Von Barcelona aus dauert die Fahrt mit dem AVE bis nach Lleida gerade mal 59 Minuten. Die Züge verkehren mehrmals täglich, teilweise sogar im Stundentakt, und sind – im Gegensatz zu deutschen Zügen- fast immer auf die Minute pünktlich. Dadurch, dass man beim Kauf des Tickets automatisch einen Sitzplatz zugewiesen bekommt, reist man immer bequem. Ich liebe Bahnhfahren und will Dir in diesem und den nächsten Artikeln ein paar Städte zeigen, die du gut und günstig mit der Bahn von Barcelona aus erreichen kannst.

Lleida

Lleida ist anders. Im Gegensatz zu Tarragona, Girona und Barcelona hat Lleida keine pittoresken Gassen und eine Altstadt aus dem Bilderbuch zu bieten. Trotz seiner spannenden Geschichte und beeindruckenden Sehenswürdigkeiten ist Lleida keine glanzvolle Schönheit, nicht künstlich herausgeputzt, sondern ehrlich und bodenständig geblieben. Für mich liegt die Faszination dieser Stadt genau hier, in ihrer zurückhaltenden Art und vor allem auch in Menschen wie Marta, Jesus und all die anderen, die ich hier kennenlernen darf. Wen Du unverfälschtes Leben fern der Touristenströme suchst, wirst Du Lleida sofort ins Herz schließen.

So schmeckt Lleida

Von der alten Brücke über den Segre, dem Pont Vell, kann ich den Hügel mit der einstigen Kathedrale prima erkennen. Vor mir am anderen Ufer erstreckt sich der Parc dels Camps Elisis, in der griechischen Mythologie die Insel der Seligen, in Lleida eine Grünanlage, in der jedes Jahr das große Schneckenfest stattfindet.

Lleida mit der Bahn Blick auf Stadt

Schnecken laufen einem Lleida fast an jeder Ecke über den Weg. Im Mai, wenn die Blüte der Mandeln und Pfirsiche vor den Toren der Stadt vorbei ist, findet der Aplec del Cargol statt. Ein kulinarisches Fest, zu dem sich die Menschen in verschiedenen Gruppen zusammen tun, um gemeinsam Schnecken zuzuzubereiten und zu verspeisen.

Lleida schnecken schoko

Auch jetzt im Herbst finde ich Schnecken, allerdings aus Schokolade. In der kleinen Konditorei Terés, bietet Marta neben den Schokoschnecken andere für Lleida typische Süßigkeiten wie Granados, die in den 50er Jahren aus Anlass eines Wettbewerbs entstanden sind, und die traditionelle Coca de Recapte an. Diese Coca ist eine Art katalanischer Brot- oder Pizzateig, der mit allem belegt werden kann, was man zu Hause so übrig hat: Escalivada, Thunfisch, Anxovis oder Pilze.

lleida gebäck

orelletes lleida

Bei dem Wettbewerb 1956 belegte ihr Großvater, der Gründer der Konditorei, mit seinem Gebäck übrigens den zweiten Platz. Fondant-Torten kommen in der seit über 70 Jahren bestehenden Pastisseria garantiert nicht in die Auslage. Marta beteuert, sie backe nichts, was nur schön aussieht, man aber gar nicht essen könne (und am Ende gar in der Mülltonne lande). Da stehe ich voll auf ihrer Seite, denn mich nerven diese zugegebenermaßen hübschen, aber eben oft einfach künstlich schmeckenden Backwerke ehrlich gesagt schon lange. Stattdessen bereitet Marta das ganze Jahr hindurch unterschiedliche, traditionelle Süßigkeiten zu. Am Festtag des Sant Blai gibt es Cristines (eine Art Windbeutel), zu Sant Antoni die hufeisenförmigen Ferradures, zu Ostern Monas de Pasqua, zu Allerheiligen Panellets. Nur Orelletes hat sie fast immer parat.

