Tere ist Imkerin und lebt in einem kleinen Dorf in den Pyrenäen. Sie hat gerade einen Tropfen Honig auf die Steine vor uns gelegt, um die Bienen anzulocken. Doch es sind fast nur Wespen, die sich den süßen Imbiss nicht entgehen lassen wollen. Die einzige Biene, die sich vor uns niedergelassen hat, ist dicklicher als die Wespen. Ihre Streifen leuchten auch bei Weitem nicht so doll, wie die der Wespen in ihrem Alarmgelb. So aus der Nähe kann man den Unterschied zwischen den beiden echt gut erkennen.
Eine andere Biene knabbert an einem Schälchen mit Bienenwachs und versucht an das süße Wasser darunter zu kommen. „Das ist eine Sammlerin“, erklärt Tere. „Die sucht etwas Süßes.“ Bei den Bienen herrscht zwar Arbeitsteilung, aber dennoch macht jede Biene alles, denn die Aufgaben ändern sich mit dem Alter der Tierchen. Wenn sie ganz jung sind, pflegen sie die Eier, füttern die Larven und kümmern sich um die Königin. In der nächsten Stufe ihres Lebens schulen die Bienchen dann um auf Reinigung und Verteidigung. Dann sind sie dafür verantwortlich, den Bienenstock sauber zu halten und gegen Angreifer zu verteidigen.
Erst in der letzten Etappe wird die Biene schließlich zur Sammlerin und Kundschafterin. Es sind also immer die erfahrensten Bienen eines Stocks, die ausfliegen, um Nektar zu suchen und die ihren Kolleginnen dann die Koordinaten der Blumenwiese oder des Rapsfelds vortanzen. Nach ungefähr einem Monat ist so ein Bienenleben dann auch schon wieder vorbei. Wirklich alt werden die Tierchen nicht.
„Von den Bienen können wir viel lernen“, sagt Tere und kratzt derweil die Reste der alten Waben aus einem der Gitter. Sie bewundert die fleißigen Bienen und geht sehr behutsam mit den Bienen aber auch mit den Waben und den Gittern aus dem Bienenstock um. Diese alten Gitter müssen jetzt desinfiziert werden, bevor sie wieder in den Bienenstock eingesetzt werden können. Tere erklärt mir ganz genau, wie das mit den Gittern und den Vorlagen funktioniert, auf denen die kleinen Tierchen dann ihre Waben hochziehen. Sind die Waben fertig gebaut, beginnen die Bienen auszuschwärmen und ihre Vorratskammern mit Honig zu füllen. Ist eine Wabe voll, kommt ein Deckel drauf und der Honig kann reifen.
In Teres Bienenstöcken gibt es zwei Etagen. Sie nimmt so einen leeren Kasten auseinander: Unten ist der Eingang. Dort fliegen die Bienen rein und raus, dort lebt die Königin und legt ihre Eier und dort lagern sie ihren Honig. Sind alle Waben im unteren Geschoss gefüllt, geht es durch ein enges Gitter, durch das nur die Arbeiterinnen, aber nicht die dickere Königin passt, nach oben. In diesem zweiten Stockwerk wird der überschüssige Honig gelagert. Also das, was die Bienen selbst nicht mehr brauchen. Und nur von diesem Überschuss nehmen Tere und ihr Mann dann die Waben, um den Honig daraus zu holen. Ihnen ist es wirklich wichtig, dass es den Bienen gut geht und die kleinen Brummer alles haben, was sie zum Leben brauchen.
Das mit der Imkerei machen sie mittlerweile schon seit 1998. Dabei fing alles mehr durch Zufall an, als Teres Mann eines Tages einen Bienenstock erbte. Was zum Kuckuck macht man mit einem geerbten Bienenstock? Doch er fand schnell Gefallen an der Sache und nun sind beide leidenschaftliche Imker. Aber nach wie vor machen sie den Honig nur als Hobby, aus Liebe zur Sache, denn eigentlich ist Tere Erzieherin und ihr Mann verdient sein Geld als Tischler.
Irgendwie kann ich das sogar gut nachvollziehen. Hier oben in den Pyrenäen ist so ein Hobby mehr oder weniger naheliegend. Die Menschen sind hier viel naturverbundener, sie leben nicht nur in, sondern auch mit und von der Landschaft. Selbst ich fühle mich ja schon nach einem Tag hier in den Bergen viel näher dran an der Natur, an den Pflanzen und Tieren, als unten in den Städten. Und auch wenn diese Bienenstöcke natürlich richtig viel zusätzliche Arbeit machen, scheint Tere das zumindest nicht als Stress zu empfinden. Die Arbeit macht Spaß, erfüllt mit Einklang und wirkt irgendwie beruhigend.
Propolis so lerne ich heute, ist eigentlich ein Reparaturprodukt der Bienen. Damit kitten sie Risse in den Waben. Gewonnen wird das Propolis aus dem Harz der Bäume. Die Bienen nutzen es aber nicht nur als eine Art Zement, sondern auch zum Desinfizieren, denn dieses Zeug hat sogar noch eine antibiotische Wirkung.
Auch das Gift der Bienen, sagt Tere, kann zum Heilen eingesetzt werden. In Rumänien gibt es eine Heilcreme gegen Rheuma, die aus Bienengift gemacht wird. Aber normalerweise setzen Bienen diese Waffe nur in allergrößter Not ein, denn ihr Stachel hat einen Widerhaken. Der bleibt bei einem Stich stecken und zieht die Innereien der armen Biene mit raus, sodass sie nach einem Stich stirbt.
