Nachhaltig Reisen an der Costa Brava:
Noch immer scheint es in Deutschland viel Erklärungsbedarf zu geben, was die Costa Brava angeht. Nachdem viele Urlauber in den 70er und 80er Jahren die Küste als Ziel junger Partytouristen oder anderer Arten des Billigreisens kennengelernt haben, ist der Name nicht mit dem besten Image behaftet. Bei den meisten Deutschen hat sich ein Bild festgesetzt, das einfach nicht mehr aus den Köpfen herauszukriegen ist. Dabei gibt es hier so viele wunderbare Landschaften, so gutes Essen und so viele spannende Möglichkeiten, um einen nachhaltigen Urlaub zu verbringen. Die Costa Brava ist so scheinbar altbekannt und doch so völlig unentdeckt.
Foto: Wandern am Cap de Creus
Mir ist es ein echtes Bedürfnis mit diesem alten Bild der Costa Brava aus den siebziger und achtziger Jahren aufzuräumen. Ich möchte zeigen, wie schön es hier sein kann, wenn man sich nur die Mühe macht, hinzusehen.
Immer mehr Leute wollen bewusster reisen und die Umwelt schonen. Viele fragen sich aber auch heute noch, was genau bedeutet nachhaltig reisen? Wie mache ich das ganz konkret? Deswegen will ich hier mal ein paar Gedanken zu dem Thema aufschreiben und Dir zeigen, wie gut man gerade an der Costa Brava nachhaltig reisen kann.
Foto: Banyoles
Sanfter Tourismus, Slow Travel – passt alles!
Wenn Du zu denen gehörst, die beschlossen haben weniger oder gar nicht mehr zu fliegen: an die Costa Brava kommst Du ganz ohne Flugzeug. Mit dem Auto, dem Bus oder Bahn ist es zwar eine Ecke zu fahren – aber so dramatisch ist es auch nicht. Ich bin früher immer mit dem Auto ans Mittelmeer gefahren, egal ob nach Katalonien oder an die Adria. Es ist nämlich noch gar nicht so sehr lange her, dass Fliegen nur etwas für Glamour-Luxus-Reisende war.
Solange die Kinder klein waren, konnten wir uns beim besten Willen keine vier Flugtickets leisten und mussten so oder so mit dem Auto fahren. Auto bis obenhin voll laden, ein Zwischenstopp im schönen Frankreich und während das Thermometer immer weiter nach oben klettert, nähern sich die Mundwinkel proportional den Ohren. Im Radio erklingen seltsam unbekannte Melodien, denn die deutschen Sender reichen lange schon nicht mehr bis hier. Die Landschaft um Dich herum verändert sich langsam und dann bist Du auch schon in Katalonien.
Das Schöne am langsamen Reisen ist ja, dass man auf jedem Kilometer miterlebt, wie die Umgebung sich ändert und man dem Süden immer näher kommt. Irgendwann fängt es an nach Pinien und Meer zu duften… Dann bist Du angekommen.
Hier kannst Du wandern, radeln, Kajak fahren, klettern, tauchen, schwimmen, windsurfen – für Outdoorfans ein echtes Paradies. Vom guten Essen brauche ich gar nicht erst anzufangen. Die Katalanen essen gern selbst gut, sodass Du hier in fast allen Restaurants regionale Küche mit Produkten der Jahreszeit findest. Die traditionelle Küche, meist kreativ vom Chef auf seine eigene Art interpretiert, ist nicht nur gesund, sondern auch mega lecker.
Foto: Mooma – Cidre und Apfelsaft von der Costa Brava
Für mich schmeckt die Costa Brava nicht nur nach Meer und Knoblauch, und sie duftet nicht nur nach Pinien und Zitronen. Für mich ist diese wilde Küste vor allem auch Lebensfreude und Entspannung. Wenn ich zu Hause mal wieder eine anstrengende Arbeitswoche hinter mir habe, dann fahre ich einfach einen Tag an die Küste, höre dem Meer beim Rauschen zu und spüre den Sand unter meinen Füßen. OK, von meinem Zuhause aus ist es auch nur eine Stunde Fahrt, aber Fakt ist, diese Küste tut mir gut. Meine Seele kann hier besser als irgendwo sonst loslassen und vom Alltagsstress entkrampfen. Wenn ich nach einem einzigen Tag am Meer abends wieder in mein Bettchen falle, bin ich so erholt, wie nach einer Woche Urlaub. Echt wahr.