Restaurant Espurna

Jesus Gimena empfängt mich in seinem feinen, kleinen Restaurant, das schon lobend im Michelinguide erwähnt wird. In der Weinauslage finden sich viele Costers del Segre, die meisten Weine stammen aus den verschiedenen Anbaugebieten Kataloniens, nur ein paar edle Tropfen aus dem Ausland sind dabei. In der Küche werden traditionelle Gerichte neu interpretiert. Der sympatische Küchenchef und sein Team bereiten regionale Zutaten der Saison lecker zu. Serviert werden die Kreationen auf eigens für das Restaurant angefertigten Keramiktellern, in denen dem Ton ein Teil des hier angefallenen Kaffeesatzes beigemischt wurde. Auch in dem kleinen Garten, in dem Jesus besondere Schätze für die Küche anbaut, dient Kaffeesatz als Dünger.

 Jesus restaurant espurna Lleida

Jetzt zum Herbstanfang beginnt die Pilzsaison. Stolz präsentiert Jesus mir ein paar beeindruckende Exemplare aus den Pyrenäen. Für das unglaublich lockere Sauerteigbrot hat die Bäckerei Pa-Pan-Bread (mega verdient!) eine Goldmedaille gewonnen, dazu gibt es das gute Öl aus den Garrigues. Als Vorspeise darf ich einen herbstlichen Salat mit Kürbis probieren, in dem ein cremiger Mató del Cadí ähnlich wie eine italienische Burrata zum Einsatz kommt.

herbstlicher salat Espurna lleida
vorspeise mit schnecken lleida

Lleida restaurant espurna

Dann kommt ein leckeres Häppchen, eine Tortita mit gerösteten Schnecken, als zweiter Gang erwartet mich ein Carpaccio aus Ceps und Escamarlans (Steinpilz und Kaisergranat). Bevor die Hauptspeise serviert wird, kommt noch ein Gang: ein Teller Schnecken mit Rosmarin.

traditionelles Gericht in Lleida schnecken
Zum Glück hilft Jesus mit nützlichen Tipps zum Verzehr, denn Schnecken essen in einem Restaurant mit Michelinempfehlung – gar nicht so einfach, dachte ich. Aber letztendlich war es doch ganz leicht. Am besten sei es, das Schneckenhaus erst ganz in den Mund zu nehmen, um die Soße zu schmecken. Dann zieht man mit einem kleinen Stab die Schnecke aus dem Haus. Im Grunde ist es so ähnlich wie Gambas essen, nur dass die Tierchen nicht im Wasser sondern an Land groß geworden sind. Obwohl ich kein Fleischesser bin, versuche ich auf meinen Reisen immer traditionelle Gerichte zu probieren, da gehören die Schnecken eben auch dazu. Ich bin ehrlich gesagt überrascht, wie salzig und trocken sie schmecken, fast wie Schinken.

Kabeljau

Die Hauptspeise ist ein aus Norwegen kommender Bacallá amb Samfaina, Kabeljau auf traditionell angebratenem Gemüse. Während man Bacallá auf der Iberischen Halbinsel zwar sehr viel, aber fast immer in der in Salz eingelegten Variante zubereitet, wird hier frischer Fisch selbst eingelegt und dann erst verarbeitet. Auch bei einem so reichhaltigen Menü muss ich natürlich noch einen kleinen Platz für das Dessert freihalten: den leckeren Pudding aus Boniato mit Sahne lasse ich mir nicht entgehen.

dessert restaurant espurna lleida

Stadtbummel

La Seu Vella, die ehemalige Kathedrale von Lleida, überragt die Stadt von ihrem Platz auf dem Hügel. Vor rund 500 Jahren befanden sich ringsum noch enge Gassen und kleine, mittelalterliche Wohnhäuser, doch das gesamte Stadtviertel fiel der Erweiterung der Befestigungsanlage im 18. Jahrhundert zum Opfer. Von hier aus regierten die Mauren viele Jahrhunderte lang die Stadt, bis das christliche Heer des Grafen von Barcelona, Ramon Berenguer IV, Lleida eroberte und christianisierte. Während der damalige Bischof zunächst die bestehende Mezquita zur Kirche weihte, setzte Pere der Katholische zu Beginn des 13. Jahrhunderts den Grundstein für die Errichtung einer neuen, prächtigen Kathedrale.

