Bei meiner Reise nach Zaragoza habe ich eine ganz unerwartete Entdeckung gemacht. Seit dem Besuch des kleinen Museums, in dem die Werke Pablo Gargallo Cataláns ausgestellt sind, bin ich völlig fasziniert von den Arbeiten dieses Bildhauers. Der im Westen Aragóns, in einem kleinen Dorf der Matarraña geborene Künstler, verbrachte die meiste Zeit seines kurzen Lebens in Barcelona und Paris. Leider starb er schon mit 50 Jahren an einer Lungenkrankheit. Seine Kunstwerke sind absolut unglaublich.
Pablo Gargallo Museum
Als Gargallo sieben Jahre alt ist, zieht seine Familie nach Barcelona, wo er sich später mit dem gleichaltrigen Picasso anfreundet. Die beiden Pablos frequentierten dieselben Kreise und gehören zu den Stammgästen des Quatre Gats. Ihre Freundschaft hielt offenbar ein Leben lang, denn immer wieder taucht Picasso als Modell in Gargallos Werken auf. Während beide in Paris weilten, arbeitete der Bildhauer sogar eine Zeit lang im Atelier des Malers.
In Zaragoza hat man Gargallo ein eigenes Museum gewidmet, das zunächst mit Werken aus dem Familiennachlass gegründet wurde. Vor dem Gebäude erheben sich zwei seiner Reiterstatuen. Es sind Kopien der Skulpturen, die er für die Weltausstellung 1929 in Barcelona anfertigte. Ich nehme mir fest vor, bei der nächsten Gelegenheit in Barcelona auf Spurensuche zu gehen und alle Werke Gargallos, die auf dem Montjuïc, auf der Plaça Catalunya, im MNAC und in Gracia anzusehen.
Sara, meine liebe Stadtführerin, hat mich im Nu mit ihrer Begeisterung für den Avantgarde-Bildhauer angesteckt. Mit großer Leidenschaft erklärt sie mir die Entwicklung von den frühen, noch sehr klassischen Werken, hin zu den modernen Skulpturen, die mit der Perspektive der Betrachtenden spielen. Während anfangs noch deutlich die modernistischen Einflüsse der Künstlerszene Barcelonas zu erkennen sind, verändert sich Gargallos Stil in Paris merklich. Der Kontakt zu Rodin prägt eine neue Schaffensphase. Irgendwann beginnt er zu reduzieren, immer mehr wegzulassen, bis es ihm schließlich auf eine großartige Weise gelingt, Volumen mit Leere darzustellen.
Wir bummeln von einem Saal zum nächsten und ich bin einfach überwältigt. Bei der Darstellung einer Zirkusnummer wird die Entwicklung Gargallos besonders deutlich. Die erste, kleinere Skulptur zeigt eine Zirkustänzerin, die auf dem Rücken eines Pferdes einen Ball balanciert. Ein Jahr vor seinem Tod entsteht daraus ein mythologisches Motiv: Uranus heißt das Werk, in dem die Kugel kein Ball mehr ist, sondern wie ein Planet oder ein astrologisches Messinstrument wirkt. Aus dem Pferd ist geflügelte Fabelwesen Pegasus geworden.
Immer beeindruckender werden die Skulpturen, immer mehr gelingt es Gargallo, durch Hohlräume und Auslassungen den Blick auf die Essenz, das eigentlich Wichtige einer Person oder einer Szene zu fokussieren. Fast schon kubistisch. Irgendwie erinnert mich diese Entwicklung an den Weg, den sein Freund Picasso auf der Leinwand einschlug. Der Höhepunkt der Ausstellung ist El Gran Profeta. Gargallos Darstellung Johannes des Täufers in der Wüste entstand 1933. Bedenkt man die Umstände dieser Zeit, den Spanischen Bürgerkrieg und die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland, kommen mir zu diesem kräftigen Mann mit den großen Füßen, der wütend ins Leere zu rufen scheint, ganz andere, als nur religiöse Interpretationen in den Kopf. Mir scheint der Prophet vielmehr jemand, der das drohende Unheil kommen sieht und warnend aufschreit…
Museum Pablo Gargallo
Plaza de S. Felipe, 3
50003 Zaragoza
Goya
Auch dem Goya Museum statten Sara und ich einen Besuch ab. Sie erzählt von Goyas Bewunderung für Velzáquez, den er immer wieder kopierte, um dadurch sein Spiel mit Licht und Schatten zu perfektionieren. Wir betrachten die Bilder, in denen es Goya gelingt, nur mit dem Einsatz von warmem oder kaltem Licht den Charakter einer Person darzustellen. Fabelhaft! Beeindruckend sind auch die zahlreichen Stiche, denen das Museum einen ganzen Saal widmet.
Expo 2008
Zaragoza ist es gelungen, das Gelände der Expo 2008 auch nach dem Ende der Weltausstellung zu nutzen. Weite Teile des Expo-Parcs sind heute in Grünflächen umgewandelt. Und die Leute nutzten diesen Park wirklich, denn es herrscht ordentlich Betrieb. Erst kommt mir eine junge Rollerskaterin entgegen, kurz darauf folgt eine Gruppe älterer Menschen auf Rollerskates. Die machen offenbar einen Kurs. finde ich prima. Viele junge Pärchen bummeln auf den Terrassen am Ebro entlang und genießen den lauen Herbstabend…
Skulptur Alma del Ebro von Jaume Plensa
Bis heute ist erkennbar, dass das Thema der damaligen Ausstellung Wasser war: Zwischen den mittlerweile von diversen Firmen, Ämtern und Start-ups genutzten Pavillons steht ein Aquarium. Statt Haien und Meerestieren kann man in riesigen Süßwasserbecken die Lebewesen der größten Flüsse der Erde kennenlernen: Fische aus dem Nil, dem Mekong, dem Amazonas und natürlich aus dem Ebro. Angeblich kann man in diesem Aquarium sogar tauchen. Das würde ich gern mal probieren!