Was ist Sanfter Tourismus?
Manche nennen es “Nachhaltiger Tourismus”, andere sagen lieber “Sanfter Tourismus” und wieder andere benutzen den Ausdruck “Green Travel”. Doch was genau meint man eigentlich damit? Was genau ist Sanfter oder Nachhaltiger Tourismus? Worauf muss ich achten, wenn ich nachhaltig reisen will? Wie so oft ist die Idee an sich gar nicht so neu, aber sie scheint auch aufgrund der Dringlichkeit von Themen wie Klimaschutz und Overtourism, an dem viele reife Destinationen heute leiden, die einzig mögliche Lösung zu sein, damit wir auch in Zukunft noch reisen können, ohne die Welt, die wir lieben, kaputtzumachen.
Foto: Mindful Travel an der Costa Brava
1.) Umwelt
Der erste und vermutlich bekannteste Aspekt des Nachhaltigen Reisens betrifft die Umwelt, beziehungsweise die Verträglichkeit der Reise mit der Natur. Wie reise ich und welche Aktivitäten plane ich vor Ort? Die erste Überlegung gilt der Anreise, weniger Fliegen, mehr Bahnfahren, doch auch vor Ort kann man noch viel tun. Radfahren und Wandern gehören sicherlich zu den naturverträglichsten Aktivitäten im Urlaub. Aber es müssen gar nicht immer megasportliche Unternehmungen sein. Auch Yoga, Meditationen oder Kochkurse, in denen man sich der lokalen Küche ganz praktisch nähert, können nachhaltige Urlaubsaktivitäten sein. Und es gibt noch viel mehr!
Foto: Local Cooking Class in Girona
2.) Wirtschaft
Nachhaltiges Reisen folgt anderen Grundprinzipien, als der eher profitorientierte Massentourismus. Auch in der „sanften“ Art des Tourismus spielt der Wirtschaftsfaktor natürlich eine Rolle, aber im Gegensatz zum Hauptsache-billig-reisen, kommt hier der größte Teil des Gewinns aus den Urlaubsaktivitäten der lokalen Bevölkerung zu Gute.
In der Regel landet das Geld, das ein Reisender für sportliche oder eher abenteuerliche Aktivitäten ausgibt, meist bei kleinen, lokalen Touranbietern. Als Urlauber kann ich selbst entscheiden, ob ich mit einer internationalen Kette etwas unternehmen will oder mir lieber einen privaten Guide suche. Ob ich im Haus einer großen Hotelkette absteige oder in einem kleinen familiengeführten Unternehmen ein Zimmer miete. In vielen Fällen ist der Massentourismus sicherlich billiger, ganz einfach weil über die bloße Masse an Buchungen ein anderer Preis angeboten werden kann. Aber der Gewinn fließt dann fast immer in die Taschen großer internationaler Investoren.
3.) Bevölkerung
Der dritte wichtige Punkt beim Nachhaltigen Reisen betrifft das Zusammentreffen von Reisenden und Bevölkerung. Bei diesem eher soziokulturellen Aspekt ist es relativ leicht, nachhaltig zu sein. Für alle Reisenden sollte die erste Regel an einem fremden Ort eigentlich sowieso lauten, respektiere die Menschen und ihre lokalen Bräuche und Sitten. Das fängt bei einfachen Dingen wie der richtigen Kleidung in einem Tempel oder einem höflichen Bitte und Danke in der Landessprache an. Reiseveranstalter oder Touranbieter, die die lokale Bevölkerung nicht mit in ihre Aktivitäten einbeziehen, sorgen dafür, dass eine Kluft des Fremden zwischen Reisenden und Einwohnern entsteht. Vielleicht ist es nicht immer einfach, fremde Gewohnheiten zu verstehen, aber selbst wenn man etwas völlig falsch findet, sollte man den anderen gegenüber nie den Respekt verlieren.
Port de la Selva
Was kann der Einzelne als Reisender tun?
