Laut erklingt der Soundtrack von Star Wars, der Imperial March, aus den Boxen, direkt vor dem römischen Amphitheater. Schon tauchen in der Menge die ersten Clon Krieger auf. Dann grüne und braune Außerirdische und sogar Darth Vader persönlich. Wieso ziehen die hier gemeinsam so feierlich durch die Straßen Malagas? Eine Prozession der etwas anderen Art. Ob die einen Film promoten wollen? Oder ist das eine der vielen Jungesellenabschiede? Ich werde es wohl nie erfahren, aber ich bin auch aus einem ganz anderen Grund unterwegs.
Susan entführt Audette, Thierry und mich heute Abend in die Welt der andalusischen Weine und Tapas. Die beiden Kanadier Audette und Thierry sind total verliebt in Malaga und wollen nächstes Jahr sogar für eine Weile hierher ziehen, wenn sie in Rente gehen. Das erzählen sie mir, während wir uns dem ersten Stopp unserer Tapas-Tour nähern. Susan hat uns zu einer alten Bodega geführt. Hier gibt es weder Tische noch Stühle, aber dafür den besten und ältesten Jerez und süße Malaga Weine. Hinter einer langen schlichten Holztheke stehen die Fässer aufgebaut. Susan bestellt, einen trockenen und einen süßen Wein. Dazu gibt es kleine Spieße mit Käse und Thunfisch. Wir trinken im Stehen.
Seit dem letzten Jahrhundert hat sich an der Einrichtung nichts verändert. Auch die Kellner sehen so aus, als lebten sie in dieser Bar und seien schon immer hier gewesen. Die Bestellungen rechnen sie ab, indem sie etwas mit Kreide direkt vor Dir auf den Tresen kritzeln. Kassenzettel gibt es nicht. Sobald Du bezahlt hast, wird alles weggewischt. Ein geniales System, simpel aber effektiv und total authenisch. Nur die Buchhaltung möchte ich in diesem Laden nicht machen. Aber muss ich ja auch nicht.
Susan erzählt, dass Antonio Banderas oft hierher komme. Der wohl berühmteste Sohn Malagas, wenn man von Picasso einmal absieht, ist in Malaga trotz seiner Hollywoodkarriere ziemlich präsent. Er unterstützt die Stadt und die Menschen hier lieben ihn. Er soll ein echt netter Kerl sein, mit dem man auch mal ein Bier trinken kann. Im Moment ist aber wohl nicht hier. Schade eigentlich, denn Antonio Banderas stammt genau aus diesem Viertel der Altstadt. Auch die Kirche, die der Schauspieler als Kind besuchte, zeigt Susan uns. Ursprünglich einmal eine Moschee, haben die Katholiken das vorhandene Gebäude genutzt, einen Turm zugefügt und eine christliche Kirche daraus gemacht.
Ein frisch verheiratetes Pärchen fährt laut hupend in einem schicken Cabrio davon. In der Kirche macht sich schon die nächste Hochzeitsgesellschaft bereit. Am Wochenende sind alle Kirchen rappelvoll mit jungen Paaren, die auf ihre Trauung warten und überall treffen wir auf elegant gekleidete Malagueños, die mit einem der glücklichen Brautpaare feiern wollen.
Ein winziger Laden ist unser nächster Stopp. Hier werden neben frischen regionalen Produkten auch ein paar Delikatessen verkauft. Ultramar nennen sie diese Tante-Emma-Läden, die auf mich wie Kolonialwarenläden, Überbleibsel aus einer anderen Zeit, wirken. Weil es drinnen so eng ist, probieren wir den Ziegenkäse, die in ganz Spanien berühmten Malaga Rosinen, gesalzene Mandeln und Sobrasada, direkt auf der Straße. Dazu gibt es einen Schluck Wein. In einem der Regale entdecke ich eine kleine Dose mit geräuchertem Paprikapulver, das ich unbedingt kaufen muss – für zu Hause.
