereicht, und wenn man Glück hat, gibt es auch noch eine magische Überraschung.

bodega vinas ver ruta de vino zamora wein (2) bodega vinas ver ruta de vino zamora wein

Wesentlich größer als Ramiros kleiner Familienbetrieb ist die Bodega Viñas del Cénit im nur 4 Kilometer entfernten Villanueva de Campeán. Zu der erst 2004 gegründeten Weinkellerei gehören auch ein paar sehr alte, malerisch gelegene Weinstöcke, an denen entang einst die Via de la Plata verlief. Auch heute noch kommen Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela hier vorbei, denn der Camino de Santiago Mozárabe, ein Ableger des traditionellen Caminos de Santiago, führt aus Andalusien bis in den galicischen Norden.

bodega vinas cenit ruta de vino zamora wein (4)

Das Besondere an den Weinen dieses Weinstocks ist, dass man rote und weiße Trauben zu einem „traditionellen“ Wein verarbeitet, wie die Mönche des nahe gelegenen Klosters ihn vermutlich getrunken haben, denn damals pflanzte man die Weinreben nicht sortenrein, sondern querbeet, ein paar rote Trauben, ein paar weiße Trauben. Heute klingt es zunächst ungewöhnlich, rote und weiße Trauben miteinander zu mischen. José und Liliana haben uns von dieser gewagten Idee bereits erzählt, denn anfangs wusste man ja nicht, was für ein Wein denn dabei herauskommen würde.

Die Überraschung war groß, als diese auf die alte Art, ohne Rezept produzierten Weine, nicht die Schwere entwickelten, die man normalerweise von den verwendeten roten Trauben erwarten würde. Durch die Zugabe der hellen Trauben entstand ein roter Wein mit einer angenehmen leichten Frische. Um die Eigenschaften der einzelnen Varietäten genauer kennenzulernen, werden weiße und rote Trauben getrennt verarbeitet, und erst am Ende zu einem leckeren, stimmigen Wein komponiert.

Alles Käse

Zur Ruta del Vino gehört nicht nur Vino. Castilla y León ist eine der wichtigsten Milch- und Käse produzierenden Regionen Spaniens. Ein Drittel der spanischen Käseproduktion stammt von hier. Und der Queso Zamorano trägt das begehrte D.O. Siegel und ist herkunftsgeschützt.

Ruta de Vino Käse aus Zamora
Zamora schafe Autochthone Rasse

Eine der Käsereien nahe Zamora ist die Queseria Antigua de Fuentesauco. Fernando Fregeneda ist stolzer Chef des kleinen Käseimperiums. Seine Leidenschaft für Käse ist wirklich ansteckend, voller Inbrunst berichtet er davon, wie er als 15-jähriger mit der Schafherde seiner Eltern loszog. Er zeigt uns Fotos der oveja churra de Zamora, die man an den schwarzen Flecken auf den Ohren und an den Füßen erkennen kann. Diese autochtone Schafsrasse gilt als rustikal, für den herkunftsgeschützten Queso zamorano muss die Milch von Churra oder Castellana Schafen stammen.

Ruta de Vino Käse aus Zamora

Jeden Morgen um 2 Uhr fahren die Lastwagen der Käserei los, um die Milch auf den Bauernhöfen der Umgebung abzuholen, sie runterzukühlen und ihre Qualität zu testen. 80% der Milch wird weiterverkauft, aus 20% produziert La Antigua 35 verschiedene Käse: Es gibt Schafs- und Ziegenkäse, Kuhkäse und gemischte Käsesorten, reifen und jungen Käse, mit Pfeffer, Olivenöl oder Zafran gewürzte Sorten. Die Laibe ruhen in großen Hallen, um dort zu reifen. Was zerbricht, oder optisch nicht perfekt ist, wird als Bruch oder Reibekäse verkauft. Um 1 Kg Käse herzustellen, ein einzelner Laib wiegt 3 kg, brauchen sie ca. 5-6 Liter Milch. Die genaue Menge variiert vom Sommer zu Winter und hängt vom Futter, dem Wetter und anderen Bedinungungen ab. Bei der Reifung verliert ein Käselaib noch einmal Flüssigkeit und schrumpft nach einem Jahr auf 2,7 Kg zusammen.

Ruta de Vino Käse aus Zamora
Fernando ist so begeistert, dass er ein Museum plant, in dem die Käseherstellung den Besuchern als ein Teil der Kultur näher gebracht werden soll. Denn letztendlich gehört alles zusammen, die Landschaft, die Schafe, die Menschen und der Käse.

Ich bin vor allem begeistert von den leckeren Käsekuchen. In jedem Restaurant, zu jedem Mahl, gibt es in Zamora Käsekuchen! Ich bin bei jeder Art von Käse udn erst recht bei Käsekuchen echt anspruchsvoll und wählerisch, aber in Zamora schmeckt ein Käsekuchen wirklich besser als der nächste. Käse können sie hier, Castilla y León kommt einem Käsekuchenparadies schon echt nah.

Käsekuchen Ruta de Vino Käse aus Zamora
Ruta de Vino Käsekuchen aus Zamora

Infos zu Zamora

Bodega Viña Ver
Ramiro Morán Vicente
C. Poal, N°6
49700 Corrales del Vino/ Zamora

Bodega Viñas del Cénit
Ctra. Circunvalación, S/N
49708 Villanueva de Campeán/ Zamora
Website: www.bodegascenit.com

Quesería la Antigua de Fuentesauco
Cam. de Salamanca, 32
49400 Fuentesaúco/ Zamora

Hinweis: Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise durch Castilla y León, zu der ich im Juni vom Spanischen Fremdenverkehrsamt eingeladen wurde.