- Reiseanbieter, die ausschließlich profitorientiert arbeiten eher meiden und sich auf die Suche nach Alternativen machen, deren Konzept den Schutz der Natur und einen respektvollen Umgang mit der lokalen Kultur in den Vordergrund stellt.
- Genau überlegen, wie man am umweltschonendsten das Reiseziel erreicht und bereit sein, der Umwelt zuliebe mehr Zeit und mehr Geld einzuplanen.
- Vor Ort den Kontakt mit der Bevölkerung nicht scheuen. Sich Zeit nehmen, etwas über die Kultur und die Mentalität der Einheimischen zu lesen, ein paar Sätze oder Worte der jeweiligen Sprache lernen – diese kleinen Gesten eröffnen oft schon ungeahnte Möglichkeiten. Das Erlebnis einer Reise ist umso tiefer und nachhaltiger, wenn man es mit zwischenmenschlichen Verbindungen füllen kann.
- Bei der Auswahl der Einkäufe und Souvenirs darauf achten, dass die Produkte vor Ort gefertigt wurden. Also bei Töpferwaren zum Beispiel keine asiatischen Billigprodukte, sondern einheimische Waren bevorzugen. Oder meine Lieblingsandenken sind ja immer Dinge zum Aufessen, wie regionale Käse- oder Wurstspezialitäten, Weine, Olivenöl, Reis aus Pals oder Kräuterteemischungen. Da gibt es z.B. tegust, die gesunde Kräutertees nach regionalen Besonderheiten entwickeln: einen Tee, der nach Ratafia, dem lokalen Kräuterlikör, schmeckt oder einen Costa Brava Tee, der nach Zitrone, Meersalz und Minze duftet.
Foto: Marta aus Pals – Nachhaltig Reisen, gesund essen und entspannen
Die Costa Brava als Biosphären Reservat?
Ein Beispiel dafür, wie sehr die Menschen sich hier der Zerbrechlichkeit ihrer Natur bewusst sein, ist die Tatsache, dass die Costa Brava derzeit dabei ist, den Status eines Biosphären Reservats zu erarbeiten. Auch wenn es viele Menschen in Deutschland vielleicht erst einmal erstaunen mag, aber das liegt eben an den eingangs genannten Vorurteilen, die vor langer Zeit entstanden sind und sich eben bis heute gehalten haben.
Ein Biosphären Reservat ist eine Region, eine Gegend, die sich der nachhaltigen Entwicklung verschreibt. Dabei sollen Naturräume nicht nur geschützt und gepflegt werden, sondern auch neue Ideen entwickelt werden, wie ein gesundes Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur am besten in Einklang gehalten werden kann. Ein Biosphären Reservat ist also kein Naturschutzgebiet, sondern eine Region, in der Menschen leben und sich bemühen, ihre Lebensbedürfnisse in Harmonie mit der sie umgebenden Landschaft zu befriedigen.
Foto: Cadaqués
Gerade hier könnte der Status eines Biosphären Reservats dazu beitragen, den Nachhaltigen Tourismus an der Costa Brava zu stärken und ihn unterstützen. So könnten zum Beispiel touristische Aktivitäten weg von den überlasteten Küstenorten hin zu den Orte im sogenannten „Hinterland“ geleitet werden. So würden gleichzeitig Küstenorte, ihre Natur und die Menschen dort entlastet, und kleine lokale Betriebe in ruhigeren Dörfern etwas abseits der Küste könnten von neuen Besuchern profitieren.
Außer den bereits existierenden Naturparks wie Aiguamolls, Cap de Creus, Montseny, La Garrotxa, Montgrí und Illes Medes etc. könnten Wälder, Wiesen und andere Flächen geschützt werden, indem sie sanft touristisch (z.B. Waldbaden) statt landwirtschaftliche (z.B. Abholzung) genutzt werden.
Foto: Cala Fornells Begur – Hotel Aigua Blava
Falls Du ganz konkrete Tipps zum nachhaltigen Reisen suchst, lies mal diesen Artikel in National Geographic.
Ich glaub da muss ich dringend mal wieder hin, am besten mit dem Auto! Lass uns auf ein kaltes Bierchen treffe!
Auf jeden Fall! ganz unbedingt! 🙂