La Seu Vella Lleida

La Seu Vella Lleida
La Seu Vella Lleida
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts eroberte der in Versailles geborene Felipe V. im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges die Stadt und quartierte seine Soldaten in der Kathedrale ein. Um ein Haar wäre das wunderschöne Gebäude zerstört worden. Den Befehl dazu hatte Felipe 1746 schon gegeben. Doch dann starb der Monarch und die Kathedrale blieb stehen. Malträtiert und all ihrer Schätze beraubt, überlebte sie auch die Zeit als Gefangenenlager während der Diktatur Francos. Trotz der rauen Spuren der Zerstörung, die die Geschichte in dem einst prächtigen Gotteshaus hinterließ, hat La Seu Vella, die alte Kathedrale, etwas sehr Würdevolles behalten. Die Lleidatanos lieben den Hügel und kommen manchmal einfach so hierher, um in dem alten Kreuzgang in Ruhe ein Buch zu lesen.

Lleida alte Wandmalereien erhalten

Bei der Eroberung der maurischen Stadt wurde der Graf von Barcelona, Ramon Berenguer IV, vom mächtigen Templerorden unterstützt. Zum Dank für ihre Hilfe in der Schlacht schenkte er dem Orden weite Landstriche, zu der auch die Festung auf dem gegenüberliegenden Hügel gehörte. In der Burg Gardeny, einst ein wichtiges Hauptquartier der Tempelritter, ist heute ein modernes Museum eingerichtet, das in den alten Gemäuern mit neuster Technik sehr anschaulich die Geschichte des Ordens erzählt.

Gardeny burg der Templer Lleida
Templerburg Gardeny Lleida
Templerburg Gardeny Lleida
Templerburg Gardeny Lleida

 

 

Auch im Stadtzentrum kann man ein paar wirklich schöne Paläste entdecken. Mir gefällt besonders die Paeria, so nennt man in Lleida das Rathaus. In einem gotischen Palast aus dem 14. Jahrhundert untergebracht, wird die Stadt verwaltet. Nach der Eroberung durch Ramon Berenguer 1149, gestand Pere der Katholische Lleida 1197 eine eigene Verwaltung zu. In einer Ecke des Innenhofs befindet sich ein Tor in die Vergangenheit. Eine Treppe führt nur wenige Stufen hinunter, in die Welt des Mittelalters.

Unterhalb des wunderschönen Rathauses stehe ich plötzlich zwischen den Überresten mittelalterlicher Treppen und uralter Gewölbe, die sich einst am Hafen Lleidas befanden, denn damals führte der Segre noch deutlich mehr Wasser als heute. Nach zahlreichen Schlachten und Zerstörungen bauten die Menschen ihre Häuser auf den Trümmern alter Gebäude immer wieder neu auf. Diese tief unter der Erde verborgenen Schichten sind nicht nur für archäologische Forschungen ein Fenster in die Vergangenheit. Besonders beeindruckt haben mich die Einkerbungen an den Wänden einer winzig kleinen, heute unterirdischen Gefängniszelle.

 

lleida secreta

lleida secreta ehemaliges gefängnis inschriften
lleida unterirdisch entdecken

Da der Segre früher noch deutlich mehr Wasser führte, gab es hier sogar einen Hafen. Der Bau des Canal del Segre, den der Bänker Manuel Girona finanzierte, um die trockenen Landschaften zu bewässern und landwirtschaftlich nutzbar zu machen (ein Projekt, das ihn beinah in den Ruin trieb), und der Errichtung der Staudämme in den 60er und 70er Jahren ließen den Wasserspiegel jedoch so sehr fallen, dass der kleine Fluss als Schiffahrtsstraße nicht mehr vorstellbar ist.

