Mit der Rafael an der Costa Brava:
Es ist ein winterlicher Sonntagmorgen, kalt, aber die Sonne scheint. Schon früh um zehn bin ich im Hafen von Palamós und suche ein ganz bestimmtes Boot. Es ist das Letzte in der Reihe. Ein wunderschönes, altes Segelboot aus Holz. Wenn ich groß bin, will ich auch so eins haben. Joan, der Kapitän und stolze Besitzer der Rafael, begrüßt mich fröhlich und stellt stolz seine „Rafael“ vor, die in diesem Jahr schon hundert wird.
Die „Rafael“ ist ein Zwillingsschiff. Das bedeutet, es gibt noch eine baugleiche Schwester, die Bartolomé. Die „wohnt“ aber auf Ibiza. Gebaut wurden die beiden Boote nämlich Anfang des letzten Jahrhunderts von zwei Brüdern auf Mallorca. Die Brüder waren Fischer und brauchten zwei Boote, um die Netze zwischen sich zu spannen und alles zu fangen, was da eben ins Netz ging. Vor zwanzig Jahren hat Joan dann die Rafael gekauft und fährt nun, im Sommer wie im Winter, an der Costa Brava hoch und runter.
Mit Joan auf dem Boot zu fahren ist immer ein kleines Abenteuer. Die Rafael gleitet meistens ganz gemächlich durch die Wellen, an der Küste vorbei und Joan erzählt lustige Geschichten. Einmal meinte er zu mir “Komm mal kurz her und stell dich hier hin“. Natürlich habe ich das brav gemacht. Ehe ich mich versah, hatte ich das Ruderseil der Rafael in der Hand und war plötzlich der Steuermann, beziehungsweise die Steuerfrau. Zuerst ist mir zwar das Herz etwas in die Hose gerutscht, aber die ruhigen, gemächlichen Bewegungen der alten Lady haben mich schnell beruhigt. Es hat richtig Spaß gemacht das Boot zu lenken! Kurz bevor wir wieder im Hafen eingelaufen sind, habe ich das Steuer dann aber doch wieder abgegeben.
Ein anderes Mal haben wir Delphine direkt vor uns auf dem Wasser gesehen. Eigentlich hat Joan sie entdeckt, als wir schon wieder in den Hafen fahren wollten. Natürlich hat er noch einmal kehrt gemacht, damit wir alle die fröhlichen Tummler auch aus der Nähe sehen können. Es war wunderschön, wie sie so nah vor dem Boot aus dem Wasser sprangen. Leider sind die Delphine aber auch ganz schön schnell. Obwohl ich mit der Kamera gelautert habe, konnte ich kein richtiges Bild hinkriegen, denn sie sind immer mal woanders aufgetaucht und dann schnell wieder verschwunden.
Im Sommer kann man mit Joan und der Rafael dann eine Bootsfahrt mit Verkostung der berühmten Gambas von Palamós machen. Im Januar ist die Rafael manchmal auch in Llafranc zu finden, das ist eine der Buchten die zu Palafrugell gehören, um von dort aus zu den Garoinada-Bootsfahrten abzulegen. Das Seeigelessen ist etwas sehr typisch Katalanisches. Eine gute Gelegenheit für alle, die auf ihren Reisen gern auf Einheimische treffen und neugierig auf traditionelle Bräuche sind.
Website: www.telamarinera.es
Übrigens: tela marinera heißt wörtlich übersetzt eigentlich so etwas wie Seemannsgarn. Wenn man diesen Ausdruck heute benutzt, dann bedeutet das meist „krass“ oder „abgedreht“ .
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