Tere weiht mich in den ganzen Arbeitsprozess zur Gewinnung des Honigs ein und schleudert sogar ein paar Waben für mich in der Zentrifuge. Der Wachsdeckel wird mit einem heißen Messer entfernt, dann kommen die Gitter in das Honigkarussell. Der Honig landet an der Wand der Zentrifuge, wird aufgefangen und gefiltert. Die Waben bleiben intakt, wenn der Honig herausgeschleudert wird, und können daher von den Bienen gleich weiterbenutzt und wieder gefüllt werden.
Aber Tere nutzt nicht nur den leckeren Honig. Sie sammelt auch das Wachs, schmilzt alles, und macht dann Kerzen oder Seife daraus. Heute hat sie gerade eine neue Ladung des sauberen Bienenwachses vorbereitet und ich darf mit ihr zusammen ein paar Kerzen ziehen. Dazu muss ich einfach nur den Docht in das heiße Wachs und anschließend in kaltes Wasser tauchen, immer abwechselnd. Das wiederholen wir ein paar Mal, so lange, bis meine Kerze die gewünschte Dicke erreicht hat. Es macht voll Spaß und erinnert mich an die sommerlichen Zeltlager, in denen ich als Kind meine Ferien verbracht habe. Damals haben wir einfach alte Kerzenstummel gesammelt und geschmolzen, sodass unsere Kerzen meist eine merkwürdige undefinierbare Farbe hatten. Hier bei Tere werden meine Kerzen richtig schön honiggelb.
Und nachdem meine leicht windschiefe aber selbst gemachte Kerze fertig ist, darf ich den Honig probieren. Tere und ihr Mann machen zwei Sorten, Rosmarin und Bergblumen aus den Pyrenäen. Aber sie verkaufen auch den Honig anderer kleiner Imker aus der Umgebung, so gibt es im Sortiment noch Eukalyptus-, Thymian-, Orangenhonig und Melasse! Und so lerne ich ganz zum Schluss noch, dass die schwarze Melasse im Grunde genommen dasselbe ist, wie Honig, nur dass die Bienen den süßen Nektar nicht von den Blumen, sondern von Bäumen sammeln!
Mittagessen im Els Caçadors:
Zum Mittagessen fahre ich von Bruguera in das nahe gelegene Städtchen Ribes de Freser. Ich bummele an dem Fluss lang, der hier mitten durch den Ort plätschert, und suche das Restaurant Els Caçadors. Unterwegs entdecke ich die Cremallera de la Vall de Núria. Diese Bahn ist das einzige Transportmittel, mit dem man das bis heute abgelegendste Tal der Pyrenäen erreichen kann. Und diese Bahn ins Vall de Nuria fährt hier ab. Ein kurzer Blick auf den Fahrplan, doch für einen Abstecher reicht meine Zeit leider nicht mehr. Wie schade.
Dafür schlemme ich im Restaurant Els Caçadors dann Leckeres aus den Bergen, Favetes mit Pilzen. Auf der Wasserflasche lese ich, dass das Wasser aus einer der zahlreichen Quellen direkt hier im Dorf stammt und dass ich so eine Flasche auch kaufen kann. Das mache ich doch glatt und nehme mir frisches Quellwasser mit nach Hause!
Infos zum Honig aus den Bergen:
Website Mel de Ribes (Katalanisch): www.melderibes.cat
Adresse:
Mel de Ribes – Cal Feliu
Bruguera
17534 Ribes de Freser/ Girona
Tere zeigt gern ihre kleine Imkerei, für Kinder ist das Kerzenziehen bestimmt besonders spannend. Allerdings muss man sich für einen Besuch vorher anmelden, denn Tere und ihr Mann haben ja noch ganz normale Jobs. Falls Du einfach nur den leckeren Honig probieren willst, den findest Du in vielen Geschäften überall im Tal Ribes de Freser.
Restaurant Els Caçadors de Ribes
Carrer Balandau, 24-26
17534 Ribes de Freser/ Girona
Neue Pläne:
Nachdem ich die Bahn ins Vall de Nuria entdeckt hatte, habe ich gleich Pläne für einen neuen Ausflug hierher in die Berge gemacht. Und ich weiß auch schon, wo ich dann schlafen werde, bei Marta nämlich. Marta habe ich in Ribes de Freser kennengelernt. Sie ist eine echte Einheimische und hat vor zehn Jahren auf einem wunderschönen Stück Land der Familie zusammen mit ihrer Schwester ein kleines Hotel eröffnet, das Resguard dels Vents. Der Blick von dort in die Berge ist einfach der Hammer und alles ist so gemütlich und liebevoll eingerichtet, dass ich total gern hier ein paar Tage die Natur genießen will. Zwei Tage lang nur Wandern über Stock und Stein und abends dann am Pool die Füße hochlegen und ins Tal hinab sehen … da freue ich mich jetzt schon drauf!
Hotel Resguard dels Vents
Cami de Ventaiola / Ribes de Freser
Website: www.hotelresguard.com
Vielen Dank an Vikki und Dúnia vom Patronat de Turisme Costa Brava- Pirineu, die mir bei der Organisation des Recherchetrips in die Berge geholfen haben!
Hinterlasse einen Kommentar