antic hospital lleida

Gegenüber der „neuen“ Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert, im Antic Hospital Santa Maria, befindet sich heute das Institut d‘Estudis Illerdencs, das sich dem Erhalt und der Verbreitung der Kultur Lleidas widmet. Um einen angemessen großen Platz vor der neuen Kathedrale zu schaffen, sollte das einstige Krankenhaus eigentlich abgerissen werden, doch zum Glück kam es nicht so weit. Die Illergeten waren übrigens der Stamm der hier in der Gegend lebenden Iberer.

illergeten lleida

An der Plaça Agelet i Garriga, vor einem Bogen, durch den man früher die Stadt betrat, erinnert ein Denkmal an die tapferen Männer, die im 3. Jahrhundert vor Christus auf Seiten der Karthager gegen die Römer kämpften. Vermutlich unterlag der Anführer der Iberer gemeinsam mit Hasdrubal den Truppen Scipios des Älteren. Die vor 200 Jahren entstandene Skulptur soll Indíbil, den Häuptling der Illergeten,  und den aus der Gegend von Vic stammenden Mandoni zeigen. Mittlerweile weiß man ziemlich sicher,  dass die hier ansässigen Iberer sich nicht so kleideten, wie der Bildhauer sich das damals vorstellte. Denn so leicht bekleidet, hätten die Männer hier keinen Winter überlebt.

Unterkunft: Parador de Lleida

Das wohl schönste Hotel in Lleida ist der Parador, ein ehemaliges Kloster aus dem 17. Jahrhundert. Die Zimmer sind in den Stockwerken über dem Kreuzgang untergebracht. Alles ist sehr gemütlich eingerichtet und überraschend geräumig, fast wie in einem Schloss. Das Restauarant, ganz in Weiß gehalten, befindet sich in der ehemaligen Kirche.

hotel parador lleida

hotel parador lleida

Am Eingang des Convent del Roser erinnert eine Plakette an ein trauriges Ereignis aus dem Spanischen Erbfolgekrieg. Als Felipe V. zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Stadt einnahm, flüchteten viele Einwohner in die Klosterkirche. Doch der erste spanische Herrscher aus dem Hause Bourbon ließ die Kirche anzünden, Tausende Menschen starben. Im Laufe der Zeit wurde das alte Gebäude ganz unterschiedlich genutzt. Verwaltung, Universität, ein Museum und eine Kunsthochschule zogen hier ein, bis das historische Gebäude 2003 in ein Vier-Sterne-Hotel verwandelt wurde.

hotel restaurant lleida

Nützliche Infos:

Pastisseria Terés
Carrer Sant Antoni, 17
25002 Lleida

Restaurant L’Espurna
Carrer Salmeron, 10
25004 Lleida
Website www.restaurantlespurna.com 

Lleida Secreta: eine archäologische Route zu den unterirdischen Schätzen Lleidas  (psst, nicht weitersagen!)

lleida secreta führung unter der erde

Richtig viel los ist im Mai, dann finden Feste wie der Aplec de Cargol, Moros und Cristianos oder Titellas statt. In der Casa de Gegants kann man einen Vorgeschmack darauf kriegen, wie in Lleida gefeiert wird, wenn man die Riesen und Dickköpfe anschaut: Casa Gegants

casa gegants lleida

Anreise mit der Bahn:

Auch wenn ich zu dieser Fahrt eingeladen wurde, bin ich totaler Fan der spanischen Züge und kann eine Städtetour mit dem AVE aus vollster Überzeugung und nach vielen guten Erfahrungen einfach nur weiterempfehlen: avexperience.es

Und weil die alte Kathedrale so schön ist, dass ich gefühlt 1000 Fotos geschossen habe, hier noch ein paar Bilder der Seu Vella. Wie schön ist Lleida bitte? Also ich mag diese Stadt.

Lleida Seu vella

Lleida Seu vella
Lleida Seu vella
Lleida Seu vella
Lleida Seu vella
Lleida Seu vella

Lleida Seu vella
Lleida Seu vella

Hinweis: Dieser Artikel ist im Rahmen einer Pressereise entstanden.