In der Altstadt von Angers gibt es ein Viertel, rund um die alte Kathedrale herum, in dem früher nur Geistliche lebten: Pfarrer, Chorherren, Mönche, Kleriker der verschiedenen Orden, etc. Nur drei Häuser in der ganzen Altstadt wurden von Menschen bewohnt, die nicht in irgendeiner Art und Weise der Kirche zugerechnet wurden.

Die Kathedrale des Heiligen Mauritius überragt die gesamte Stadt. Sie war natürlich das Zentrum des geistlichen Viertels von Angers. Wir werfen aber nur einen kurzen Blick hinein.

Blick auf die Kathedrale von Angers Anjou

Kathedrale St Maurice Angers

Die Wege sind noch mit Kopfstein gepflastert, es ist sauber und sehr ruhig hier im Viertel. Julie, die mich heute durch Angers führt, zeigt mir das älteste Holzhaus der Stadt. Es ist ein kleines, bescheiden wirkendes Gebäude, das aussieht als werde es von Zwergen bewohnt. Vor der Tür wachsen Blumen, die höher als die Fenster und Türen zu sein scheinen. Das Haus ist aus dem vierzehnten Jahrhundert, als die Straße noch wesentlich tiefer lag, als heute. Darum sieht auch die Tür heute so klein aus. Drinnen muss man nämlich noch eine Stufe nach unten gehen, denn der Fußboden im Haus befindet sich noch auf der Höhe der alten Straße.

ältestes haus angers Fachwerk

Angers Kopfsteinpflaster

Als wir an eine größere Kreuzung gelangen, ist um uns herum schon etwas mehr los. An der Place Sainte-Croix verlief im Mittelalter eine der wichtigsten Handelsstraßen der Stadt. Hier steht eines der ältesten und sicher schönsten Häuser Angers, das Haus des Adam. Der Erbauer dieses Fachwerkhauses war Apotheker. Er legte viel Wert auf die üppigen und teilweise sehr frechen Schnitzereien an der Fassade. „Je mehr Dekoration sich jemand leisten konnte, umso reicher und angesehener war er“, erklärt mir Julie. Der Herr Apotheker kann also nicht arm gewesen sein. „Aber wieso heißt das Haus Adam?“ Julie zeigt auf einen Apfelbaum. „Man vermutet, dass da die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies dargestellt werden sollte.“ Nur sind Adam und Eva nirgends zu sehen. Ob man sie im Laufe der Zeit entfernt hat? Waren sie den Bewohnern von Angers vielleicht zu nackt, so an der Hauswand? Auch Julie weiß es nicht. Dafür sehen wir uns aber die Figuren in Ruhe an. Es gibt Skulpturen aus der Bibel, wie den Heiligen Georg oder die Engel, aber auch mythologische Tiere und Fantasiegeschöpfe wie eine Meerjungfrau und einen Zentaur zum Beispiel. Und was bitte macht das Krokodil da, das in den Balken hinein zu beißen scheint? Oder der Typ, der offenbar gerade sein „Geschäftchen“ erledigt? Ein französischer Caganer? So viele Symbole! Da braucht man ja einen Code, um das alles zu entschlüsseln. Den Apotheker hätte ich echt gern kennengelernt!

Maison D adam Haus des Adam Angers

Haus des Adam Angers

maison d adam Angers

Dann zeigt mir Julie einen anderen Teil der Stadt. Dort, wo sich viele große und kleine Geschäfte aneinanderreihen, im Viertel mit den Shoppingstraßen, herrscht ein eher ein Hausmannsches Ambiente mit breiten Boulevards und eleganten Gebäuden. Hier irgendwo soll sich das Blaue Haus, la Maison Bleue, befinden. Wenn man nicht wie ein Hans Guck-in-die-Luft ganz nach oben späht, am besten von der anderen Straßenseite aus, läuft man allerdings an dem Gebäude vorbei. Julie muss mich erst auf die Mosaiksteine aufmerksam machen. An der Kreuzung Boulevard Foche und Rue d’Alsace steht dieses versteckte Art Déco Meisterwerk. Als es 1929 gebaut wurde, galt es als eines der modernsten Gebäude Angers: Die Maison Bleue hatte nämlich einen Fahrstuhl! Und etwas ganz Besonderes waren natürlich die großflächigen Mosaike der Fassade. Unten zur Straße hin, sind sie noch eher beige. Je weiter der Blick nach oben schweift, umso mehr blaue Töne kommen zum Vorschein. Die Maison Bleue gefällt mir auf Anhieb total gut. Und ich wäre fast daran vorbeigelaufen!

Angers maison bleu
detail Maison Bleue Angers
Mosaik Maison Bleue Angers

Fenster maison Bleue Angers

Wir kommen noch kurz am Museum des David d’Angers vorbei. Leider bleibt keine Zeit, die Galerie mit den Kopien der Werke des Bildhauers zu besuchen. Beim nächsten Mal hoffentlich!

Blick auf Galerie DAvid d Angers

festung schloss Angers

Dann geht es zum Château du Roi Réne. Das Schloss ist beeindruckend massiv gebaut. Es ist eher eine Burg, als ein Schloss. Die schwarz-weißen Streifen fallen mir als Erstes auf. Statt wie in Saumur nur mit weißem Tuffstein zu arbeiten, verwendete man in Angers Tuffstein und Schiefer, also schwarze und weiße Steine abwechselnd. Das sieht schon schön aus, finde ich. Aber wichtiger als Schönheit war den Erbauern damals die Sicherung dieser Festung. Das Château sollte uneinnehmbar sein, denn Anjou befand sich im dreizehnten Jahrhundert, als die Burg errichtet wurde, an der Grenze zwischen dem Herzogtum der Bretagne und dem damals noch ziemlich kleinen Königreich Frankreich. Die Burg war Teil einer dicken Mauer mit siebzehn Türmen, die die Stadt jahrhundertelang vor Angriffen schützte. Heute verstecken sich hübsch angelegte Blumenbeete und nette Gärten hinter den dicken Steinen der Burganlage. Und es gibt einen Schatz, den Julie und ich uns gleich ansehen werden, den Apokalyptischen Teppich!

Chateau Roi rene Angers

Angers Burg Schloss Garten
chateau Angers Garten

Mohnblume Angers

Und noch ein paar Fotos aus der Altstadt:

altstadt Angers Fachwerk
Angers Altstadt Fenster
Angers Fachwerkhäuser

Hinweis: Meine Reise entlang der Loire wurde von Atout France unterstützt. Vielen Dank an Julie, die mich in die Geheimnisse Angers eingeweiht hat! Die hier dargestellte Meinung beruht selbstverständlich ausschließlich auf meinen eigenen Ansichten und Erlebnissen.