Wir laufen kreuz und quer durch die Gassen, am römischen Amphitheater und an der Kathedrale vorbei. Zum Glück sind Audette und Thierry in diesem Labyrinth genau so verloren wie ich. Wir müssen über unsere Orientierungslosigkeit lachen. Susan meint, es sei sogar Absicht, dass sich Fremde hier so schnell verlaufen. Die Mauren hätten ihre Dörfer oft absichtlich so angelegt, dass nur die Einheimischen sich in den engen Gassen schnell zurechtfinden. Die eng aneinander gebauten Häuser spenden nicht nur Schatten auf den schmalen wegen, sondern durch diese Labyrinththechnik wird es auch möglichen Angreifern und Eindringlingen erschert schnell vorwärts zu stürmen und sich zu orientieren. Bei mir ist ihnen das voll gelungen.
Unterwegs erzählt Susan Geschichten aus Malaga von Festen und wichtigen Ereignissen
Mittlerweile sind wir vor einem sehr schick und modern aussehenden Laden angekommen, der laut Susan aber schon ziemlich alt ist. Beher sei der absolut beste Schinkenladen nicht nur in Malaga, sondern in ganz Spanien. Regelmäßig gewinnen sie Preise mit ihren Schinken, die sie selbst produzieren, verkaufen und die man hier auch kosten kann. Im Angebot gibt es hochwertigen Serrano Schinken aber vor allem den iberico, der von den schwarzen Schweinen stammt. Weil die Schweine schwarze Hufe haben, nennt man auch den Schinken Pata negra. Bellota Schinken ist von Schweinen, die ausschließlich mit Eicheln, bellotas, gefüttert wurden. Wir nehmen an einem der Tische Platz und probieren Schinken mit roten, schwarzen und goldenen Siegeln. Der rote schmeckt schon köstlich, der schwarze noch besser. Der Schinken mit dem goldenen Siegel muss einer der preisgekrönten und teuersten sein – er ist so fein, dass er auf der Zunge zergeht.
Zum Abschluss unserer Tapas-Tour führt Susan uns in eine dunkle stille Seitenstraße. Während überall auf den Plätzen und in den Cafeterrassen, die Menschen dichtgedrängt sitzen, ist es hier in dieser kleinen Gasse eher ruhig. Sobald wir die Tür der Bar öffnen, ändert sich das mit der Ruhe. Drinnen herrscht ein fröhliches Treiben. Viele Einheimische sitzen schon bei einem gläschen wein und teilen Tapas. Zum Glück hat Susan einen Tisch reserviert.
Wir probieren Thunisch mit Backpflaumen, Boquerones und die Spezialität des Hauses, Artischocken in Weißwein gekocht. Alle Tapas sind richtig lecker und wir langen kräftig zu. Nachtisch? Na klar! Susan bestellt uns etwas Typisches, leche frita mit Turrón Eis. Ich versuche mich an der Übersetzung: leche frita heißt eindeutig frittierte Milch. Aber wie bitte schön frittiert man Milch? Sehr gespannt warte ich also auf dieses traditionelle Dessert. Beim Probieren wird klar, wie das geht: Offenbar kochen sie Kondensmilch so weit ein, dass sie dicklich und fest wird. Diese Milchmasse kann dann frittiert und in Zimt gewälzt werden. Oben kommt noch eine fette Kugel Eis drauf und fertig ist die süße Bombe! Köstlich!
Infos zur Tapas-Tour:
Um zu wissen, wo du in Malaga essen gehen kannst, ist diese Tapas-Tour echt prima. Local food, kleine Familienbetriebe, keine Massenabfertigung. Liebevoll ausgesuchte Stopps und dazwischen eingestreut kleine Geschichten und Anekdoten aus Malaga. Wie die Leute leben, was sie bewegt und was hier früher so los war. Spätestens nach dieser Tour muss sich jeder in Malaga verlieben.
Website Tapas-Tour: devourmalagafoodtours.com
Meine Unterkunft in Malaga:
Übernachtet habe ich in einer netten Ferienwohnung von only apartments gleich neben der Kathedrale.
Hinweis: Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Devour Malaga und only-apartments. Die hier dargestellten Ansichten und Erfahrungen sind ausschließlich meine eigenen.
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