Statt in den Ebro, begebe ich mich aber erstmal auf den Ebro. Eines der Bauwerke, die nach dem Ende der Expo einem neuen Nutzen zugeführt wurden, ist der von Zaha Hadid entworfene Pabellón Puente, eine ungewöhnliche Brücke über den Ebro.
Movility City
Wenn man mit dem AVE nach Zaragoza kommt und aus dem Bahnhof heraustritt, steht man nach ein paar Metern Albert Einstein gegenüber. Wie ein Hotelpage steht der kluge Mann vor dem Eingang der Brücke, die inzwischen in ein modernes Museum umgewandelt wurde.
Die futuristische Brücke der iranisch-britischen Stararchitektin Zaha Hadid, ist in ein modernes Museum zum Thema Mobilität und Nachhaltigkeit verwandelt worden. Die gebogene, beinah organisch fließende Konstruktion verbindet die Menschen der anliegenden Stadtviertel des Ebros und beherbergt im oberen Bereich zum avantgardistischen Design, hochinteressante und atemberaubende Ausstellungen. Derzeit bevölkern Exponate alter und neuer Autos einen Teil der Brücke, in einem anderen ist eine Ausstellung zum Thema Leben auf dem Mars zu sehen.
Am besten hat mir persönlich jedoch der Teil gefallen, in dem uns ein netter kleiner Roboter mit rollenden Augen begrüßt und durch die Gegend geführt hat. Auf interaktiven Karten konnte ich eine nachhaltige Stadt der Zukunft selbst kreiiren, meine Wunschstadt quasi. Am Ende kam das Programm zu dem Ergebnis, dass Girona der richtige Ort für mich sein müsste! Wie passend, ein echter Volltreffer. Dabei sind so viele Städte von Tokio bis New York im System.
Noch besser war aber die Erfahrung mit der 3D-Brille. Ich hatte ja schon öfter ähnliche Brillen auf und finde das immer sehr spannend. Dieses Mal war ich aber wirklich in einer anderen Welt unterwegs. Hammer! Zunächst ging es im E-Roller durch eine Stadt der Zukunft. Ich habe mich richtig in die Kurven gelegt, sodass mir fast schwindelig wurde! Dann ging die Fahrt in einem fliegenden Auto und schließlich in einem Turbotunnel weiter. Megagut. Da hätte ich glatt noch ein paar Stunden länger verbringen können.
Zaha Hadid
Der Entwurf zu dieser sich dynamisch und elegant über den Ebro schwingenden Brücke stammt von einer ganz besonderen Frau. Zaha Hadid war eine der bekanntesten Architektinnen des 21. Jahrhunderts. Revolutionär werden ihr Arbeiten oft genannt, viele davon preisgekrönt.
Ihre Werke, wie diese Brücke, wirken leicht und optimistisch – dabei bringt sie stolze 7.000 Tonnen auf die Waage. Auf insgesamt 270 Metern biegt sich das Bauwerk schwungvoll und doch kräftig und unerschrocken wirkend über den Fluss. Auch innen geht es kurvig zu. Über eine Rampe erreicht man den oberen Teil der Brücke, in der die Movility City untergebracht ist. Ich finde, die Einrichtung eines Museum, das zukunftsorientiert der Nachhaltigkeit und Mobilität gewidmet ist, eine mehr als gelungene Nutzung dieser futuristischen Verbindung der beiden Ufer des Ebros.
Nützliche Infos
Mein Hotel in Zaragoza:
Mitten im Zentrum, sehr praktisch, weil man von hier aus fast alles zu Fuß erledigen kann, liegt das Hotel Alfonso I. Von der Dachterrasse hat man eine tolle Aussicht und es gibt sogar einen kleinen Pool.
Adresse:
Calle del Coso, 15-17
50003 Zaragoza
Website: hotel-alfonso
Anfahrt mit der Bahn:
AVE Züge verkehren mehrmals am Tag zwischen Barcelona und Zaragoza. Die Fahrt dauert rund eine Stunde und 40 Minuten. Wie Du inzwischen sicher weißt, bin ich überzeugte Bahnfahrerin und kann die spanischen Züge, mit denen ich bisher nur gute und supergute Erfahrungen gemacht habe (im Gegensatz zu meinen Bahnfahrten in Deutschland) einfach nur jedem empfehlen. Dieser Artikel ist im Rahmen einer Pressereise entstanden, zu der ich von Ciudades AVE eingeladen wurde. Mein Rat: Es lohnt sich, Spanien mit dem Zug zu entdecken und gerade auch die weniger touristisch bekannten Städte im Inland kennenzulernen. Bahnfahren aus vollster Überzeugung 🙂 avexperience.es
Zum Schluss noch ein Werk eines anderen Künstlers namens Pablo: „San Valero“, der Schutzpatron Zarragozas von Pablo Serrano vor dem Rathaus:
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